Parkplatzmangel kann Pendlern schon den Morgen verderben. Zum Beispiel bei der langen, kurvigen Suche nach der letzten freien Lücke in einem Parkhaus. Im Zweifel findet sie sich dann in der hintersten, dunkelsten Ecke des tiefsten Parkdecks. Und ist so eng, dass man auch nach mehrmaligem Vor- und Zurücksetzen nur mit Mühe aus der Türe kommt.
Wenn es nach den deutschen Erfindern Rupert Koch und Leopold Meirer geht, ist damit in Zukunft Schluss. In ihren Träumen stellt jeder Parkhauskunde sein Auto auf einem hellen, geräumigen Parkplatz in zentraler Lage direkt am Eingang ab.
Genau dort befindet sich nämlich die so genannte Übergabestation eines automatischen Parkhaus-Systems, das die beiden während der letzten vier Jahre ausgetüftelt haben.
Halb Hubwagen, halb R2D2
Steht das Auto korrekt in der Übergabestation, hat die Kundschaft nichts weiter zu tun als auszusteigen, einen Parkschein zu lösen, und ihrer Wege zu gehen. Alles Weitere liegt in der Hand von Maschinen – genauer: von Ray, dem ersten selbstständigen Parkhausroboter der Welt.
Ray ist eine ausgeklügelte Mischung aus Hubwagen und dem Star-Wars-Roboter R2D2. Er steckt voller moderner Technik und ist für den Transport von Pkw's praktisch jeder Art ausgerüstet. Vier verstellbare Ladegabeln und jede Menge Sensortechnologie sorgen dafür, dass er die Fahrzeuge behutsam an der Übergabestation abholen kann. Und seine Radkonstruktion erlaubt es ihm, platzsparend auf der Stelle zu drehen und zu wenden.
Zentimeter genaue Positionierung
Schon beim Abholen misst Ray die Abmessungen des Autos und sendet die Daten zu einer zentralen Recheneinheit. Das System sucht nun den optimalen Abstellplatz für den Neuankömmling und genau da stellt Ray ihn ab.
Die Fahrzeuge stehen dort enger als in herkömmlichen Parkhäusern – bis auf wenige Zentimeter dicht aneinander und in mehreren Reihen. Platz zum Ein- und Aussteigen wird schliesslich nicht gebraucht und selbst der begabteste Grosstadt-Parkierer kann es nicht mit Ray aufnehmen.
Suche nach der optimalen Anordnung
So spart das System Fläche: Bis zu 40 Prozent mehr stehen im Vergleich zu herkömmlichen Parkhäusern zu Verfügung. Die Ersparnis entsteht auch dadurch, dass Ray die Anordnung der parkierten Fahrzeuge noch weiter optimiert, wenn sie bereits eingestellt sind. Der Zentralrechner verfolgt permanent die Zusammensetzung der Fahrzeuge auf dem Parkdeck; er spielt sozusagen Tetris mit den Autos.
Lässt sich durch eine neue Anordnung deutlich mehr Raum gewinnen, werden die Wagen kurzerhand umgestellt. Und das, während ihre Besitzer nichtsahnend weit weg in einem Meeting sitzen, im Ferienflieger zum Fenster hinaus schauen oder schon am Strand die Sonne geniessen.
Abholen? Per App auch auf Bestellung
Abgeholt wird das Auto ebenfalls wieder an der Übergabestation – auf Wunsch zu einem Zeitpunkt, den die Kunden schon beim Einchecken angegeben haben. Wer aber kein Rückkehrdatum eingetippt hat, kann den Robotern ein Signal geben, mit einer eigens entwickelten App.
Ein wenig Vorlauf sollte dafür allerdings eingeplant werden: Ist das betreffende Auto durch ein Optimierungsmanöver gerade in der zweiten oder dritten Reihe abgestellt, kann es eine Weile dauern, bis die Roboter es an der Übergabestation abgegeben haben.
Erster Praxis-Einsatz ist gestartet
Seit Ende Juni arbeitet das System zum ersten Mal im Ernstfall. Am Düsseldorfer Flughafen wird zunächst ein Parkdeck von den Robotern und ihrer Zentraleinheit verwaltet, bislang nur für die Kunden des bisherigen Premium-Parkangebots – Innovation hat auch hier ihren Preis.
Doch wer weiss? Vielleicht kommen in einigen Jahren alle Kunden in den Genuss des stressfreien Parkierens. Anfragen für ihr System liegen den beiden Erfindern nach eigenen Angaben bereits vor, doch Details wollen sie noch nicht preisgeben.
ANIMATION: ROBOTER PARKEN AUTOS EIN
Das Roboter-Parkhaus in Aktion: In den Übergabe-Stationen, dargestellt in kleinen Kreisen auf der rechten Seite, kommen die Autos an. Die auf dem Parkdeck verteilten Roboter holen sie dort ab und sortieren sie in den unterschiedlichen Decks ein.