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Porträtaufnahmen der Experten
Legende: Prof. Jörg Beyer, Dr. Eva Maria Tinner und Zuzana Tomášiková SRF
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Krebsnachsorge «Kann auch eine reine Strahlentherapie Spätfolgen haben?»

Jörg Beyer, Eva Maria Tinner und Zuzana Tomášiková haben Ihre Fragen im «Puls»-Chat beantwortet.

Fachpersonen im «Puls»-Chat

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Prof. Jörg Beyer

Chefarzt Medizinische Onkologie

Inselspital Bern

Dr. Eva Maria Tinner

Kinderonkologin

Inselspital Bern und Kantonsspital Baselland

Zuzana Tomášiková

Projektverantwortliche Fachstelle Survivors

Kinderkrebs Schweiz

Chatprotokoll

Ich leide nach der Bestrahlung des kleinen Beckens (Rektumkarzinom) an einer Vaginal Stenose. Warum wird hier nicht besser aufgeklärt/ begleitet/ nachgesorgt? Ich wurde im Darmkrebszentrum Liestal betreut und habe keine Info/ Betreuung während der Bestrahlung bekommen

Jörg Beyer: Ganz selbstverständlich müssen wir Ärztinnen/Ärzte über die wichtigsten Nebenwirkungen aufklären. Die unmittelbaren Folgen einer Strahlentherapie gehören hierzu. Wenn Nebenwirkungen auftreten (was sich nicht immer vermeiden lässt), ist es unsere Aufgabe, diese zu erkennen, und die Beschwerden so gut es geht zu lindern. Dazu dient die Nachsorge unter anderem. Wenn die Kollegen in Liestal dies nicht gemacht haben, sprechen Sie die KollegenInnen direkt an. Es gehört sicher Mut dazu, aber es lohnt sich meistens. Sagen Sie Ihnen, dass Sie Informationen möchten, und vor allem wie man Ihnen jetzt helfen kann.

Guten Abend, Mit 19 erhielt ich Temodal und eine Protonenbestrahlung sowie Cortison (hochdosiert mit Cushing) aufgrund eines Astrozytoms im Hirnstamm. Bis heute werde ich jährlich durch ein MRT und 5-jährig mit Blutbild kontrolliert. Auf was muss ich noch achten? Bzw. soll ich mich an jemandem wenden?

Eva Maria Tinner: Die Liste ist bei einer kombinierten Chemotherapie und Bestrahlung ziemlich lang. Alle Empfehlungen basieren auf Risiken, das heisst, sie müssen nicht unbedingt auftreten aber könnten etwas früher auftreten als bei Altersgenossen. Da Sie viel Cortison erhalten haben, wäre eine Empfehlung mindestens einmal die Knochendichte messen zu lassen. In Bezug auf das Temodal wäre es möglich, dass Ihre Eierstöcke etwas weniger Eizellen enthalten als in Ihrem Alter üblich. Das kann zu Problemen mit der Fruchtbarkeit führen und auch zu einer früheren Menopause führen. Probleme mit dem Blutbild treten normalerweise in den ersten 10 Jahren nach Abschluss der Therapie auf und müssen nicht unbedingt weiter kontrolliert werden. Im Gebiet, wo sie bestrahlt wurden, sollten Sie die Haut monatlich genau anschauen und sich jährlich durch einen Dermatologen kontrollieren lassen. Wenn bei Ihnen neue Kopfschmerzen auftreten oder eine Schwellung im bestrahlten Gebiet auftreten würde, lohnt es sich, wenn ein Arzt sie kontrolliert. Eigentlich sind Protonenbestrahlungen sehr präzise, von dem her würde ich eher keine Probleme mit der Schilddrüse erwarten aber wenn Sie müde sind, sollte man das und jährlich das mogendliche Cortisol kontrollieren. Wenn Sie mehr wissen möchten, müssten Sie in eine spezialisierte Sprechstunde kommen.

Wie bekommt man diesen Carepass? Muss man ihn beantragen?

