Seit acht Monaten arbeitet Hans Hiestand mit seinen Kollegen daran, dass die sechs alten Webmaschinen wieder einwandfrei laufen. Über 100 Jahre alt sind die Maschinen, seit 1988 stehen sie still. «Die Chance, es zu schaffen, war 50:50», erzählt Hiestand, «aber wenn man sich auskennt, klappt das schon».
Hans Hiestand und seine fünf Kollegen kennen sich aus. Die meisten haben in der Maschinenfabrik Rüti Webmaschinen konstruiert, ein paar haben Webereien geleitet. Hiestand selbst war in den 1960er-Jahren als Maschinenschlosser mit Webmaschinen auf Montage – «damals war die Boomzeit für Webmaschinen», erzählt er. Anschliessend hat er sich zum Textilfachtechniker ausbilden lassen und 30 Jahre lang als Betriebsleiter für eine Weberei im Tösstal gearbeitet. Nun ist er pensioniert, engagiert sich aber wie seine Kollegen in der Webmaschinen-Sammlung Rüti in Neuthal. Für «Anno 1914» ist sein Geschick wieder gefordert.
Das grösste Problem sind die Ersatzteile
Angefressene Lager, fehlende Webschiffli: Eine der grössten Herausforderungen für die Webmaschinentechniker war es, Ersatz für kaputte oder fehlende Teile zu finden. So mussten die Webschiffe in Indien bestellt werden, wo man noch heute mit den alten Maschinen arbeitet. In der Schweiz sind Webmaschinen heute vollautomatisiert und computergesteuert.
Ein anderes Problem waren die maroden Lederriemen, mit denen beispielsweise die Webschiffe beschleunigt werden. Hier haben sich die sechs Pensionäre bei anderen alten Maschinen bedient oder einfach selbst gebastelt. Bei den abgenutzten Zahnrädern war nichts mehr zu machen, die haben die Webprofis neu herstellen lassen.
Springt sie an?
Sechs Maschinen wurden so wieder zum Laufen gebracht – jeder Webspezialist übernahm eine. «Es gibt immer wieder Schwachpunkte bei Maschinen, die so lange einfach herum standen, und wir kannten den Zustand der Mechanik nicht», erzählt Hiestand. Zuerst einmal wurden die Webstühle deshalb gut durchgeölt, danach wurde jedes Rädchen, jedes Schräubchen gedreht und die Ersatzteile angebracht. Erst dann konnten die Spezialisten die Maschinen das erste Mal frei laufen lassen – immer wieder ein grosser Moment: «Springt sie an»? Erst im Anschluss werden sie dann mit den Fäden bestückt.
Bald stellt sich Hans Hiestand einer weiteren neuen Herausforderung. Der ehemalige Betriebsleiter wird im Sommerprojekt «anno 1914» die Rolle des Oberwebers einnehmen. Er freue sich drauf, sagt er, «Aber ein bisschen nervös bin ich schon!»