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Porträtaufnahmen der Experten
Legende: Andreas Haubensack, Sabrina Odermatt und Joachim Zahn. SRF

Handysucht «Kann eine Handysucht auch Schwindel auslösen?»

Andreas Haubensack, Sabrina Odermatt und Joachim Zahn haben Ihre Fragen im «Puls»-Chat beantwortet.

Fachpersonen im «Puls»-Chat

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Andreas Haubensack

Psychologe

Integrierte Suchthilfe Winterthur

Sabrina Odermatt

Psychosoziale Beraterin

Sozial-BeratungsZentrum Luzern

Joachim Zahn

Sozialarbeiter und Elternbildner

zischtig.ch – Sicherheit und Medienkompetenz

Chatprotokoll

Guten Abend ab wann ist man Handysüchtig besten dank

Andreas Haubensack: dass kann man nicht so per se beantworten. Ein wichtiger Aspekt ist die Frage, was kommt den zu kurz? Kommt es zu Konflikten mit dem Umfeld? Vernachlässige ich andere Lebensbereiche?

Ich konsumiere gerne und viel Medien und habe deswegen sehr viel das Smartphone in der Hand - auch daheim vor den Kindern. Also besser komplett sein lassen, um kein schlechtes Vorbild zu sein?

Sabrina Odermatt: Eltern sollten im Umgang mit Smartphone eine klare Haltung einnehmen und auch Vorbild sein. Dies bedeutet nicht, dass sie ganz auf die Smartphonenutzung verzichten, sondern viel mehr Ihren Kindern einen adequaten Umgang damit vorleben. z.B. während dem Essen und bei Schlafzeiten keine Smartphonenutzung.

Ich beobachte jeden Morgen, wie Schülerinnen und Schüler schon vor der Schule während der halbstündigen Fahrt im Zug am Handy spielen. Ist das nicht bedenklich?

Joachim Zahn: Dieses Verhalten ist aktuell sehr typisch für Teenager. Sie tauschen sich so aus, erfahren den neuesten Klatsch und erfahren, ob es im Stundenplan irgendwelche Änderungen gibt. Die Jugendlichen "müssen" sich im Rahmen ihrer Entwicklung praktisch so verhalten. So gesehen ist dieses Verhalten unbedenklich. Natürlich kann es die Jugendlichen davon abhalten, neue Kontakte zu wagen oder Langeweile auch einfach mal auszuhalten. Problematisch wird dies jedoch erst, wenn sie dieses Verhalten nach der Pubertät fortsetzen. Und Hand aufs Herz: Viele Erwachsene verhalten sich genau so. Sie möchten nicht gestört werden. Also: Kopfhörer auf und Blick aufs Display.

Macht es hinsichtlich der Suchtgefahr einen Unterschied, ob man am Handy vor allem soziale Medien nutzt oder spielt?

Andreas Haubensack: Nein, das macht keinen Unterschied. Das hängt von der Person und ihren Vorlieben ab. Es gibt in beiden Bereichen problematischen oder süchtigen Konsum. Schlussendlich kommt es auf die Auswirkungen des Konsums drauf an. Kommen andere Lebensbereiche zu kurz? Gibt es Konflikte mit dem Umfeld? Kann ich die Dauer des Konsum nicht mehr kontrollieren usw.

Kann das Handy Auswirkungen auf die Zellen haben, also Gifte wie Kohlendioxid unterstützen und schädlich für Vitamin B12 sein?

Andreas Haubensack: Ich bin Psychologe und kein Biologe. Ich kann es mir jedoch nicht vorstellen, dass das so ist. Was man jedoch weiss ist, dass Verhaltenssüchte in den gleichen Hirnbereichen aktiv werden wie substangebunde Süchte, also dem dopaminergen System, dem sogenannten Belohnungssystem, welches dafür verantwortlich ist, dass man Dinge immer wieder tut.

Warum werden die gesundheitlichen Schäden wegen Strahlen der Handys nicht angesprochen?