Zuzana Tomášiková: Im Moment wird der Passport for Care bei der Nachsorgesprechstunde in Liestal und am Inselspital Bern erstellt und ausgehändigt. Es handelt sich dabei um einen "Produkt", welcher eine Zusammenfassung der Therapie und persönliche Nachsorge-Empfehlungen beinhaltet. Dabei ist es wichtig, dass die Unterlagen der eignen Behandlung vorliegen, bzw. von dem Behandlungszentrum zur Verfügung stehen. Dies ist für Patienten, die in der letzten Jahren behandelt wurden normalerweise kein Problem, jedoch bei Patienten, deren Behandlung 20 oder mehr Jahre zurückliegt, kann es zu einem aufwendigen Prozess führen. Sie können sich direkt an die Nachsorgesprechstunde in Liestal wenden. Ich würde Ihnen auch empfehlen, Ihr damaliges Behandlungszentrum zu kontaktieren. Eine aktuelle Liste zu Nachsorgeangeboten finden Sie mit den entsprechenden Details auch auf unserer Webseite: https://www.kinderkrebs-schweiz.ch/nachsorge/beratung-information/Sprechstunde.html

Guten Abend. Ich bin 51 Jahre alt und hatte im Jahr 2000 die Krebsdiagnose Morbus Hodskin. Nach 10 Jahren wurde die jährliche Kontrolle eingestellt. Macht es sinn bei mir nach fast 20 Jahre wieder einmal einen Check beim Hausartzt oder sogar beim Spezialisten zu unterziehen? Besten Dank im voraus.

Jörg Beyer: Erstmal herzlichen Glückwunsch. Ihre Erkrankung ist mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit geheilt. Ein Check beim Hausarzt macht aus meiner Sicht auf jeden Fall Sinn. Veränderungen der Blutfette, Bluthochdruck und auch Folgekrebserkrankungen sind bei Menschen, die vor vielen Jahren eine Krebsbehandlung hatten häufiger als in der übrigen Bevölkerung. Neben einer körperlichen Untersuchung und einem Labor, rate ich beim Hausarzt die üblichen Früherkennungsuntersuchungen durchführen zu lassen. Dazu gehört z.B. ab ca. 50 Jahren eine Darmspiegelung und eine Untersuchung der Haut. Er wird Sie beraten. Wichtig für Sie ist aber auch eine "gesunde" Lebensweise mit viel Aktivität, gesundem Essen, Nikotinabstinenz und wenig Alkohol.

Bei meiner Enkelin, heute 26 Jahre alt, stellte man an ihrem 1.Geburtstag ein Neuroplastom fest. Während mehr als 2 Jahren kämpfte sie im Kispi Zürich ums überleben. Macht es Sinn, nach so vielen Jahren auf ev. Spätfolgen sprechen zu kommen. (Sie und ihre Eltern wissen nichts von meiner Anfrage)

Eva Maria Tinner: Meiner Meinung nach, ist es sinnvoll, wenn Ihre Enkelin eine Nachsorge bekommt. Die Spätfolgen nehmen mit zunehmendem Alter zu, weil die bereits geschädigten Organe altern und sich Schäden dann zeigen können. Eine Neuroblastomtherapie ist normalerweise ziemlich aggressiv und enthält mehrere Komponenten, die Spätfolgen verursachen können.

vor 12 J Brustkrebs, dann 5 J Tamoxifen,seit 2 J Oberschenkelmuskelschwund,den sich mein Hausarzt nicht erklären kann.

Jörg Beyer: Ein Schwund der Oberschenkelmuskulatur ist in der Tat ungewöhnlich als Nebenwirkung der von Ihnen geschilderten Therapie, und kann sehr unterschiedliche Gründe haben - vielleicht sogar gar nicht im Zusammenhang mit der Krebserkrankung und deren Behandlung stehen. Wenn es im Alltag ein Problem darstellt rate ich, dass Ihr Hausarzt eine Überweisung in eine rheumatologische Sprechstunde ausstellt, dass KollegenInnen dieser Beschwerde nachgehen.

Ich hatte 2014 Unterkiefer-Speicheldrüsenkrebs. Nach den Operationen wurde ich bestrahlt. Damals musste ich 2xtäglich die Zahnschiene mit Fluor bestreichen und während 10 Minuten tragen. Ein Arzt sagte mir, dass ich das solange machen soll, bis ich wieder normale Speichelbildung habe und ein anderer riet mir zu lebenslanger Anwendung. Kann es auch nach fast 5 Jahren noch Folgeschäden an den Zähnen geben?

Eva Maria Tinner: Die Speichelbildung kann lebenslang erniedrigt bleiben nach so einer Therapie und dadurch Karies begünstigen. Bei Kindern raten wir zu 6 montlicher Dentahygiene und jährlichem Zahnarztbesuch. Wenn die Schiene nicht zu unangenehm ist, würde es sich wahrscheinlich lohnen, sie weiterhin zu tragen.

