Nach dem «Grossen Krieg», wie der Ersten Weltkrieg im englischen Sprachraum bis heute genannt wird, wollte man alles besser machen: keine Geheimdiplomatie mehr unter den Staaten, keine Mauscheleien und Absprachen, sondern nur noch transparente Gespräche in einem geregelten Rahmen.
Auf Drängen des amerikanischen Präsidenten Woodrow Wilson wurde schon im Friedensvertrag des Ersten Weltkriegs festgehalten, dass ein «Bund der Völker» gegründet werden soll.
Genf im Fokus der Welt
Die Schweiz war, als neutraler Staat, eine der Kandidatinnen für den Hauptsitz des Völkerbundes. Die offizielle Schweiz machte sich dafür stark dass er nach Genf kam - und hatte mit ihrem weibeln schliesslich Erfolg. So rückte sie praktisch über Nacht in den Fokus der internationalen Politik.
Probleme von Anfang an
Im November 1920 trat der Völkerbund zum ersten Mal zusammen. Vor allem die Siegermächte des ersten Weltkriegs waren vertreten. Allerdings mit einer prominenten Ausnahme: Die USA fehlten. Der amerikanische Kongress verweigerte seinem Präsidenten Woodrow Wilson die Gefolgschaft und beschloss, nicht Mitglied beim Völkerbund zu werden. Dies sollte sich später als eine schwere Hypothek für das Funktionieren des Völkerbundes erweisen.
Im Lauf der nächsten Jahre erhöhte sich die Mitgliederzahl stetig, auf zeitweise über 50 Länder. Auch einige Verlierer des Grossen Krieges wurden Mitglied, wie Ungarn im Jahr 1922 oder Deutschland im Jahr 1926.
Kritik an der «Schwatzbude»
Einige kleinere Konflikte und Grenzstreitigkeiten konnte der Völkerbund anfangs zwar befriedigend lösen, etwa den Streit um die Ålandinseln zwischen Finnland und Schweden. Doch die 1930-er Jahre waren dann zunehmend von kriegerischen Aggressionen geprägt, bei denen der Völkerbund nichts mehr ausrichten konnte.
Bald wurde er als «Schwatzbude» verhöhnt. Der Organisation fehlten tatsächlich die Mittel, um einen Aggressor zu stoppen. Japan marschierte ungestraft in der Mandschurei ein, Italien in Abessinien und auch Deutschland begann wieder, mit den militärischen Muskeln zu spielen.
Ohne Wille kein Frieden
«Es braucht einen minimalen Friedenswillen aller Beteiligten», erzählt der emeritierte Zürcher Geschichtsprofessor Carlo Moos. Er zieht einen Vergleich zu heute: «Grundsätzlich ist die Uno ebenso wenig in der Lage, einen Grosskrieg zu verhindern wie der Völkerbund». Wenn jemand nur genügend aggressiv auftrete, sei man machtlos, ergänzt der Spezialist für den Völkerbund und die Uno, die als dessen Nachfolge-Organisation gilt.
Gleichgewicht des Schreckens
Dass es seit dem Zweiten Weltkrieg, in dessen Folge die Uno gegründet wurde, nicht mehr zu einem ganz grossen Krieg kam, sieht der Historiker Carlo Moos aber nicht als Verdienst der Organisation. Das Vernichtungspotential der Atomraketen, welche die Grossmächte aufeinander richten und sich so gegenseitig in Schach halten, sei dafür viel entscheidender.
Die Uno als Weltgewissen
Verzichten wollen würde Moos auf die Uno trotzdem keinesfalls: «Alles was die Wahrnehmung von Konflikten schärft, ist fundamental für das ‹Weltgewissen›», sagt er. Und meint damit insbesondere die vielen internationalen Organisationen unter der Schirmherrschaft der Uno, zum Beispiel die Internationalen Strafgerichtshöfe in Den Haag, die sich mit der Aufarbeitung von Konflikten beschäftigen.