Das Quietschen der Züge am Bahnhof Stadelhofen ist sehr laut. Dass bestätigen Messungen, welche das «Einstein»-Team vor Ort gemacht hat. Der hochfrequente Lärm tritt in einer Kurve durch verschiedene Reibungseffekte zwischen Rad und Schiene auf und nervt die Bahnpassagiere schon seit Jahren. Ähnliche Probleme haben die SBB an verschiedenen Bahnhöfen, zum Beispiel in Bern oder am Flughafen Zürich. Fachleute gehen davon aus, dass die Tunnelwände der Bahnhöfe den Lärm noch verstärken. Genau weiss es aber niemand.
«Im Prinzip wäre die Lösung ganz einfach», sagt Experte André Kofmehl, Eigentümer eines Schmiermittelvertriebs. «Es braucht einfach die richtige Menge Schmierstoff zwischen Rad und Schiene». Einfacher gesagt als getan: Die SBB beissen sich daran die Zähne aus. Jegliche Versuche mit Schienenschmierung den Lärm weg zu bringen, sind am Bahnhof Stadelhofen gescheitert. Warum, wollten die SBB gegenüber «Einstein» nicht erörtern.
Gleisschmieranlagen funktionieren nicht
In den Pressearchiven ist zu erfahren, dass seit 2008 am Stadelhofen so genannte stationäre Gleisschmieranlagen getestet werden. Diese cirka 50‘000 Franken teuren Anlagen spritzen vor den Kurven Schmiermittel auf die Schienenoberfläche und an die Seitenflanken. Das sollte die Reibung und somit das Quietschen reduzieren. Offensichtlich aber ohne Erfolg. Nach Kofmehls Erfahrung, sind die dort eingebauten Schmieranlagen fehleranfällig und wartungsintensiv. Dadurch sind sie nicht in der Lage, einen homogenen Schmierfilm auf der Schiene dauerhaft zu gewährleisten.
Kofmehl selbst tüftelt schon seit Jahrzehnten an Gleis-Schmiersystemen. Er propagiert einen Paradigmenwechsel: weg von fix installierten Gleisschmieranlagen, hin zu mobilen Anlagen, wo das Schmiermittel auf den Fahrzeugen mitgeführt wird. Nähert sich ein Zug einer Kurve, wird das Schmiermittel über eine kleine Düse auf die Schiene gesprüht. «Diese Methode ermöglicht eine zuverlässige und homogene Verteilung des Schmiermittels über die ganze Kurve mit sofortiger Wirkung», sagt Kofmehl.
Computergesteuertes Schmiersystem
Neuerdings gibt es diese mobilen Schmieranlagen auch mit satellitengestützter Computersteuerung. GPS-Satelliten sagen dem System, wann der Zug sich einer Kurve nähert und lösen dann den Sprühbefehl aus.
«Der Computer entscheidet wann, wo und wie viel Schmiermittel auf die Schienen gesprüht wird. Damit vermeiden wir, dass zu viel Schmiermittel auf die Schiene kommt», erläutert André Kofmehl. Denn oberstes Gebot ist die Sicherheit. Wenn zu viel Schmiermittel auf die Schiene gelangt, kann das zu Bremsproblemen führen.
Die Matterhorn-Gotthardbahnen (MGB) setzen, als eine der ersten Bahnen weltweit, auf dieses innovative Schmiersystem. «Für uns ist die mobile Variante ideal, weil wir viele kurvenreiche Strecken haben», sagt Odilo Ruppen von den MGB. «Fix installierte Gleischmieranlagen kämen viel zu teuer.» Das Schmiersystem ist bei den MGB erst in einem Testbetrieb. 3 Fahrzeuge, von geplanten 15, sind damit ausgerüstet.
«Erst wenn alle Fahrzeuge mit dem Schmiersystem ausgerüstet sind, werden wir wissen, wie gut das Ganze funktioniert», sagt Ruppen. Bevor die MGB das System in Betrieb nahmen, haben sie mit dem Schmiermittel ausführliche Bremstests durchgeführt – laut Ruppen mit positiven Ergebnis: «Die Bremswirkung und die Traktion waren durch das Schmiermittel nicht negativ beeinflusst».
Schmierversuch am Stadelhofen abgesagt
Wie gut Kofmehls Schienenschmiere am Stadelhofen wirken würde, wollte er im Rahmen der Sendung «Einstein» in einem einfachen Versuch zeigen. Von Hand sollte das Schmiermittel auf die Schienenoberfläche aufgetragen und dann geschaut werden, ob das Quietschen auch für längere Zeit verschwinden würde.
Nach anfänglicher Zusage, sagten die SBB den Versuch kurzerhand ab – und das ohne nachvollziehbare Begründung. Kofmehl hat den SBB schon mehrfach seine Methode der Schienenschmierung unterbreitet und immer eine Absage erhalten. Der Unternehmer nimmt es gelassen. Er ist dabei sein Schmiersystem international zu vermarkten. Laut ihm zeigen Staatsbahnen und Metros diverser Länder Interesse. Hört man sich in der Szene um, so bestätigen Experten, dass die Zukunft diesen mobilen Schmiersystemen gehöre.