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Keine Zukunftsmusik Künstliche Intelligenz begleitet uns längst durch den Alltag

Schon heute verändern schlaue Rechenprogramme aus der Künstlichen-Intelligenz-Forschung unseren Alltag. Wir schauen, was es bereits gibt, und fragen die KI-Expertin, was noch kommt.

1. Intelligente Sprach-Assistentinnen

Ein Junge spricht in seine Smartwatch.
Legende: Ob Siri, Alexa oder Cortana: Die virtuellen Assistentinnen in unseren smarten Geräten verstehen uns immer besser. Getty Images

Was es ist: Die netten Assistentinnen in unseren Smartphones, Smartwatches und Smart Homes sollen unser Leben vereinfachen. Wir rufen beispielsweise Apples Siri zu «Siri, sag meinem Mann, ich komme später» und schon schickt sie ihm ein SMS.

KI und Kunst

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Künstliche Intelligenz kann auch Kunst schaffen: Computer können ein Rembrandt-Gemälde herstellen oder traditionelle Folk-Musik.

Wie es genutzt wird: Die virtuellen Assistentinnen sind so ziemlich das Intelligenteste, was die KI derzeit für unseren Alltag zu bieten hat. Wir können mit ihnen auf eine urmenschliche Art kommunizieren: über Sprache. Wenn sie uns richtig verstehen, sind sie der natürlichste Zugang zum Internet und unseren smarten Geräten zuhause, denn dann müssen wir keinen Finger krümmen.

Mit den Daten aus dem Internet bauen die Assistentinnen ihr Wissen über die Welt auf. Ausserdem können sie selbständig lernen, indem sie Muster erkennen. Deshalb wissen sie, dass wir um 7 Uhr aufstehen, welche Termine wir haben, wie das Wetter wird – und können uns irgendwann das passende zum Anziehen vorschlagen.

Wo es hinführt, sagt die Expertin Jana Koehler: «Während die Assistentinnen uns immer besser kennen lernen, passiert noch etwas anderes: Wir vermenschlichen sie! Es ist erstaunlich, was die Leute den Sprachrobotern schon jetzt so alles erzählen. Wir sind soziale Wesen und weil die Geräte mit uns sprechen, übertragen wir schnell menschliche Eigenschaften auf die Maschinen. Da werden ganz neue Abhängigkeiten entstehen.»

Jana Koehler

Die Professorin für Informatik an der Fachhochschule Luzern ist Spezialistin im Bereich Künstliche Intelligenz. Sie entwickelt unter anderem KI-Anwendungen für KMU und hat das Liftfahren intelligenter gemacht.

2. Intelligente Algorithmen analysieren uns

Ein Facebook-Eintrag
Legende: Bei solchen Beiträgen soll Facebooks intelligenter Algorithmus aufmerksam werden. SRF

Was es ist: Wer mit dem Leben hadert, dem könnte Facebook schon bald eine helfende Nachricht zukommen lassen.

Wie es genutzt wird: In den USA testet Facebook derzeit, ob suizidgefährdete Menschen mittels künstlicher Intelligenz ausfindig gemacht werden können. Helfen soll ein selbständig lernender Algorithmus. Er sucht Beiträge selbstmordgefährdeter Menschen, die in der Vergangenheit gemeldet wurden, nach Mustern ab, um in Zukunft ähnliche Beiträge ausfindig zu machen. Findet er kritische Nachrichten, meldet er sie dem Facebook-Team, das dann das schon existierende Suizid-Präventions-Programm des Social-Media-Giganten starten kann.

Wo es hinführt: «Es erfordert ein sehr tiefes Eindringen in die Privatsphäre, um Dinge wie einen Suizid vorhersagen zu können. Das kann vorteilhaft sein, aber nicht nur. Was, wenn Krankenversicherungen bei Facebook eine Anfrage stellen könnten und sich unser psychischer Zustand auf die Zuschläge auswirkt? Hier sollten wir soziale und ethische Fragen diskutieren und entscheiden, ob ein KI-System alles über uns wissen darf und wie es dieses Wissen verwendet.»

3. Smarte Software optimiert den Verkehr

Blick aus einem selbstfahrenden Google-Auto. Einmal die menschliche Sicht, einmal die des Computers.
Legende: Selbstfahrende Autos messen ständig ihre Umgebung und treffen dann Entscheidungen. Blick aus einem Google-Auto. Reuters

Was es ist: Sie sind genervt vom Verkehrsstau? Laut Experten bräuchten wir nur einen Bruchteil unserer Strassen. Wenn unsere Autos intelligenter wären.

Wie es genutzt wird: Schon jetzt arbeiten Unternehmen mit Hochdruck daran, dass uns in nicht allzu ferner Zukunft selbstfahrende Autos durch die Stadt kutschieren. Doch KI formt nicht nur die Autos der Zukunft, sondern bereits die Verkehrsplanung der Gegenwart. Heute können tausende Trucks und Millionen Güter in Echtzeit koordiniert werden – selbst wenn die Fracht schon unterwegs ist.