Ich hatte heute meinen ersten Termin zur Nachsorge (Mamma-Ca). Jetzt soll ich mich entscheiden, ob ich die weitere Nachsorge im Spital machen lasse (Verbund von mehreren Gyn, meine jetzige Ansprechs - und Vertrauensperson ist nicht darunter) oder einer niedergelassenen Gynäkologin meines Vertrauens. Ich tendiere zur niedergelassenen Ärztin, da ich mich dort ebenfalls kompetent beraten fühle, und sie ja auch weitere Abklärungen veranlassen kann. Gibt es Argumente, trotzdem ins Spital zu gehen?

Jörg Beyer: Wichtig ist zunächst, dass Sie eine Ärztin bzw. einen Arzt haben, der/dem Sie vertrauen. Oft ist ein Problem am Spital, dass die Ansprechpersonen häufig wechseln. Das ist nicht gut, lässt sich aber nicht immer vermeiden. Deshalb gehen viele Menschen lieber zu den niedergelassenen KollegenInnen, was man gut verstehen kann. Der nächste Punkt ist die Kompetenz der niedergelassenen Ärztin bzw. des Arztes die/der Sie betreut. Fragen Sie einfach die Kollegin bzw. den Kollegen danach, ob sie oder er mit der Nachsorge vertraut ist. Wenn dies der Fall ist, sehe ich keinen Grund, die Nachsorge nicht bei Ihrer niedergelassenen Ärztin zu machen. Bestimmte apparative Untersuchungen werden dann wahrscheinlich ohnehin im Spital durchgeführt werden müssen (z.B. Mammographie, CT, MRI etc.).

Guten Abend. Gelten diese Massnahmen auch bei Leukämie?

Eva Maria Tinner: Auch die Behandlung einer Leukämie kann Spätfolgen bewirken, wenn auch meistens weniger ausgeprägte als bei einer Therapie eines Sarkoms oder Hirntumors. Meine Meinung ist, dass es sinnvoll ist, eine Zusammenfassung der eigenen Therapie zu verlangen und eine Liste der Nachsorge-Empfehlungen, damit man selbst entscheiden kann, ob sich eine regelmässige Nachsorge lohnt oder nicht.

+++ Danke Herr Beyer für Ihre Antwort. ich ging dann tatsächlich zu einem Rheumatologen und Neurologen. Letzterer stellte den 4. abgestorbenen Nerv in beiden Beinen fest - die anderen Nerven würden aber dessen Funktion übernehmen. Also habe ich insgesamt immer noch keine Antwort auf meine Frage. +++

Grüezi. Vor zwei Jahren hatte ich eine Immunteraphie yervoi iplimulab 4 Dosen Abstand 3 Wochen, Diagnose Melanom Stadium 3b kann man schon etwas sagen wegen Langzeit Nebenwirkungen? Ich habe Gelenke und Muskel Beschwerden.

Jörg Beyer: Beide Medikamente haben die Therapie von Melanomen revolutioniert. Da beide Medikamente sehr neu und erst seit wenigen Jahren im Einsatz sind, können wir zu den Langzeitfolgen noch sehr wenig sagen. Dennoch ist durchaus zu erwarten, das so genannte "Autoimmunphänomene" durch ein sehr aktiviertes Immunsystem auftreten werden. Dies kann sich z.B. auch in Schmerzen an Muskeln und Gelenken bemerkbar machen. Sprechen Sie Ihre Onkologin bzw. Onkologen darauf an. Einer meiner Patienten bekommt von mir z.B. eine sehr kleine Menge Kortison und die Gelenkschmerzen sind fast weg.

Habe letzten Sommer mit 44 Jahren die Diagnose bekommen, das ich ein ZNS Lymphon habe. Heute habe ich den Hirntumor besiegt, und bin auch schon wieder am Arbeiten 40 % . Habe insgesamt fünf Chemos und die Stammzellenbehandlung hinter mir. Was gibt es zu beachten, und welche Risiken können bei einem Hirntumor ( Krebs ) noch folgen....

