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Die Fachrunde des Einstein-Chats
Legende: Franz Eidenbenz, Julia Frey, Martin Meyer und Domenic Schnoz srf

Smartphone-Detox «Mein Kind ist handysüchtig. Was kann ich tun?»

Franz Eidenbenz, Julia Frey, Martin Meyer und Domenic Schnoz haben Ihre Fragen im «Einstein»-Chat beantwortet.

Fachpersonen im «Einstein»-Chat

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Franz Eidenbenz
Psychologe und eidg. anerkannter Psychotherapeut mit Spezialgebiet digitale Medien
Affoltern am Albis

Julia Frey
Fachpsychologin Neuropsychologie
Aarau und Zürich

Dr. Martin Meyer
Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie
Oberarzt Zentrum für Abhängigkeitserkrankungen
Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel

Domenic Schnoz
Gesamtleiter Zentrum für Spielsucht und andere Verhaltenssüchte
Schweizerische Gesundheitsstiftung RADIX

Chat-Protokoll

Liebe Experten, ich wende mich an Sie, da ich professionelle Hilfe oder soziale Unterstützung für meine Familie benötige. Meine Frau leidet unter einer starken Handysucht, die sich über die Jahre verschlimmert hat. Sie verbringt täglich 9-14 Stunden auf dem Handy, hauptsächlich in sozialen Medien, was zu Motivationslosigkeit, Reizbarkeit, Unaufmerksamkeit im Alltag und danach zu Schuldgefühlen führt. Sie wurde mit einer Depression und ADHS diagnostiziert, für die sie starke Medikamente einnimmt. Obwohl ich versucht habe, das Thema bei ihrer Psychiatrin anzusprechen, erhielt ich keine wirkliche Hilfe. Die Antwort lautete, dass meine Frau selbst die Motivation finden muss, um etwas zu ändern. Unsere Kinder und ich leiden sehr unter dieser Situation und ich fühle mich machtlos, nicht zu wissen, wie damit umgehen und wo ich Hilfe finden kann. Jegliche Vorschläge in die Natur zu gehen, einfach spazieren führen zu Druck und folglich zieht sie sich zurück um wieder am Handy zu sein. Das Verhalten wird z. t sehr kindisch, was eindeutig von aussen wie eine Abwehrreaktion wirkt. Können Sie uns bitte beraten oder uns an eine geeignete Stelle verweisen, die uns dabei unterstützen kann, mit der Handysucht meiner Frau und den damit verbundenen Problemen umzugehen? Und wie ist es, wenn Sie die Hilfe wieder nicht annehmen möchte? Ich danke Ihnen im Voraus für Ihre Hilfe. Mit freundlichen Grüssen

Martin Meyer: Ihre Situation ist nicht einfach, das kann ich nachvollziehen. Sie scheinen sich gut um Ihre Frau zu kümmern, was mir zeigt, dass Sie sie sehr gerne haben. Dies ist eine schöne Basis für eine Veränderung und gleichzeitig auch so schmerzhaft, wenn es nicht klappt. Ich empfehle Ihnen, selber zu einer anderen Fachperson zu gehen, und darüber zu sprechen. Nehmen Sie Ihre Kinder mit, um über die gemeinsamen Sorgen zu sprechen und sich mit ihnen zu verbinden. Ihre Frau scheint Therapie in Anspruch zu nehmen, was gut ist. Vielleicht fragen Sie die Therapeutin Ihrer Frau nochmals für ein Paargespräch oder besser ein Familiengespräch. In Bezug auf das Thema Handy schauen Sie in Ihrer Region nach einer Fachstelle für Verhaltenssüchte und organisieren Sie am besten einen Beratungstermin mit der ganzen Familie. Die Kombination aus Mediensucht, Depression, ADHS ist uns ein bekanntes klinisches Bild und könnte mit diesem Ansatz vielleicht eine neue Perspektive für eine Veränderung bringen. Grundsätzlich empfehle ich Ihnen auch für sich gut zu sorgen, damit Sie die Kraft haben, weiterhin als Stütze für Ihre Frau und Kinder gesund zu bleiben.

Warum haben Kurz-videos wie TikToks und Reels so ein grosses Suchtpotenzial? und kann man denen aus dem Weg gehen, ohne alle Apps löschen zu müssen? Ich möchte den Kontakt zu meinem Umfeld nicht verlieren, doch mittlerweile haben alle Social Media Apps Tiktok-ähnliche Formate.