Chat-Admin: Das Thema der heutigen Sendung und des Chats lauten Handysucht. Handystrahlung ist sicher zu einem anderen Zeitpunkt einmal wieder Thema

+++Ich finde es tragisch, dass eine Familie einer schulischen Heilpädagogin wegen den Handys nicht einmal gemeinsam frühstücken kann!+++

Überbordender Smartphonegebrauch vor, während und nach der Geburt sowie im Wochenbett? Immer mehr Hebammen berichten davon. Das Baby ist völlig darauf angewiesen, dass seine Eltern ganz "da" und nicht am Handy sind. BLIKK STudie der deutschen Kinderärzte zeigt Störungen bereits der jüngsten Kinder: Ess-Schlaf-und Verhaltensstörungen.Müsste es nicht Bestrebungen zum Schutz der Babys geben? Ein Rauchverbot im Kreissaal ist schliesslich auch selbstverständlich. Da zeigt sich ein neues Arbeitsgebie

Joachim Zahn: Die BLIKK-Studie untersuchte die Folgen der Handy- oder Tablet-Nutzung bei Kindern bis 7 Jahren. Die Studie zeigte, dass sich schon bei einer relativ geringen täglichen Nutzung Entwicklungsstörungen ergeben können. Da es hierbei um ein neueres Phänomen geht, gab es bislang keine sicheren Untersuchungen. Weil das Phänomen noch neu ist, werden sich viele Regeln auch erst entwickeln müssen. Dies ist dringend notwendig. Solche Regeln werden die Betreuung von Kleinkindern betreffen. Vielleicht aber auch den Kreissaal. Für sensible Orte könnte es auch durchaus so sein, dass feste Bestimmungen oder gar Gesetze erarbeitet werden. So wie in vielen Zürcher Heimen. In diesen dürfen Handys vom Personal nicht mitgetragen werden.

Weshalb geht man hier der Frage aus dem Weg, was das Handy für wirtschaftliche Folgen am Arbeitsplatz hat? Die Arbeitnehmer haben durch die Nutzung der Handys enorme Arbeitszeiteinbussen.

Chat-Admin: Das ist ebenfalls ein spannendes Thema - uns hat in dieser Sendung aber eher interessiert, wie sich die Handynutzung aufs Familienleben auswirkt und wie es mit einem Handyentzug geht. Alles passt leider nicht in eine Sendung!

Mein Partner ist meiner Meinung nach Handy süchtig. Fast Tag und Nacht  spielt er Spiele oder jasst oder surfed auf FB, kauft ein etc. Seit einigen Monaten leidet er an extremen Schwindel. Auf meinen Vorschlag mal das Handy  wenigstens bis nach dem aufstehen weg zu lassen. Wil er nichts wissen. Der Schwindel hätte nichts damit zu tun. Was ist ihre Meinung?

Sabrina Odermatt: Lobenswert ist, dass Sie bereits das Gespräch mit Ihrem Partner gesucht haben. Ich empfehle Ihnen weiterhin das Gespräch mit ihm zu suchen. Dabei kann es hilfreich sein, wenn Sie Ihr Interesse an seinem Handykonsum zeigen, ihm von Ihren Wahrnehmungen berichten und dabei versuchen nicht zu werten. Überlegen Sie sich, welches Ihre Bedürfnisse und Wünsche sind und sprechen Sie diese an. Wenn Sie sich beispielsweise Sorgen um seine Gesundheit beim Thema Schwindel machen, kann es eine andere Wirkung auf Ihren Partner haben, wenn Sie ihm dies als Sorge um sein Wohlbefinden und nicht als Vorwurf kommunizieren. Handysucht kann nicht alleine aufgrund der Nutzungsdauer definiert werden. Anzeichen für einen problematischen Handykonsum können beispielsweise sein, wenn Ihr Partner sich vermehrt zurückzieht, andere Interessen und Bedürfnisse (beispielsweise das Bedürfnis nach Schlaf) vernachlässigt oder er auf die Nutzung angewiesen ist, um Stress abzubauen.

EineFrage stimmt es das man das Handy abstellen muss ...auch wenn es auf dem Nachttischli ist...

