Nach 19 Jahren wird die Erkennungsmelodie der Radiosendung «Rendez-vous» abgeschafft – eine Melodie von Beat Gruber, die Tausende durchs Leben begleitet hat. Wer sie hörte, erinnerte sich an Kindheitstage, als die Mutter am Stubentisch mahnte: «Still! Jetzt chunnt s'Rendez-vous!».
Erinnern Sie sich?
Jetzt soll es «moderner und eindringlicher werden», sagt Ivana Pribakovic, Moderatorin und Projektleiterin für das neue Signet bei Radio SRF, gegenüber «Einstein», «darum müssen wir das Alte loslassen. Schliesslich charakterisiert das Signet die Sendung.» Und die wird seit einiger Zeit sanft modernisiert.
Doch mit dem altvertrauten Sound ist man rigoros: Er wird neu komponiert – und das von zwei jungen Basler Komponisten, die im progressiven Sounddesign verwurzelt sind. Keine sanfte, aber möglicherweise eine mutige Entscheidung.
«Matrix»-Sound als Inspiration
«Matrix im Signet» nennen die Komponisten Ramón De Marco und Daniel Dettwyler vom Basler Tonstudio Idee und Klang ihre neue Komposition. Matrix? Wer würde da nicht an den Kultfilm «The Matrix» mit Keanu Reeves als Neo denken? An rätselhafte Mathematik, die sich entzieht, wenn man sie zu verstehen meint; an Türen, die sich öffnen und dann doch alles unklar bleibt?
Das Waterphone in «The Matrix»
Tatsächlich hatte das Duo «The Matrix» in Aug‘ und Ohr. Vor allem bei den Geräuschen, die von subtil bis dominant, von kaum hörbar bis donnernd, die Tonwelt des neuen «Rendez-vous»-Sounds durchziehen. «Niemand kann sagen, was ein Geräusch genau bedeutet», sagt De Marco, «aber wenn es fehlt, will man es zurück.» Wie die Matrix im Film: Sie ist die Bedeutung, die jeder sucht und doch keiner ganz versteht.
Der Geräuschkörper, der die Melodie durchwebt, soll den Hörerinnen und Hörern zugleich signalisieren, dass die folgende Sendung sich auf das reale Leben bezieht. Oder, wie De Marco gerne sagt: «Wo es lebt, da knistert es und quakt’s!»
Auswahl aus über 70 Klängen
Für den Geräuschkörper des neuen «Rendez-vous»-Sounds hat Ramón De Marco in Basel Geräusche gesucht. Mikrophon und Aufnahmegerät hatte er tagelang dabei – auch in jener kalten Nacht, als er vom Velo stieg, um das Surren einer alten Strassenlampe aufzuzeichnen. Doch bei den 7 Geräuschen, die er aus 71 schliesslich auswählte, war sie nicht dabei.
Das Resultat war De Marco dennoch «zu wenig subtil». Da erinnerte er sich wieder an das silberne Quietschen , wie es in «The Matrix» immer ertönt, wenn Neo in Kontakt mit der programmierten Welt der Maschinen kommt, in der die Menschen gefangen sind.
Der Geräuschvorhang, wie er sich im Soundtrack auffächert, ist kaum hörbar. Matrix-Komponist Don Davis hatte dafür ein «Waterphone» eingesetzt: eine amerikanische Erfindung, die eine Wassertrommel mit einer Nagelgeige verbindet.
Doch De Marco hat die Originalklänge elektronisch variiert. Aus den zerbrechlichen Klängen ist ein wolkiger Geräuschkörper geworden, der in konkreten Tönen nicht mehr fassbar ist. Eine Matrix eben.
Am 21. Februar 2013 wird die neue Erkennungsmelodie zum ersten Mal auf den Radiosendern von SRF ausgestrahlt. Ob die Hörer je merken werden, dass sie so vielschichtig ist? «Sie werden es fühlen», meint De Marco, «nur darauf kommt es an.»