Domenic Schnoz: Der Schlüssel für die starke Sogwirkung von Reels und Shorts liegt im Algorithmus, der sehr schnell lernt, was uns gefällt. Entsprechend werden uns immer mehr solcher Inhalte angezeigt. Manchen Menschen hilft es daher, den Algorithmus bewusst zu überlisten bzw. umzuprogrammieren. Das heisst, Sie können versuchen, eine Zeit lang verstärkt nach Inhalten zu suchen, die sie gar nicht interessieren und dann die angezeigten Reels und Shorts zu diesen uninteressanten Themen zu liken. Der Algorithmus «lernt» dadurch, Ihnen etwas anzuzeigen, das Sie aber eigentlich gar nicht interessiert, wodurch Sie wiederum viel weniger versucht sein werden, die angezeigten Shorts und Reels zu konsumieren, bzw. immer weiterzuswipen. Dies kann den Sog deutlich verringern.

Guten Abend
Ja es ist ein Fluch und mir macht das ganz grossen Kummer. Unsere Töchter, 16 und 19 sind ständig am Handy. Oder noch schlimmer, wenn die jüngere Tochter von ihrer Arbeit (Lehre) nach Hause kommt geht sie direkt ins Zimmer, klappt das Laptop auf und spielt (Fortnite) bestimmt 2 Stunden lang. Sie ist aggressiv geworden und unterhält sich mit uns kaum noch. Ich als Mutter, probiere ihr das JEDEN Tag auszureden und versuche, dass sie ihre Schulaufgaben zuerst macht und dann könnte sie dann spielen. Aber ich habe keine Chance. Ich vermute langsam, meine Tochter ist Computer (Spielsüchtig). Auch an Wochenenden ist es noch schlimmer. Sie sitzt im Zimmer und bleibt dort Stunden für Stunden. Die Familie geht skifahren oder mit dem Hund raus; sie bleibt im Zimmer und starrt in den PC.... Wo kann ich mich da hinwenden? Sie hört mir nicht mehr zu und schottet sich richtigehend ab. Wenn ich mit ihr zu einem Doc möchte, blockt sie total ab und ist dann gegen mich aggressiv. Ich weiss einfach nicht mehr was ich machen soll. Haben Sie mir irgendwelche Infos oder wie muss ich das Problem angehen, damit sie es auch einsieht. Freundliche Grüsse Sorgenvolle Mutter

Martin Meyer: Ich kann gut nachvollziehen, dass Sie sich als Mutter Sorgen machen, und versuchen alles Mögliche zu tun, dass es Ihrer jüngsten Tochter besser geht. Offensichtlich scheint Sie etwas zu beschäftigen. Krisen von Teenagern sind manchmal anstrengend und schwierig auszuhalten als Eltern. Krisen können sich aber auch wieder auflösen. Ein wiederkehrender Konflikt, so wie Sie ihre Situation beschreiben, führt manchmal zu einer Pattsituation, welche man alleine nicht mehr entwirren kann, wobei beide Parteien viel Druck aufeinander ausüben und aus der hochemotionalen Stimmung nicht mehr herauskommen. Ich denke, es könnte hilfreich sein, wenn Sie sich mit Ihren Anliegen an eine Fachstelle wenden und sich beraten lassen, wie Sie als Mutter mit Ihren Emotionen und Überforderung umgehen können. Beziehen Sie die anderen Familienmitglieder mit ein, denn ich nehme an, die machen sich auch Sorgen. Organisieren Sie in einer ruhigen Stunde eine Familiensitzung und sprechen darüber wie es ihnen geht, und nicht, was Sie von den anderen erwarten. Als Mutter fungieren Sie weiterhin als Rollenmodell für Ihre Tochter, auch wenn Jugendliche sich zunehmend an ihren gleichaltrigen Peers orientieren. Ihre Tochter kann dann beobachten, und merkt, dass der Druck sich verändert und es vielleicht hilfreich sein kann, auch fremde Hilfe anzunehmen. Ich wünsche Ihnen viel Kraft und Mut etwas zu unternehmen und dranzubleiben.

Welche Auswirkungen hat es auf Kleinkinder, wenn sie beobachten, dass in ihrer Gegenwart intensiv Handys genutzt werden?

Domenic Schnoz: Kleinkinder saugen alle Eindrücke aus ihrer Umgebung auf. Wenn in dieser ein starker Handykonsum präsent ist, vermittelt dies dem Kleinkind, dass es normal ist, sich intensiv mit dem Handy zu beschäftigen. Entsprechend wird es wahrscheinlich ein starkes Interesse dafür entwickeln.

