Zum Inhalt springen

Sommerserie «Anfänge» Rätseln über die Geburt des Mondes

So staubtrocken wie man meinen könnte, ist der Mond für die Forschung nicht. Im Gegenteil: Über den Mond wird heute viel geforscht, mit spannenden Theorien.

Die einfachen Fragen haben es bekanntlich in sich, auch die Frage nach der Entstehung des Mondes. Es gibt dazu viele Theorien, doch sie gehen alle nicht ganz auf. Daher bleiben die Forscher und Forscherinnen am Ball. Mit neuem Elan feilen sie zurzeit vor allem an der sogenannten «Giant Impact-Theorie» oder «Rieseneinschlagstheorie»

Demnach ist der Mond das Resultat einer gewaltigen kosmischen Kollision. Vor viereinhalb Milliarden Jahren prallte die Erde mit Theia zusammen, einem Protoplaneten, also einem noch nicht ganz «ausgewachsenen» Planeten. Dieser marsgrosse Himmelskörper rammte die Erde fast tangential, so dass Trümmerteile von Erde und Theia Tausende von Kilometern ins All geschleudert wurden. Diese Trümmerwolke hat sich dann zum Mond verdichtet.

Der Haken an der Sache

Sommerserie: Anfänge

Box aufklappen Box zuklappen

Das «Wissenschaftsmagazin» erforscht Anfänge: Die Gründung des Völkerbunds, die Geburt der Kunst, wie aus Forschern Unternehmer werden, was der erste Eindruck verrät, wo das Leben anfängt und wie die Klimaanlage die Welt veränderte.

  • Los geht's am Samstag, 5. Juli mit der Entstehung des Mondes. Um 12:40 Uhr auf Radio SRF 2 Kultur.

Diese Rieseneinschlag-Theorie gilt heute als die wahrscheinlichste Erklärung für die Entstehung des Mondes. Auch sie hat aber einen Haken: Im Mondgestein konnte man bisher immer bloss Spuren von der Erde, nicht aber von Theia nachweisen. Das geht nicht auf, wo der Mond gemäss Theorie doch eine Mischung aus Erde und Theia sein sollte.

In jüngster Zeit bekommen die Forscher dieses Problem aber immer besser in Griff, was auch das neu erwachte Interesse am Mond erklärt. Am Computer wurden unterschiedlichste Abläufe der einstigen Kollision simuliert, um eine Kollision zu erzeugen, bei der möglichst viel Erdmaterial und möglichst wenig Theia-Material in die Mondumlaufbahn fliegt, erklärt Physiker Martin Jutzi, der an der Universität Bern selbst solche Simulationen durchführt.

Manche neuen Szenarien kämen diesem Ziel schon recht nahe: «Man kann zum Beispiel die Geschwindigkeit und den Einschlagswinkel so wählen, dass Theia nach der Kollision mit der Erde wieder ins All entschwindet statt in der Mondumlaufbahn zu enden. Oder man kann annehmen, dass Theia zu einem grossen Teil aus Eis besteht, so dass ihr Material wegen der starken Hitze beim Aufprall verdampft. In beiden Szenarien würde der Mond grösstenteils aus Erdmaterial entstehen.»

Erste Spuren von ausserirdischem Gestein

In jüngster Zeit erhalten Theoretiker wie Martin Jutzi auch praktische Unterstützung. In der Fachzeitschrift «Science» haben kürzlich deutsche Forscher beschrieben, wie sie in Gesteinsproben vom Mond nun erstmals auch einen Hinweis auf Theia gefunden haben. Sie hatten Isotope im Mondgestein analysiert.

Isotope sind Varianten der bekannten chemischen Elemente. Ihre Häufigkeit gibt Aufschluss über die Herkunft eines Gesteins. Bei einem Isotop von Sauerstoff – Sauerstoff-17 – fanden die Forscher einen klaren Unterschied zum Gestein der Erde. Zumindest ein einziges Isotop im Mondgestein deutet also auf Theia hin.

Allerdings sei der gefundene Unterschied winzig, betonen Isotopen-Spezialisten wie Rainer Wieler, der an der ETH Zürich extraterrestrische Materie erforscht, also auch Mondgestein: Es brauche noch weitere Belege, um sicher nachzuweisen, dass bei der Entstehung des Mondes auch Theia mitgemischt hat. Der staubige Mond wird die Forschung also auch künftig beschäftigen.

Der chinesische Mondrover Jadehase auf Mission.
Legende: Jadehase auf Mission: Der chinesische Mondroboter war Ende 2013 auf dem Erdtrabanten gelandet, um nach Bodenschätzen zu suchen. Reuters

Mondproben als Kostprobe fürs grosse Geschäft

Künftig will China sogar wieder neue Gesteinsproben vom Mond zur Erde holen. Für die Wissenschaft wäre das attraktiv. Der Mond wird heute zwar eifrig erforscht, doch vor allem aus der Ferne, mit Sonden und Satelliten. Neue Mondproben habe die Forschung seit den Apollomissionen der 1960er- und -70er-Jahren praktisch nicht mehr erhalten, sagt Rainer Wieler.

Allerdings ist offen, ob sich das mit den neuen Plänen von China ändern wird. Denn die Regierung verfolgt wie auch der russische Präsident Putin und manche Privatunternehmen, die jüngst ein Interesse am Mond bekundet haben, nicht primär wissenschaftliche Ziele. Im Vordergrund steht das Geschäft: Man will die kostbaren Rohstoffe des Mondes nutzen, seltene Erden etwa oder Helium-3 zur Energieproduktion. Zurzeit ist das technisch gesehen zwar erst eine Vision und kommerziell nicht lohnenswert. Doch wie die Zukunft aussieht, weiss niemand.

Mehr zum Thema: Der Mond: Unser heimlicher Strippenzieher

Meistgelesene Artikel