Chat-Admin: Heute ist leider keine Fachperson für elektromagnetische Strahlung anwesend. Was ich Ihnen aber aus vorangegangenen Sendungen zu diesem Thema sagen kann: Neben dem Bett sollte man das Handy auf Flugmodus umstellen.

Jeden Tag um etwa 04:00 Uhr wache ich automatisch auf um die Onlineausgabe der Zeitung zu lesen die um diese Zeit veröffentlicht wird. Manchmal störe ich mich selber ab meinem Verhalten, kann ich etwas dagegen tun? Danke

Joachim Zahn: Wenn Sie dieses Verhalten stört, so ist das sicher ein guter Anfang. Auf die Schnelle ist eine Antwort jedoch schwierig. Wann würden Sie ohne Online-Ausgabe aufstehen? Worum geht es beim Drang nach den "Frühen News"? Diese letzte Frage ist jedoch für viele der Schlüssel zur Veränderung. Was gibt ihnen dieses Verhalten? Es muss sich ja irgendwie lohnen. Wenn Sie diese Frage beantworten können, so könnte das helfen, diesen "Gewinn" auch anders zu erlangen. Ein Beispiel: Vielleicht gibt ihnen dieser Moment des News-Studiums das Gefühl einer stillen und guten Vorbereitung auf den Tag. Dies könnten Sie vielleicht auch mit einem Buch mit Kurzgeschichten erreichen. Wichtiger ist vielleicht mehr, dass Sie vor der Familie oder den Nachbarn auf sind, dass Sie noch Ruhe haben, dass Sie sich für den Tag gerüstet fühlen.

+++Keine Frage, nur eine Feststellung. Nach dem Skandal um die geklauten Daten bei Facebook habe ich das Konto mal deaktiviert. Nicht gelöscht. Hat ja noch diverse Bilder drauf. Mal schauen wie das rauskommt.+++

Ich verzichte seit nun 3 Jahren komplett auf das Handy. Ich war in dieser Zeit unterwegs um die ganze Welt und habe dabei Kommunikationsmittel äusserst selten benutzt. Ich hatte nie Mühe mit diesem Verzicht. Man kann sich sehr einfach anders beschäftigen, wenn man keine andere Möglichkeit hat. Der Verzicht auf das Handy stellt jedoch Probleme dar, das Gerät ist auf der danzen Welt bereits sehr verbreitet und vieles geht ohne Handy oder andere Kommunikationsmittel heutzutage nicht.

Sabrina Odermatt: Kompliment, dass es Ihnen gelungen ist so lange gut ohne Handy auszukommen. Ihr Beitrag zeigt auf, dass es auch ohne Handy geht.

Habe Facebook entfernt. Reicht das?

Andreas Haubensack: Aus der kurzen Frage geht nicht genau hervor, für was das reichen soll. Ich gehe davon aus, dass Sie Facebook übermässig genutzt haben. Wenn Sie so den Konsum reduzieren konnten, reicht das. Ansonsten wäre ich froh um eine genauere Fragestellung.

Wie schädlich ist ein 3 stündlicher Handygebrauch pro Tag? Moble Daten / WLan eingeschaltet.

Andreas Haubensack: 3 Stunden Handybebrauch muss nicht schädlich sein. In der heutigen Zeit kommt man ja schnell mal auf eine Anzahl von Zeit (News lesen, Spielen, Fahplan konsultieren usw. Sollten Sie einen Bereich des Handys mehr nutzen als Ihnen lieb ist, können Sie sich fragen, ob ein anderer Lebensbereich zu kurz kommt, z.B. Hausaufgaben, Hobby, Familie. Dann lohnt sich die Frage, ob Sie den Konsum reduzieren wollen/sollen. Ansonsten sehe ich 3 Stunden nicht als schädlich an.

Spannendes Thema und interessantes Experiment mit dem Handy-Verzicht, wobei man die Kompensation über das Notebook auch hätte einschränken sollen. Was mich noch weiter interessiert, sind die Strahlenwerte der Handys. Wie stark sind die Strahlen-Belastungen bei welcher Handhabung und ab wann wird es potentiell schädlich? Worauf sollte besonders geachtet werden? Reduzieren Head-Sets die Belastung und wie verhalten sich die Unterschiede zwischen Head-Sets mit Kabel und Bluetooth? Besten Dank.