Nimmt die Sucht tendenziell wieder ab oder zu? Irgendwie habe ich das Gefühl (ich bin aber Jahrgang 62 aber habe viel mit Jungen zu tun) dass die sogenannte Gen Z eher wieder mehr Zeit ohne Handy verbringt oder es zumindest produktiver nutzt und das Leben wieder bewusster wahrnimmt als vorher. Würde mich interessieren, ob das stimmt.

Franz Eidenbenz: Interessante und zugleich schwierig zu beantwortende Frage. Während der Coronazeit hat der Konsum zugenommen. Zwischenzeitlich gibt es zum Glück wieder mehr Möglichkeiten für reale Treffen, die von Jugendlichen genutzt werden. Die Mehrheit der Jugend geht konstruktiv mit dem Handy um, auch wenn die Nutzungszeiten zunehmen. Es gibt ja auch zunehmende Möglichkeiten und das Handy für allen als Instrument im Alltag wichtiger. Ich bin zuversichtlich, dass die Jungen und wir lernen konstruktiver mit den technischen Möglichkeiten umzugehen. Es braucht aber auch Warnhinweise und Regulationen bei toxischen bzw. süchtig machenden Anwendungen.

Finden Sie es gut oder schlecht, dass Kinder mittlerweile auch Handys und Tablets in Schulen benutzen dürfen? Einersits kann dadurch die Sucht vielleicht gesteigert werden, andererseits kommt man heutzutage ja nicht drum rum.

Julia Frey: In der Schule stellt sich die Frage, welche Medien eingesetzt werden sollen, um das Lernen zu unterstützen. Wenn Lehrpersonen diesbezüglich gut ausgebildet sind, kann sich das Einsetzen von digitalen Tools als hilfreich erweisen. Der Unterricht sollte aber ausgewogen sein und nicht nur aus E-Learning-Tools bestehen. Man weiss zum Beispiel, dass wir komplexe Zusammenhänge besser verstehen, wenn wir Texte nicht auf einem Bildschirm lesen und dass handschriftliche Notizen mit einem Vorteil beim späteren Abruf einhergehen. Vorteile von Tablets können sein, dass Inhalte individualisierter bearbeitet werden können, was z.B. das Tempo angeht, dass die Kinder sofort Feedback erhalten und so falsche Inhalte gar nicht erst abgespeichert werden. Ausserdem führt es zu Abwechslung und kann die Lern-Motivation erhöhen. Bei den Nachteilen muss u. a. an ein erhöhtes Ablenkungspotenzial gedacht werden. Im Zusammenhang mit digitalen Medien im Unterricht sollte zudem immer das Vermitteln von Medienkompetenzen auch auf dem Programm stehen.

Guten Abend
Mein Partner ist süchtig nach Sportwetten. Er verbringt damit mehr Zeit als er in seine Beziehung investiert. Was kann ich tun?

Domenic Schnoz: Sportwetten können in eine Gelspielsucht führen, die ähnliche Auswirkungen haben kann, wie beispielsweise eine Alkoholsucht. Versuchen Sie Ihren Partner auf seine Sportwetten anzusprechen und ihm mitzuteilen, wie Sie sein Verhalten von aussen wahrnehmen. Sie können ihm mitteilen, dass Ihnen dies grosse Sorgen bereitet und Sie ihm helfen möchten. Versuchen Sie dabei keine Vorwürfe zu machen, sondern sagen Sie ihm, was Ihnen Sorge bereitet und, dass Sie da sind, wenn er sich Ihnen öffnen möchte. Wichtig ist aber auch, dass Sie sich nicht verantwortlich fühlen für sein Verhalten und sich abgrenzen, wenn Sie merken, dass es Ihnen gesundheitlich oder finanziell zu schaden beginnt. Reden Sie mit einer Fachperson darüber. Diese sind auch für Angehörige da. Unter https://www.sos-spielsucht.ch/de/ finden Sie weiterführende Hilfe.

Meine Söhne sind zwischen 10 – 12 Jahre alt. Sie nutzen mein altes Handy, welches nur zu Hause Internet-Empfang hat. Zu Beginn lautete es, dass der Ältere das Handy nutzen wollte um über Apps mit den Klassenkameraden in Kontakt zu bleiben. Mittlerweile wird das Handy für Mini Spiele, Snapchat, Wetter oder für lustige Fotoaufnahmen genutzt. Morgens, mittags, abends. Ohne Medien läuft nichts. In der Schule haben sie gute Noten, aber ich merke, dass die Handy Nutzung zu extrem wird und nicht selbstkontrolliert wird. Wie viele Stunden Bildschirmzeit sind noch für einen Jugendlichen gesund und wie kann ich den beiden die Handy Zeit reduzieren ohne auf Konfrontation zu stossen?