Eva Maria Tinner: Für Patienten, die als Erwachsene behandelt wurden gibt es keine so vollständigen Nachsorgeempfehlungen wie für Survivors von Krebs im Kindesalter. Trotzdem kommt es sicher auf die genaue Zusammensetzung Ihrer Chemotherapie an. Die Stammzellenbehandlung führt zu einer vorübergehend schweren Immunschwäche, danach wäre es sinnvoll regelmässig die Haut zu kontrollieren. Wenn Sie Anthrazykline (z.B. Doxorubicin/Daunorubicin) erhalten haben, wäre es gut Ihr Herz mindestens ca. alle 5 Jahre zu kontrollieren. Evtl. haben Sie Cyclophosphamid erhalten. Wenn das der Fall ist, sollten Sie bei Problemen mit Wasserlösen nicht nur an die Prostata sondern auch an Ihre Harnblase denken.

Ich hatte 1997 eine Chemotherapie wegen Brustkrebs Heute bin ich 84 Jahre alt und habe eine vom vom HA diagnostizierte Neuropathie in den unteren Extremitäten. Da es dagegen ohnehin keine Behandlung gibt, frage ich, ob es Sinn macht, diese weiter abzuklären.

Jörg Beyer: Störungen der Nervenfunktion ("Neuropathie") vor allem der Füsse und Hände können tatsächlich eine Folge der Chemotherapie von Brustkrebs sein. Allerdings können auch andere Erkrankungen wie z.B. eine Zuckerkrankheit ("Diabetes mellitus") und andere Erkrankungen solche Beschwerden verursachen. Die wichtigste Frage ist, wie sehr Sie durch die Neuropathie in Ihrem Alltag beeinträchtigt sind. Wenn Sie hierdurch sehr gestört sind, würde sich eine Abklärung lohnen. Gerade ein Diabetes mellitus sollte sicher ausgeschlossen sein

Ich erkrankte im 01/2018 an einem diffus grosszelligen B-Zell-Lymphom des Colon ascendens mit lokaler Perforation mit nachfolgendem R-CHOP vom März bis Juli 2018. Auf was muss ich im Langzeitverlauf achten (Leukämie-Gefährdung im späteren Verlauf? Wo bekommt man mehr Informationen zu diesem Carepass? Herzlichen Dank!

Eva Maria Tinner: Leider gibt es für Survivors von Krebs im Erwachsenenalter bisher keinen Care Pass. Prinzipiell treten die Leukämien und sonstigen Störungen des Knochenmarks eher früh auf (in den ersten 10 Jahren nach Therapieende). Nach Anthrazykline, wie Daunorubicin, sollte man die Herzfunktion im Auge behalten und weitere Risikofaktoren vermeiden (Rauchen, unkontrollierter Diabetes...). Cyclophosphamid kann die Schleimhaut der Harnblase schädigen und später zu gutartigen oder selten bösartigen Wucherungen führen. Vincristin wirkt auf die Nerven der Arme und Beine schädigend, was sich nach der Therapie meistens bessert aber bei weiterer Belastung zu Neuropathien führen kann.

Ich hatte vor vier Monaten eine dreiwöchige Strahlentherapie, keine Chemo und auch kein Tamoxifen. Sind auch nach "nur" Strahlentherapie Spätfolgen möglich?

Jörg Beyer: Ja in der Tat. Auch eine Strahlentherapie kann abhängig von Dosis und Dauer Spätfolgen auslösen. Die StrahlentherapeutenInnen führen aus diesem Grund regelmässige Kontrolluntersuchungen durch, die Sie wahrnehmen sollten. Dennoch ist der Nutzen der Strahlentherapie in der Regel höher als das Risiko durch die Spätfolgen.

Vielen Dank für die Antwort. Ist es möglich das Hormonschäden die aus der Bestrahlung und Chemotherapie entstanden sind , mit den Jahren verschwinden?

Eva Maria Tinner: Leider ist es so, dass die Beschwerden mit zunehmendem Alter eher zunehmen, weil zum Schaden durch die Therapie der Alterungsprozess kommt. Es gibt aber Erwachsene, die zum Beispiel einen Wachstumshormon-Mangel haben, aber diesen im Erwachsenenalter nicht mehr bemerken, also keine Probleme mit vermehrter Müdigkeit haben. Einen Passport for Care kann man aktuell in Liestal und in Bern im Rahmen der Nachsorgesprechstunde bekommen, wobei in Liestal momentan etwas mehr Kapazität ist.

