Auf Schweizer Strassen tummeln sich 5,6 Millionen Fahrzeuge. Das sind mehr als doppelt so viele wie vor 30 Jahren; Tendenz steigend. Zugleich gehen die Ölvorkommen in den nächsten Jahrzehnten zur Neige, und im Kampf gegen die Klimaerwärmung müssen die CO-Emissionen reduziert werden.
Angesichts der wachsenden Blechlawinen sind die Entwicklung und der Einsatz von Biokraftstoffen ein Muss. Dies betont die EU auch in ihrer Strategie für umweltfreundliche Kraftstoffe, die sie Ende Januar dieses Jahres lanciert hat. Die Mitgliedsländer haben sich dazu verpflichtet, bis 2020 zehn Prozent der Energie für den Verkehrssektor aus erneuerbaren Energien zu gewinnen.
Biotreibstoffe spielen dabei eine zentrale Rolle. Sim Kallas, Kommissar für Verkehr, will dabei ihre Nachhaltigkeit sichern. Denn genau da liegt der Hund begraben: Biosprit ist oft nicht wirklich bio und gilt längst nicht mehr per se als Klimaretter.
Tank oder Teller?
Vor allem die erste Generation der Biotreibstoffe – hergestellt aus Mais, Raps oder Ölpalmen – steht in der Kritik. Der Anbau dieser Energiepflanzen zur Gewinnung von Treibstoff konkurriert mit der Nahrungsmittelproduktion. Wie fragwürdig essbare Pflanzen im Tank sind, wurde letzten Sommer deutlich, als im mittleren Westen der USA massive Ernteausfälle bei Mais eintraten. Die Nahrunsmittelpreise schnellten weltweit in die Höhe.
Darüber hinaus ist die Umweltbelastung beim Anbau beträchtlich. «Viele Biotreibstoffe verlagern lediglich die Umweltbelastungen», sagt Rainer Zah von der Eidgenössischen Materialprüfungs- und Forschungsanstalt (Empa). Mögliche negative Folgen des Biosprit-Anbaus sind:
- überdüngte und übersäuerte Ackerböden
- Belastung durch Pestizide
- reduzierte Artenvielfalt durch Monokulturen
- hoher Wasserverbrauch bei der Bewässerung
- Treibhausgas-Produktion durch Brandrodungen
Nun steht der Biotreibstoff der zweiten Generation vor der Kommerzialisierung. Er wird aus ungeniessbaren Pflanzen gewonnen. Vor allem Stroh, Gras, Holzreste, aber auch Biomüll und Schlachtabfälle werden verarbeitet. Der Hauptvorteil dieser Rohstoffe ist, dass sie nicht als Nahrungsmittel verwendet werden können.
Wie grün ist Biosprit 2.0?
Doch auch die neueren Biotreibstoffe stehen in der Kritik, da die «Tank- oder Teller-Problematik» – je nach Produktionsart – bestehen bleibt. Denn auch der Anbau ungeniessbarer Pflanzen benötigt Ackerboden, der dann nicht mehr für die Nahrungsmittelproduktion zur Verfügung steht.
Laut Empa-Forscher Zah ist der Ausgangsstoff entscheidend: «Die zweite Generation von Biosprit macht nur dann Sinn, wenn Rest- und Abfallstoffe zur Produktion verwendet werden». Der Nahrungsmittelproduktion würde damit keine Anbaufläche entzogen – und Essbares landet nicht im Tank.
Fazit: Obwohl Biotreibstoffe weniger COfreisetzen, sind nur wenige in der Gesamtbilanz umweltfreundlicher als Benzin. Ein positives Beispiel ist die Gewinnung von Bioethanol aus Produktionsabfällen, die eine Brauerei im amerikanischen Bundesstaat Colorado praktiziert (siehe Video oben). Sie schlägt aus Millionen Litern Abfallstoff erfolgreich Kapital.
Treibstoff aus gelben Früchten
Beim Testen von möglichen Biotreibstoffen gehen humorvolle japanische Forscher ungewöhnliche Wege. Dass mit Zitronen Elektrizität produziert werden kann, ist nichts Neues. Doch die Gruppe junger Japaner wagte ein besonderes Experiment: Sie versuchten, ein über 100 Kilogramm schweres Fahrzeug inklusive Pilot zu bewegen – mit 40 Litern Zitronensaft.