Ein Wagen gerät auf die Gegenfahrbahn. Beide Fahrer reissen im letzten Moment das Lenkrad herum – und so prallen die Autos nur mit einem kleinen Teil der Front aufeinander. Obwohl ein Fünftel aller Frontalkollisionen nach diesem Schema geschieht, sind die meisten Automodelle nicht für diesen Fall gerüstet. Dies zeigen die Ergebnisse eines neuen Crashtests aus den USA, wie «Einstein» in seiner aktuellen Sendung berichtet.
Zugleich werden die Methoden verfeinert. Der TCS hat eine neue Crashtest-Analyse entwickelt, die detaillierte Aussagen über Fronten von Fahrzeugen liefert – und über das Verhalten der Struktur bei einem Crash. Die Auswertung der Resultate zeigt exakt auf, welche Stellen an der Front zum Beispiel steifer gestaltet werden müssten.
Neue Einsicht über Unfallfolgen
Ihren Anfang nahm die Wissenschaft vom Zusammenstoss vor mehr als 50 Jahren. Die ersten Crashtests führte Mercedes-Benz 1959 durch. Damals nannte man sie noch «systematische Unfallversuche»: Ingenieure liessen einen Versuchswagen frontal gegen ein festes Hindernis fahren. Neu war auch, dass man eine Versuchspuppe einsetzte, die man heute als «Dummy» kennt.
Mit den Erkenntnissen dieser ersten Crashtests begann eine neue Ära der Sicherheitsforschung. Die Autobauer wussten zwar, dass ein Auto bei einem Frontalaufprall umso sicherer ist, je steifer seine Karosserie ist. Doch gänzlich unbekannt war, dass sie die enormen Kräfte des Aufpralls an die Insassen weitergibt. So waren Fahrzeuge nach den Crashs oft noch in einem tolerablen Zustand, aber die Insassen wären allesamt tot – eine Einsicht, die die Crash-Wissenschaft revolutionieren sollte.
Gesetze für den Insassen-Schutz
Bald wurde in aller Welt gecrasht. Jedoch nicht immer zu wissenschaftlichen Zwecken, sondern zur Unterhaltung: In den USA war man beispielsweise von Crashs mit extremen Geschwindigkeiten besonders angetan, von Autos, die von Felsen fallen und von spektakulär inszenierten Karambolagen.
Doch mit der zunehmenden Motorisierung stiegen die Unfallzahlen stetig, und so wurde es erforderlich, gesetzliche Mindestanforderungen für den Schutz der Insassen zu erlassen. Als Vorreiter gelten die Vereinigten Staaten: Sie führten Mitte der 60er-Jahre die «Federal Motor Vehicle Safety Standards» (FMVSS) ein und übernahmen damit weltweit eine Vorbildfunktion. Heute müssen alle neuen Automodelle bestimmte Insassen-Sicherheitstests bestehen, bevor sie die offizielle Zulassung für den Strassenverkehr bekommen.
Zwei Crashtests als Pflichtprogramm
Für die Schweizer Strassen gelten dieselben Gesetze wie für Europa. Jedes Automodell muss zwei Crashtests bestehen. Der erste ist ein Frontalaufprall, bei dem 40 Prozent der Fahrzeugfront mit einem Hindernis kollidiert. Der zweite Test ist ein Seitenaufprall: Das Testauto wird einem Stoss ausgesetzt, der mit einem Tempo von 50 Stundenkilometer ankommt.
Zusätzlich werden Test von unabhängigen Organisationen zum Konsementenschutz durchgeführt. Sie sind für die Autohersteller zwar freiwillig; trotzdem besteht fast jedes neue Automodell auch diese Sicherheitsprüfungen. Je besser ein Auto bei solchen Versuchen abschneidet, desto mehr Sterne erhält es: ein gutes Verkaufsargument für jeden Fahrzeughersteller, so wie Zweifel an der Sicherheit das Gegenteil bewirken können.