Chat-Admin: Im heutigen Chat zum Thema Handysucht ist leider kein Experte für elektromagnetische Strahlung anwesend. Ich habe aber kürzlich einen Artikel zum Thema geschrieben und kann sagen: Experten raten: Handy immer so weit weg vom Kopf wie möglich, telefonieren am besten nur mir Headset. Je schlechter der Empfang, desto stärker die Strahlung (die ja eigentliche elektromagnetische Wellen ist). Neben dem Bett sollte das Gerät auf Flugmodus. Und es gibt (noch?) keine Belege, dass Handys schaden. Zu Bluetooth/Kabel kann ich nichts sagen

Wenn man viele Freunde auf Facebook hat, kommen auch sehr häufig Meldungen, Rückmeldungen und Benachrichtigungen rein. Ständig bist du irgendwas am schauen. Deshalb verzichte ich jetzt auf Facebook. Ich fragte reicht das? Da ist ja noch WhatsApp, Telegram usw... Ich finde das ist mal ein Anfang.

Andreas Haubensack: Ich finde auch! Das ist mal ein Anfang, gratuliere! Es kommt drauf an, wie stark Sie sich durch den Handykonsum eingeschränkt, abgelenkt oder gar gestresst fühlen. Je nach dem würde ich den Konsum reglementieren. Ich empfehle jeweils die Pushup-Benachrichtigungen auszuschalten oder nur noch morgens und abends die Emails zu checken usw. Frage beantwortet?

Ich gehe in die 8. Klasse, da läuft sehr viel im Klassenchat! Husi oder sonstige Diskussionen treffen da jeden Tag ein. Als ich mein Handy einen Tag nicht mehr fand, war ich machtlos! Ich wusste nicht wie die Husi ging, die Nachricht des Lehrers bekam ich nicht usw.. An diesem Tag fragte ich mich, ob es ohne Handy noch geht, oder wie viel Zeit am Handy noch gesund ist.

Joachim Zahn: Ja, das Handy hat viele Funktionen übernommen und alte Hilfsmittel wie ein Hausaufgabenheft oder den Klassenalarm abgelöst. Um nur zwei Beispiele zu nennen. Sie zeigen, dass vieles ohne Handy tatsächlich nicht mehr geht. Um so wichtiger kann es werden, aktiv für die Online-, Offline-Balance zu sorgen. Viele Jugendliche beginnen nach dem 9. oder 10. Schuljahr kritischer auf neue Anwendungen zu schauen. Es muss nicht jede neue App installiert werden. Es wird erkannt, dass das nur Stress macht. Auch die ständige Erreichbarkeit wird in diesem Alter meist hinterfragt und von vielen nicht mehr angestrebt. Übrigens: Man kann gewisse Funktionen auch wieder vom Handy wegnehmen. Prüfen Sie die Verwendung von Notizbüchern. Papier und schöne Stifte sind ein sehr schönes Erlebnis. Auch Mails braucht man nicht auf dem Handy zu bearbeiten.

Inwiefern ist intensiver Handykonsum für Augen schädlich? Kurzfristig und langfristig?

Joachim Zahn: Tatsächlich kann die Handynutzung einen negativen Einfluss auf die Augen haben. Es gilt als bestätigt, dass Kinder die mehr am Handy sind logischerweise mehr "Naharbeit" machen UND ausserdem weniger am Tageslicht sind. Dies führt nachweislich bei vielen zu Kurzsichtigkeit. International gesehen ist die Zunahme dieser Erkrankung alarmierend. Ausserdem gibt es Studien die darauf hinweisen, dass die spezielle Wellenlänge des LED-Lichts die Netzhaut schädigen kann. Die internationale Forschergemeinschaft ist sich jedoch noch nicht einig.

Chat-Admin: Der Chat ist beendet. Vielen Dank für Ihr Interesse. Weitere Informationen finden Sie hier: https://www.srf.ch/sendungen/puls/zehn-tipps-fuer-einen-vernuenftigeren-handygebrauch

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