Ich (65 Jahre) hatte mit 45 Jahren Lungenkrebs (Adeno-Ca pT1, pN1 M0) - Lobektomie des rechten OL und anschliessende Chemotherapie mit Taxol. Dann mit 50 Jahren Brustkrebs (pT1b pN1mi M0 G1) - Operation, Chemotherapie und Bestrahlung und 5 Jahre Tamoxifen. Mit welchen Spätfolgen habe ich zu rechnen und welche Kontrolluntersuchungen sind nach ihrer Meinung nach all diesen Jahren nötig, bzw. angebracht ? Kann ich davon ausgehen, dass ich vom Lungenkrebs geheilt bin ? Freundliche Grüsse

Jörg Beyer: Es ist natürlich schlimm, gleich 2x eine Krebsdiagnose zu erhalten. Dennoch: mit grosser Wahrscheinlichkeit sind Sie vom Lungenkrebs geheilt. Wahrscheinlich auch vom Brustkrebs, obwohl auch an der inital gesunden Brust ebenfalls Tumoren auftreten können. Deshalb ist eine regelmässige Kontrolle beim Hausarzt wichtig, ggf. sogar noch bis zum Alter von ca. 70 Jahre eine Mammographie oder zumindest eine Sonographie 1x pro Jahr. Die Nachsorge sollte im Übrigen alle 6 Monate eine körperliche Untersuchung und Kontrolle von Blutdruck umfassen, sowie ein Labor mit Blutbild, Nierenwerten, Blutfetten und Blutzucker alle 6-12 Monate. Sie selbst müssen mehr noch als wir alle auf eine gesunde Lebensweise achten: viel Bewegung, Gewichtskontrolle, strenge Nikotinkarenz, wenig Alkohol, gesunde Ernährung.

Mein Sohn hatte mit 8Jahren einen Hirntumor Medulloblaston, das war 1990, seit dieser Krebserkrankung hatte er div Erkrankungen, Lympfdrüsenkrebs und 2017 mehrere kleine Hirnschlägli und eine grosse Herzoperation, es ist schwierig was alles kontrolliert werden sollte. Er ist nicht in der Lage das selber zu händeln. Bis anhin machte ich jeweils die Termine. Gibt es eine Stelle, wo alles zusammen gemacht werden kann?

Eva Maria Tinner: Im Moment gibt es in Liestal, Bern und Aarau Nachsorgesprechstunden, die prinzipiell Patienten aus der ganzen Schweiz annehmen. In Liestal und Bern arbeiten wir mit dem Passport for Care, der im Beitrag kurz gezeigt wurde, und versuchen die notwendigen Kontrollen möglichst zu bündeln. Er (oder Sie) dürfen Ihren Sohn gerne anmelden. Auf der Homepage von Kinderkrebs Schweiz finden Sie die Kontaktdaten der einzelnen Sprechstunden.

Guten Abend, ich bin 74 Jahre alt und habe vor 19 Jahren Brustkrebs gehabt. Nach der OP (brusterhaltend) bekam ich eine Chemo- .und Strahlentherapie und anschliessend habe ich 5 Jahre Tamoxifen eingenommen. Vor 3 Jahren wurde erstmals eine Knochendichtemessung gehabt, welche eine Osteoporose in allen Bereichen zeigte. Habe dann 2 Jahre Prolia erhalten und jetzt seit einem Jahr Aclasta. , Mein Hausarzt sagte, dass ich die Therapie jetzt auch beenden könne,

Eva Maria Tinner: Ist die Knochendichte denn jetzt wieder normal? Wenn Sie Zweifel an der Empfehlung haben, lohnt es sich evtl. nach einer Überweisung an einen Endokrinologen zu fragen, weil das sind die Spezialisten für Knochendichte und deren Behandlung.

76 J. 2007 radikale Prostatektomie. Nachbehandlung o. Bestrahlung, Hormontherapie, 4xLucrin Spritzen innert 12 Mt. PSA Wert liegt seither bei jährl. Untersuchungen bei 0.01 resp. <0.02. Verschlimmert hat sich meine Inkontinenz. Dagegen verordnete mir der Urologe Physiotherapie u. Cymbalta 60mg. Vom Apotheker wurde ich vor 60 mg gewarnt u. die Dosis auf 30 mg reduziert. Fragen: bin ich definitf geheilt? Wie lange darf ich Cymbalta 30 mg einnehmen? Sind Nebenwirkungen v. Tumor + Cymbalta?

