Seit vier Jahren herrscht in Kalifornien Dürre und ein Ende ist immer noch nicht in Sicht. Mittlerweile ist der «Sonnenschein-Staat» fast komplett ausgetrocknet, selbst die Grundwasser-Reserven sind nahezu erschöpft (siehe Video). Wie bisher kann es in Kalifornien nicht weitergehen.
Der Staat der 1,1 Millionen Swimmingpools muss dringend Wasser sparen – oder zu Technologien greifen, die ungeniessbares Wasser in Trinkwasser umwandeln. Meerwasser zu entsalzen wäre eine mögliche – wenn auch teure – Idee. Man könnte aber auch Wasser aus der Kanalisation zu Trinkwasser aufbereiten.
Es gibt ungenutzte Alternativen
Doch die psychologischen Hemmungen sind gross. Immerhin kommt das so genannte Schwarzwasser in der Kanalisation nicht nur aus dem Waschbecken und der Dusche, sondern auch aus der Toilette. Dabei ist es in aufbereitetem Zustand fast vollständig destilliert, also Wasser in seiner reinsten Form.
In grösseren Mengen ist destilliertes Wasser für den Menschen lebensbedrohlich. Mit Mineralien versetzt oder mit anderem Trinkwasser vermischt, ist es bedenkenlos und eignet sich hervorragend, um die Trinkwasserversorgung in trockenen Regionen zu stabilisieren.
Namibia könnte ein Vorbild sein
Vorreiter dieser Methode ist Windhoek. Die Hauptstadt von Namibia hat schon über 40 Jahre Erfahrung mit der Technologie: Im Jahr 1968 wurde hier die erste Anlage gebaut, die das Abwasser der Stadt in Trinkwasser verwandelte. Seit dem Jahr 2002 deckt eine neue Aufbereitungsanlage ein Viertel des Wasserbedarfs aller 250'000 Einwohner von Windhoek ab.
Das Projekt in einem der trockensten Länder der Welt könnte auch für andere wasserarme Regionen ein Vorbild sein. Dennoch sind bis heute erstaunlich wenige nachgezogen.
Eine unzumutbare Technologie?
Die Gründe sind vor allem psychologischer Natur: Abwasser werden vielerorts für schmutzig gehalten und gehören demnach nicht ins Wasserglas. «Toilet to tap», also «aus der Toilette in den Wasserhahn»: Das gilt als schlichtweg unzumutbar.
Doch auch die Technik wird kritisiert: Gegner warnen, dass die Aufbereitung von Abwasser zu riskant für die Gesundheit sei. Schon der kleinste Fehler im Reinigungsprozess könnte sofort verheerende Konsequenzen haben. Über den Weg des Trinkwassers breiten sich gefährliche Keime nämlich besonders schnell aus.
Befürworter der Technik halten die Gefahr für äusserst gering. Auch die Anlage in Windhoek lief bisher ohne Vorfälle. Und: Mit der Verbesserung der technologischen Möglichkeiten werden die Kontrollverfahren immer verlässlicher. Doch solange es noch Alternativen gibt, werden die wenigsten Politiker dafür werben, gereinigtes Abwasser ins Trinkwasser einzuspeisen.
Beliebter sind indirekte Recycling-Systeme
Wasserversorger auf fast allen Kontinenten wählen deshalb eher eine indirekte Methode, um aufbereitetes Wasser in die städtischen Trinkwassersysteme zu bringen. Dabei geht das reine Wasser den Umweg über einen so genannten «Umweltpuffer» – das kann Grundwasser sein, Flüsse oder Seen.
Für die öffentlichen Bedenken kann dieser Zwischenschritt entscheidend sein. Kommt das recycelte Wasser aus den natürlichen Reservoirs in unsere Leitung, nehmen wir es weniger als aufbereitetes Abwasser wahr. Auch die US-Regierung wirbt für die indirekte Verwendung des recycelten Wassers als Trinkwasser.
Im kalifornischen Orange County kommt eine solche Aufbereitungstechnologie bereits zum Einsatz. Hier wird das aufbereitete Trinkwasser ins Grundwasser gespült.
In Texas ist das direkte System angekommen
Allerdings ist die direkte Variante ohne Puffer nicht nur günstiger und umweltfreundlicher, sondern auch sicherer – das zeigt eine Studie des Australian Water Recycling Centre of Excellence: Erreicht das reine Wasser die Versorgungssysteme auf dem kürzestem Weg, ist es weniger anfällig für schädliche äussere Einflüsse.
Dass auch die unmittelbare Methode zumutbar sein kann, zeigt der Bundesstaat Texas. Im Jahr 2013 wurde in Big Spring die erste Aufbereitungsanlage auf US-amerikanischem Boden eingeweiht, die gereinigtes Wasser auf direktem Weg ins Trinkwasser einspeist. Ein Jahr später folgte schon die zweite.
Seither trinken die Bewohner der Kleinstädte Big Spring, Odessa, Snyder, Midland und Wichita Falls ihr eigenes «Abwasser». Auch in Kalifornien könnte sich bald einiges ändern.