Franz Eidenbenz: Guten Abend Es ist normal, dass es Auseinandersetzungen um den Handykonsum mit Jugendlichen gibt. Sie als Eltern haben das Recht und auch die Aufgabe, Grenzen zu setzen und das gemeinsam zu besprechen. Das geht wie gesagt nicht ohne Konflikte. Das ist auch nicht das Ziel, sondern fair zu streiten und Regeln zu begründen. Es geht weniger um die Dauer der Bildschirmzeit, sondern darum Hausaufgaben zuerst zu machen, rechtzeitig ins Bett zu gehen, Essenszeiten, handyfrei sind usw. Gleichzeitig interessieren Sie sich dafür, was die Jungs online machen. Es gibt durchaus auch sinnvolle Nutzungen, die weniger ein Problem sind.

Wie bringt man einen Kollegen dazu, weniger am Handy zu sein? Denn ich habe in meinem Umfeld einen Kollegen, welcher sehr viel Zeit am Handy verbringt (>4h). Was mir auch auffällt ist, dass er sehr viel Erlebnisse mit dem Handy erzählt. Er ist ständig am Handy und muss uns Kollegen die neusten TikTok-Videos zeigen. Wie kann ich meinen Kollegen dazu motivieren, dass er weniger am Handy ist, und er mehr im echt Leben erlebt.

Julia Frey: Ein wertschätzendes Ansprechen kann der erste wichtige Schritt sein. Dabei können Sie in einem ersten Schritt einfach einmal sagen, was Sie beobachten und wie das für Sie ist, z.B. «Wenn ich sehe, dass du so viel Zeit an deinem Smartphone verbringst, macht mir das Sorgen». Dann können Sie auch ansprechen, was Sie sich stattdessen wünschen würden, z.B. dass Sie gerne wieder einmal etwas mit ihm zusammen im realen Leben unternehmen möchten. Vielleicht können Sie konkrete Vorschläge machen, was Sie gemeinsam unternehmen könnten. Sie zeigen damit Ihrem Kollegen, dass er Ihnen wichtig ist.

guten Abend
unsere Tochter ist nur noch am Handy. Sie hat das Handy immer bei sich: Essen, Badezimmer, Sport, Kolleginnen-Zeit. Ich habe absolut keine Chance sie zu motivieren weniger auf dem Handy zu sein. Deswegen haben wir viel Stress miteinander. Sie verbringt in der Freizeit viel Zeit alleine in ihren abgedunkelten Zimmer mit dem Handy. Sie hat schon Symptome: oft Kopfschmerzen, isst wenig und geht wenig nach draussen. Wie kann ich ihr Helfen? freundliche Grüsse

Franz Eidenbenz: Guten Abend Ihre Tochter scheint ein erhebliches Problem zu haben und erkennt das möglicherweise selber nicht oder schafft es selber nicht das zu ändern. Gut, dass Sie als Eltern das Problem erkennen und vermutlich professionelle Hilfe brauchen. Am besten gelingt das, wenn Sie als Eltern der Tochter in einem guten Moment mitteilen, dass Sie das Problem alleine nicht lösen können und deshalb gemeinsam eine Beratungsstelle aufsuchen möchten. Natürlich können Sie auch nochmals selber versuchen Grenzen zu setzen, doch Ihre Tochter wird das möglicherweise nur schwer akzeptieren. So oder so Ihnen die nötige Energie und viel Erfolg.

Entwickeln wir uns wegen Smartphones tatsächlich weiter, können Sie dazu etwas sagen? Beispielsweise mit dem Handydaumen oder auch verstärker Nackenmuskulatur?

Julia Frey: Grundsätzlich hat alles, was wir regelmässig tun, Auswirkungen auf unseren Körper. Also Muskeln, die wir viel brauchen, werden stärker. Das gleiche passiert auch im Gehirn. Wenn wir etwas oft machen, werden die entsprechenden Verbindungen im Gehirn gestärkt und es entstehen funktionelle und strukturelle Veränderungen im Gehirn. Die kortikale Verarbeitung verändert sich beispielsweise in den Hirnregionen, die den Fingerspitzen zugewiesen sind, wenn wir regelmässig einen Touchscreen benutzen.

Finde das sehr spannend. Weil das eine «neue» Sucht ist (gibt es andere solche?) Gibt es Unterschiede zwischen Jugendlichen, die mit dieser Selbstverständlichkeit von Handys aufgewachsen sind und Erwachsenen, die irgendwie nachträglich in ihrem Leben reingerutscht sind? Oder ist das die gleiche Art Sucht bei beiden?