Jörg Beyer: Definitive "Dinge" auch "definitive Heilungen" gibt es in der Medizin leider nicht. Aber die Wahrscheinlichkeit, dass Sie vom Prostatakarzinom geheilt sind ist sehr sehr hoch. Inkontinenz ist sehr lästig und tritt mit zunehmenden Alter bei Menschen mit oder ohne einem vorangegangenen Prostatakarzinom auf. Allerdings nach Behandlung eines Prostatakarzinoms häufiger. Ob Cymbalta eine so gute Idee ist, bin ich mir nicht sicher. Wenn Sie es vertragen o.k., aber viele Menschen vertragen es nicht. Ich setze es sehr ungerne ein. Physiotherapie ist da schon viel besser, auch wenn ich fürchte, dass die Inkontinenz nie ganz vollständig verschwinden wird.

Ich hatte vor 30 Jahren Hodenkrebs und musste damals Bestrahlungen machen. 2 Jahre später eine Chemotherapie wegen Ablegern in der Lunge. Vor 5 Jahren machte ich mit 50 eine Darmspiegelung wobei 3 Polypen entdeckt wurden. Einer dieser Polypen war bösartig und musste operiert werden. Danach Chemotherapie. Es wurden nun bei den jährlichen Darmspiegelungen jeweils 1-3 gutartige Polypen entdeckt und entfernt. Könnten diese Dickdarmpolypen eine Folge der Bestrahlungen vor 30 Jahren sein?

Eva Maria Tinner: Das ist gut möglich. In den Richtlinien, die wir für Kinder mit Krebserkrankungen benutzen (Childrens Oncology Group) wird seit letztem Herbst nach jeglicher Bestrahlung im Bauchbereich ab dem 30. Geburtstag alle 5 Jahre eine Kolonoskopie empfohlen.

Guten Abend, ich bin 63 Jahre alt und hatte 1980 einen M. Hodkgin. Ich operiert und bestrahlt worden im Oberkörper, anschliessend eine Chemotherapie. 1998 und 2011 hatte ich ein Brust Ca. Ich frage mich, gibt es eine Stelle für die Nachsorge von M. Hodkgin Patienten, ich bin bei meinem Hausarzt zur Nachsorge??

Jörg Beyer: Brustkrebs tritt bei Frauen mit und ohne einem M. Hodgkin in der Vorgeschichte auf, ist aber auch eine typische Nebenwirkungen der Strahlentherapie gerade bei M. Hodgkin. Eine spezielle Nachsorgestelle für Menschen mit M. Hodgkin gibt es nicht. Meistens werden Menschen nach so langer Zeit wie bei Ihnen beim Hausarzt bzw. der Hausärztin betreut. Wenn es Ihnen gut geht, ist das auch völlig in Ordnung so. Wenn nicht kann Ihr Hausarzt bzw. Ihre Hausärztin Sie in eine onkologische Spezialsprechstunde überweisen.

Habe nach 22 Jahren Ruhe wieder Brustkrebs bekommen.Bin jetzt operiert und habe in ca.2 Wochen 35 Bestrahlungen vor. und zugleich Antihormontheraphie mit Letrozol. Auf was muss ich mich alles gefasst machen mit dieser Theraphie. Bin 77 Jahre alt sonst eigentlich noch recht fit. Sportarten sind walken,Velo fahren und turnen. wöchentlich ca. 2 1/2 Stunden.

Jörg Beyer: Ein erneuter Brustkrebs nach so langer Zeit ist schlimm, aber gerade bei Brustkrebs nicht ungewöhnlich. Ohne Details zu kennen klingt die Therapie vernünftig. Meistens wird die Kombination von Bestrahlung und Letrozol gut vertragen. Von der Bestrahlung können lokale Rötung und Empfindlichkeit der Haut auftreten wie bei einem leichten Sonnenbrand. Weiterhin vermehrte Müdigkeit. Letrozol kann Gelenkschmerzen machen. Aber in jedem Fall weiter Sport machen !!

Guten Abend. Mit 15 Jahren bin ich an einem Colon-Karzinom erkrankt. Erst nachdem mein Vater auch daran erkrankte (nach mir) kam ich in ein Vorsorgeprogramm da ich auch einen Gendefekt habe. Mich würde aber am meisten interessieren, was meine damalige Chemotherapie für Folgen hat. Ich habe diverse Schmerzen und der Grund dafür wäre für mich einfacher zu nehmen. Besten Dank.