Möglich ist das, weil die Rechner immer schneller werden und wir immer mehr Speicherkapazität für riesige Datenberge haben. So rechnen Computer Milliarden Lösungsvarianten durch und sorgen für eine optimale Verkehrsführung.

Wo es hinführt: «Trotz aller KI werden wir noch eine Weile verstopfte Strassen und Autobahnen haben. Man geht davon aus, dass sich die Situation bis 2020 noch verschärfen wird. Danach aber sollen die Optimierungssysteme so gut sein, dass wir die vorhandene Strassenkapazität besser nutzen können. Bevor es aber die selbstfahrenden Autos auf die Strasse schaffen, werden wir erst einmal autonom fahrende LKW-Flotten auf den Autobahnen sehen. Dort ist das wirtschaftliche Interesse sehr gross, die Fahrzeuge rund um die Uhr auszulasten.»

4. Roboter arbeiten als Journalisten

Roboterhände auf einer Tastatur
Legende: Wollen wir Artikel lesen, die von einer Maschine geschrieben wurden? Colourbox

Was es ist: Im Januar dieses Jahres schrieb der Roboter Xiao Nan, Link öffnet in einem neuen Fensterim Browser öffnen einen Artikel für eine chinesische Tageszeitung – in einer Sekunde! Und er ist nicht der einzige.

Wie es genutzt wird: Maschinen sind inzwischen so gut darin, natürlichsprachige Sätze zu erzeugen und zu verstehen, dass immer mehr Zeitungen Roboterjournalisten einsetzen. Beispiele sind die «Los Angeles Times» oder manche Presseagenturen.

Bisher schreiben die Roboter recht einfache, faktenbasierte Geschichten, ideal sind Meldungen zu den Börsenkursen oder Sportergebnissen. Sie sind auch dafür geeignet, grosse Datenberge für eine journalistische Geschichte aufzubereiten und können erste Artikelentwürfe liefern.

Wo es hinführt: «Ich weiss gar nicht, ob ich schon mal einen Artikel von einem Roboter gelesen habe. Was die Frage aufwirft: Müsste das dann ausgezeichnet werden? Rein theoretisch ist es denkbar, dass Roboter richtig gute Journalisten sind. Sie könnten spannende Themen finden, komplexe Interviews führen oder Analysen und Meinungsartikel schreiben. Aber ich frage mich, ob wir es noch lesen wollen, wenn wir wissen: Das hat eine Maschine geschrieben.»

5. Clevere Computer kümmern sich um unsere Gesundheit

Ärzte in einem MRI
Legende: Computer können MRI-Bilder viel schneller auf Tumore untersuchen als Menschen. Imago

Was es ist: Bis vor kurzem konnten nur Spezialisten gutartige Zellen von bösartigen Krebszellen unterscheiden. Mittlerweile können das auch Computerprogramme – nur sehr viel schneller.

Ziele der KI-Forschung

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Sie will Computer in die Lage versetzen

  • komplexes Wissen zu speichern und zu verwenden
  • Sprache zu verstehen und selber zu sprechen
  • Bilder zu verstehen
  • Spiele wie Schach, Go oder Poker zu spielen
  • selbständig Probleme zu lösen oder den Menschen dabei zu unterstützen
  • neues Wissen selbständig zu lernen

Wie es genutzt wird: Im Bereich Gesundheit gibt es einen grossen Hype um die Künstliche Intelligenz, weil KI-Programme tausende Dokumente oder Bilder in Minutenschnelle analysieren. Sie können etwa Mammografie-Bilder von Brüsten auf auffällige Tumor-Strukturen untersuchen oder auf Fotos von Leberflecken erkennen, ob es sich um Hautkrebs handelt.

Selbst Behandlungsempfehlungen könnten bald von KI kommen. Der IBM-Computer Watson (der vor sechs Jahren den Meister im TV-Quiz «Jeopardy!», Link öffnet in einem neuen Fensterim Browser öffnen schlug) hat 1000 Krebsdiagnosen von Ärzten bekommen und in 99 Prozent der Fälle die gleichen Therapien empfohlen wie die Spezialisten. Bei 30 Prozent schlug Watson gar eine Behandlung vor, an die die Onkologen nicht gedacht hatten; in einigen Fällen, weil der Computer sich auf die neuesten Forschungsergebnisse beziehen konnte.

Wo es hinführt: «Für die Forschung sind diese Entwicklungen phantastisch, wir werden neue Erkenntnisse über Krankheiten gewinnen und immer präzisere Diagnosen stellen können. Die Medizin wird ganzheitlicher, weil viele verschiedene Aspekte angeschaut und miteinander in Verbindung gebracht werden können. Aber ich muss an all die Menschen denken, die heute mit Apps ihre Schritte zählen, Schlafstunden messen oder Kalorien berechnen. Noch ist das ein lustiges Hobby, doch was, wenn unsere Krankenversicherung das irgendwann vorschreibt?»

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