Die Geschichte des Retorten-Burgers begann vor zehn Jahren. Damals war er noch eine Schweinswurst. Will heissen: Niederländische Biotechnologen an den Universitäten Utrecht und Maastricht hatten einen Traum – und er bestand daraus, Zellen vom Schwein im Labor so zu züchten, dass daraus eine ganze Wurst wird.
Vier Jahre später waren die Fachleute ihrem Traum zwar ein Stückchen näher gekommen, doch sie hatten keine Forschungsgelder mehr. Und das, obwohl die Gruppe um Biochemiker Henk Haagsman und Physiologe Mark Post die Präsentation der allerersten Laborwurst in einem 3-Sterne-Restaurant schon bis ins letzte Detail geplant hatte – inklusive eines lebenden Schweins, wie Haagsman im Video erzählt:
Die Vision von der Wurst aus puren Muskelzellen und damit auch von einer Gesellschaft ohne Tierschlachtungen, sie war dem Untergang geweiht – so schien es.
Doch dann tauchte ein Retter auf, in Gestalt eines amerikanischen Investors. Der Mäzen, der ungenannt bleiben will, gab allerdings den Tarif durch. Er wolle Rind, nicht Schwein. Offenbar mag er Hamburger lieber. Oder sieht dort womöglich einen Markt. Schweinswurst ist ihm deshalb eher wurst.
Und die Forscher in den Niederlanden fanden einen Weg, sich mit der Situation zu arrangieren:
Doch mit diesem Entscheid wurden die Wissenschaftler um Jahre zurückgeworfen. Alle Experimente mussten sie noch einmal machen – einfach mit Rinderzellen statt mit dem Material von Schweinen.
Ein Burger ohne Saft und Kraft?
Vor einem Jahr war es dann endlich soweit: Gastrokritiker durften zum allerersten Mal in einen Hamburger aus dem Labor beissen. Das Urteil fiel durchzogen aus: Das Fleisch hätte Biss, doch es fehle das Fett, der Saft. Und die «Textur» des Produktes stimme nicht, so die Kritik: Es fühle sich an wie ein Klumpen aus tierischem Eiweiss.
Wurst mit Stammzellen vom Embryo
Biochemiker Haagsman hat sein ursprüngliches Projekt derweil noch nicht aufgegeben. Er forscht weiter und hofft, seine Schweinswurst doch noch präsentieren zu können – doch nun mit Hilfe von embryonalen Stammzellen statt mit Muskelzellen. Das wäre ein weiterer Durchbruch, denn man müsste einem Schwein nicht einmal mehr ein Stückchen Fleisch aus dem Schinken schneiden.
Womöglich würde die Wurst dem Hamburger dann doch die Show stehlen – denn für das Labor-Rindfleisch braucht es heute noch ein wenig Muskelgewebe einer Kuh. Wer weiss, vielleicht gibt es dank Haagsman in 20 Jahren doch Laborwürste im Laden – falls das Geld für seine Forschung diesmal reicht.