Herr Schütz, Sie arbeiten bei der Empa seit drei Jahren mit Computertomographen (CT). Grob geschätzt, wie viele Gegenstände haben Sie schon durchleuchtet?
Das waren mehr als 200 Objekte unterschiedlicher Art, von Computerchips bis zu grossen Bodenproben von Archäologen.
In Ihrem Labor werden häufig Bauteile mit hohen Qualitätsanforderungen untersucht, etwa Zylinderköpfe für Motoren. Was zeigt so ein CT-Scan, das sonst unsichtbar bliebe?
Meistens sind es innen liegende Fehler, zum Beispiel unerwünschte Hohlräume und Risse in Gussteilen, die die Sicherheit beeinträchtigen könnten. Oder Fehler in Elektronikbauteilen wie Risse in Verbindungsdrähten. Mit unserem neuen Hochenergie-CT können wir auch massivere Objekte wie ganze Lastwagen-Motoren untersuchen.
Und wo sind die Grenzen von CT-Verfahren in der Praxis?
Wenn in einem grossen Bauteil, das noch dazu aus unterschiedlichen Werkstoffen besteht, winzige Fehler stecken, sind sie selbst für uns schwer zu finden.
Welches Ihrer Systeme haben Sie für die «Einstein»-Serie «Hightech im Haushalt» verwendet?
Das war unser Industrie-CT für mittelgrosse Objekte bis etwa 30 Zentimeter Durchmesser. Den nehmen wir zum Beispiel auch für Zylinderköpfe aus Aluminium.
Lässt sich das mit CTs vergleichen, die für Untersuchungen von Menschen verwendet werden?
Kaum, da gibt es grundlegende Unterschiede. In der Medizin ruht der Patient, und Röntgenstrahlung wird aus unterschiedlichen Richtungen auf ihn geschickt. Bei uns kommt die Strahlung dagegen von einem festen Ort, und das Objekt dreht sich. Ausserdem verwenden wir Röntgenlicht mit drei bis vier Mal so viel Energie.
Für die TV-Serie haben Sie unter anderem eine elektrische Säge untersucht, einen Ionen-Fön, eine automatische Teemaschine. Gab es dabei spezielle Anforderungen?
Für solche Geräte werden meist Materialien verwendet, die Röntgenstrahlung stark absorbieren: Stahl zum Beispiel. Und die Bauweise ist meist sehr kompakt. Darum brauchten wir eine hohe Durchdringungsleistung der Strahlung. Und zugleich eine gute räumliche Auflösung, um auch Details wie feine Drähte im Fön oder die winzigen Zähne von Getrieberädern zu erkennen.
Haben die Röntgenbilder Ihnen dann neue Einsichten vermittelt? Oder gab es Überraschungen?
Ja, zum Beispiel bei einem neuartigen Ventilator, der für Laien auf den ersten Blick ohne Propeller arbeitet. Natürlich gibt es doch einen! Die Aufnahme hat uns gezeigt, dass er im oberen Drittel der Halterung steckt, auf der das Gerät steht.
Reiskocher, Vakuum-Verpacker, elektrische Käsereiben: Im Haushalt kommt immer mehr Technologie zum Einsatz: Wäre es nicht auch für Konsumentenschützer sinnvoll, neue Geräte von innen her zu analysieren?
Natürlich. Es würde in jedem Fall helfen, mögliche Schwachstellen frühzeitig zu erkennen. Das wäre natürlich besser, als Probleme lösen zu müssen, nachdem Geräte bereits an Kunden ausgeliefert wurden.
Können Sie denn mit Ihrer Erfahrung auch Rückschlüsse auf die Qualität ziehen? Etwa auf die Robustheit einer Konstruktion, deren Innenleben sie sehen?
Es gibt sicher Indikatoren, zum Beispiel die Auswahl von Werkstoffen für bestimmte Zwecke. Oder auch, ob wichtige Kabel in einem Gerät hochwertig montiert sind: Sie sollten in vielen Fällen so fixiert sein, dass eine Erschütterung des Geräts den Anschlüssen nicht schadet.
Industriespionage und Ideenklau sind in der Presse immer wieder ein Thema. Werden bildgebende CT-Verfahren auch eingesetzt, um Fälschungen zu identifizieren?
Ja, für Uhren haben wir schon gezeigt, dass das möglich ist. Und auch für Elektronikbauteile wie Chips, die von aussen gleich aussehen, aber im Innern grosse Unterschiede aufweisen. Da gibt es heutzutage viele Anwendungsmöglichkeiten.