Eva Maria Tinner: Guten Abend, diese Frage ist nicht einfach zu beantworten, weil ich nicht genau weiss, was Ihre Behandlung genau beinhaltete. Es gibt in Liestal, Bern und Aarau Nachsorgesprechstunden, in die Patienten aus der ganzen Schweiz kommen dürfen. In Liestal und Bern fassen wir als Vorbereitung auf den ersten Termin die alte Krankengeschichte so zusammen, dass wir eine Liste der für Sie empfohlenen Nachsorgekontrollen zusammenstellen können. In Liestal und Bern schicken wir immer noch einen langen Fragebogen vor dem ersten Termin, damit wir je nach Beschwerden der Patienten, den Termin und die Zusatzuntersuchungen anpassen können. Die Kontaktdaten und ein paar Zusatzinformationen finden Sie auf der Homepage von Kinderkrebs Schweiz (Nachsorge).

Ich bin 77 Jahre alt. 10/15 wurde bei mir ein Follikuläres Lymphom Grad 3a Stadium III diagnostiziert. Darauf erfolgten 6 Monate Therapie mit Mabthera und Ribomustin. Anschliessend 2 Jahre lang alle 2 Monate Erhaltungstherapie mit Mabthera. 3/18 konnte mit PET-CT keine Lymphommanifestation nachgewiesen werden. Meine Frage: Welche Kontrollen sind nun in welchen Abständen empfohlen?

Jörg Beyer: Erstmal herzlichen Glückwunsch. Ihre Therapie war sehr gut und es ist gut möglich, dass Sie lange Zeit oder sogar für immer Ruhe vor der Erkrankung haben. Wirklich gute Empfehlungen für Kontrollen gibt es keine. Bei den von mir behandelten PatientenInnen vereinbare ich Kontrolltermine alle 6 Monate beim Hausarzt bzw. der Hausärztin mit klinischer Untersuchung und Kontrolle des Blutdruck sowie im Labor BB und Nierenwerten. Röntgenuntersuchungen CT, PET-CT oder MRI fordere ich erst an, wenn sich der Verdacht ergibt, dass die Erkrankung wieder zurückgekommen ist.

Guten Abend Frau Tinner, Habe noch eine Folgefrage. Es wurde etwa nach 5 Jahren zufällig ein Knocheninfarkt im Oberschenkel festgestellt. Muss das etwas mit Osteoporose zu tun haben? Beste Grüsse und Danke

Eva Maria Tinner: Das ist auch eine ganz typische Folge einer hochdosierten Steroidtherapie vor allem im jugendlichen Alter. Sie ist unabhängig von der Knochendichte. Diese Infarkte können eigentlich in allen Gelenken auftreten. In den grossen Gelenken der Beine merkt man es zuerst, weil diese stark belastet sind. Wenn Sie aber in irgendeinem Gelenk anhaltende Schmerzen bekommen, lohnt es sich die Orthopäden auf das Risiko eines Knocheninfarkts durch Ihre Steroidtherapie hinzuweisen.

PS: Diagnose war 2005. Geht mir heute sehr gut.

Eva Maria Tinner: Das freut mich :-)

1.Brustkrebs OP rs 2012,Hormonbehandl. 4 Jahre+ Bestrahlung. Trotzdem bekam ich in der linken Brust ebenfalls einen Tumor. 2.Brustkrebs OP ls 2016 Hormonbehandl.+ Bestrahlung. Vor kurzem wurde bei mir die Hormonbehandl. als nicht mehr nötig erklärt und abgebrochen. Ist dies wirklich richtig so, wurde diese bei der 1.OP doch für 5 Jahre ausgelegt.?

Jörg Beyer: Vielen Dank für die Frage, die ohne medizinische Details nicht gut zu beantworten ist. Auch ich hätte gedacht, dass nach der Diagnose der Brustkrebserkrankung im Jahr 2016 eine Behandlung über mindestens 5 Jahre angezeigt ist. Aber vielleicht gibt es medizinische Gründe, die Hormontherapie zu beenden. Mein Rat fragen Sie Ihren behandelnden Onkologen bzw. Onkologin danach.

Chat-Admin: Der Experten-Chat ist beendet - danke für die interessanten Fragen! Mehr Informationen zum Thema finden Sie auf https://www.srf.ch/sendungen/puls/spitalbewertungen-krebsnachsorge-hallo-puls-turnfest-sanitaet

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