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Skurrile Teilchen Wo die Quantenphysik in unserem Alltag steckt

Wer an der Scanner-Kasse steht, aufs Handy schaut oder mit GPS navigiert, hat es mit Quantenphysik zu tun. Sie ist längst Teil unseres Alltags.

Quantenphysik ist jene skurrile Physik, die im Reich der Atome und Elementarteilchen herrscht. Nicht mal die, die sie betreiben, verstehen sie wirklich. «Ich kann mit Sicherheit sagen, dass niemand die Quantenphysik versteht.» Das sagt nicht etwa einer, der in der Schule mit Physik gekämpft hat. Dieses Bonmot stammt von Richard Feynman, Quanten-Crack und Nobelpreis-Gewinner.

In der Welt der physikalischen Winzlinge können Teilchen an zwei Orten gleichzeitig sein. Da gibt es Konsequenzen ohne Ursachen und Objekte, die nur existieren, wenn man sie anschaut.

Die Kassiererin nutzt Quantenphysik

So rätselhaft sie ist: Die Welt der Quanten gehört zu unserem Alltag. Quantenphysikalische Phänomene sind Grundlage vieler Schlüsseltechnologien. Sie stecken in vielen Geräten und Tools, die wir täglich brauchen: zum Beispiel an der Supermarkt-Kasse.

Wenn die Kassiererin unseren Einkauf einscannt, nutzt sie Quantenphysik. Denn Scanner-Kassen funktionieren mit Laser. Und ein Laser ist ein quantenphysikalisch hochgeboosteter Super-Lichtstrahl.

Laser

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Albert Einstein schmiedete den ersten Laser – zumindest in der Theorie. Er kam auf die Idee, dass Licht aus einzelnen Energiepaketen besteht. Er nannte sie Lichtquanten. Heute heissen sie Photonen. Einstein stellte fest: Bestrahlt man ein Atom mit einem Lichtteilchen, gerät es in einen «angeregten» Zustand und sendet ein Lichtteilchen aus. Wird es in diesem angeregten Zustand nochmals von einem Photon getroffen, gibt es ein weiteres Lichtteilchen ab.

Wie beim Schneeballprinzip entstehen durch Zusammenstösse dieser Teilchen mit anderen Atomen immer neue Lichtteilchen, die in dieselbe Richtung strahlen. Einstein sprach von «stimulierter Emission». In den 1960er-Jahre gelang es dann erstmals, Einsteins Gedanken in die Praxis umzusetzen und einen ersten Lichtstrahl so zu bündeln, dass er den Namen Laser verdiente.

Einstein erfand das Laserschwert

Albert Einstein fand schon 1905 heraus, dass Licht nicht einfach eine Welle ist, die kontinuierlich durch den Raum gleitet. Licht bestehe vielmehr aus einer Art Lichtteilchen, aus einem Strom portionierter Lichtpakete. Heute nennt man diese Lichtteilchen Photonen. Ausreichend an- und aufgeregt lassen sie sich nutzen, um Laserstrahlen zu erzeugen. Albert Einstein war sozusagen der Erfinder des Laserschwerts, auch wenn er dies damals nicht ahnen konnte.

Quanten

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Schon der griechische Philosoph Demokrit ging davon aus: Materie kann nicht beliebig geteilt werden. Anfang des 20. Jahrhunderts erhielt er recht. Physiker beobachteten damals, dass ganz verschiedene physikalische Grössen – wie Energie, Drehimpuls oder Ladung – in diskreten Portionen auftreten, also in wohl definierten Einheiten. Sie sind das Vielfache eines kleinsten (diskreten) Betrags, des sozusagen kleinsten gemeinsamen Nenners, genannt Quant.

Max Planck fand z. B. schon 1900 heraus, dass die Wärmestrahlung in diskrete Portionen «gequantelt» ist. Auch Licht besteht aus einem Strom portionierter Licht-Pakete, den Photonen. Und das Elektron beispielsweise nimmt immer ganz bestimmte diskrete Energiezustände ein und keine Werte dazwischen.

Licht schneidet besser als jedes Messer

Mit Laserstrahlen lassen sich unterschiedlichste Materialien hoch präzise schneiden. Laser durchtrennt Metallplatten. Laser zerstört gezielt Tumorzellen. Laser zerschneidet die Hornhaut unserer kurzsichtigen Augen haargenau, damit wir wieder scharf sehen können.

Schwarz-weisses Porträt des lachenden Richard Feynman
Legende: Richard Feynman wurde 1965 für seine Beiträge zu den Grundlagen der Quantenphysik mit dem Physiknobelpreis geehrt. The Big T (yearbook of California Institute of Technology)

Dieses Hightech-Licht kommt aber auch weit unspektakulärer zum Einsatz: Laser lesen die Daten von CDs ab und verwandeln sie in Musik.

Quantenphysik weist uns den Weg

Der Mensch bändigt die schwer erziehbaren quantenphysikalischen Phänomene auch für zahlreiche andere Anwendungen: Quantenphysik steckt z. B. in den Pixeln, die uns aus den Handyscreens entgegenstrahlen. Und das GPS weist uns den Weg durch diese Welt, weil Satelliten und GPS-Geräte durch quantenphysikalisch gesteuerte Atomuhren synchronisiert sind und zeitgenau miteinander kommunizieren können.

Gebändigte quantenphysikalische Phänomene rechnen schneller

Eine grosse Hoffnung lässt jedoch noch immer auf sich warten: Der praxistaugliche Quanten-Computer. Dieser soll nicht mehr nur brav und simpel endlose Abfolgen von Nullen und Einsen nacheinander berechnen, wie es die vergleichsweise simplen digitalen Rechner von heute tun. Quantencomputer werden mit Nullen, Einsen und sämtlichen Werten dazwischen rechnen. Und zwar gleichzeitig.

Quantencomputer

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Die Computer von heute rechnen mit dem einfachen binären Code 1 und 0 als kleinstmögliche Speichereinheit, genannt Bit. Dazwischen gibt es nichts. Nicht so der Quantencomputer. Seine Speichereinheit heisst Qubit. Ein Qubit kann nicht nur im Zustand 1 oder 0 sein, sondern gleichzeitig im Zustand 1 und 0 und theoretisch in unendlich vielen Zwischenzuständen. Das macht den Quantencomputer viel effizienter, weil er für dieselbe Rechnung viel weniger Qubits braucht als ein herkömmlicher Computer Bits.

Bereits gibt es erste Quantencomputer-Prototypen – z. B. den von Google mit 53 Qubits. Doch ein Quantencomputer, der wirklich was taugt, müsste grösser sein.

Weltweit liefern sich Firmen wie Microsoft, IBM oder Google einen erbitterten Wettkampf um diesen Superrechner. Dieser soll unsere Computer dereinst überflügeln wie ein Überschall-Jet einen Zeppelin. Die Prototypen von heute sind tatsächlich ungeheuer schnell. Aber leider auch immer noch ungeheuer fehleranfällig.

Treffpunkt SRF 1, 29.10.2021, 10:00 Uhr

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