Domenic Schnoz: Bei Suchterkrankungen kann man unterscheiden zwischen solchen, die durch eine Substanz hervorgerufen werden (Nikotin, Alkohol, Heroin, etc.) und solchen, die durch ein bestimmtes Verhalten hervorgerufen werden (sogenannte Verhaltenssüchte). Zu den Verhaltenssüchten zählen z. B die Geldspielsucht oder die Computerspielsucht. Was es für Jugendliche besonders schwer macht, einen massvollen Umgang mit dem Handy zu finden, hat unter anderem damit zu tun, dass ihr Gehirn noch nicht ausgereift ist. Diejenigen Gehirnareale, die für die Kontrolle von Impulsen zuständig sind ( z. B. der Impuls, zum Handy zu greifen, wenn ich höre, dass ich eine neue Nachricht erhalten habe), werden erst im Erwachsenenalter fertig entwickelt. Umso wichtiger ist es daher, dass wir als Erwachsene sie in einem gesunden Umgang mit den digitalen Medien begleiten und unterstützen. Dazu gehört auch, am besten gemeinsam mit den Jugendlichen, Grenzen festzulegen und dafür besorgt zu sein, dass diese eingehalten werden.

Guten Abend, ich bin alleinerziehende Mutter von zwei Jungen im Teenageralter. Der jüngere Sohn hat eine ADHS Diagnose. Für ihn ist die gesunde Nutzung des Handys unglaublich schwierig und Anlass für täglichen Streit. Ich bin oft am Limit deswegen. Alle Versuche zur Einschränkung scheitern. Einsicht ist kaum möglich. Wann muss ich einen „Entzug“ ins Auge fassen und einfach alle Geräte wegnehmen? Nützt das etwas? Welche Strategien helfen sonst noch?

Martin Meyer: Ich denke, Sie haben ein gutes Gespür für Ihren Sohn. Ich empfehle Ihnen aber auch, für sich gut zu sorgen, damit Sie weiterhin funktionieren können. Wie mir scheint, haben Sie schon vielerlei Dinge unternommen, und scheinen an eine Grenze zu stossen. Ich empfehle ihnen in dieser Situation Hilfe oder Beratung zu holen bei einer Fachstelle in ihrer Region. Sprechen Sie Ihre Überforderung mit dem Thema Handy mit ihrem Sohn an und ziehen Sie ihn mit ein, wenn Sie für sich Hilfe holen. Ein Entzug gegen den Willen Ihres Sohnes durchzusetzen, kann die Situation auch verschlechtern.

Guten Abend. In unserer organisation haben wir viele junge mitarbeiter. Auffällig ist, dass sie viel zeit während der regulären arbeitszeit am händy verbringen und dadurch auch den fokus bei der arbeit verlieren. Mich würden tipps und tricks interessieren, welche unternehmen anwenden können, um das bewusstsein der mitarbeitenden diesbezüglich zu wecken ohne polizist spielen zu müssen. Besten dank für eine antwort und liebe grüsse.

Domenic Schnoz: Grundsätzlich ist es die Pflicht von Arbeitnehmenden, dass Sie während der regulären Arbeitszeiten arbeiten. Wenn Sie das Gefühl haben, dass Ihre Mitarbeitenden Ihre Arbeit durch den Handykonsum nicht im erwarteten Ausmass erfüllen, kann es durchaus sinnvoll sein, entsprechende Regeln zu erlassen. Alternativ können Sie versuchen Ihre Mitarbeitenden in Form von Workshops oder internen Weiterbildungsveranstaltungen zu sensibilisieren dafür, dass die Handynutzung während der Arbeitszeit das Ergebnis der Arbeitsleistung negativ beeinträchtigen kann und wieso dies ein Problem für Ihre Organisation werden kann. Vielleicht bringt das bereits eine Verbesserung der Situation.

Guten Abend Wie können wir unseren 17jährigen Sohn unterstützen, der sehr oft gamt, immer wieder gewisse Spielen löscht und dann wieder hochlädt? Ich glaube, dass er wegkommen möchte (auch dringend nötig wäre), aber immer wieder zu spielen beginnt, da er eine Bestätigung durchs Spielen erhält. Seine schulischen Leistungen leiden darunter (viele ungenügende Noten) Wie können wir gut unsere 15jährige Tochter unterstützen, die seit 2 1/2 Jahren IPad in der Schule hat, und so die Trennung zwischen Schule und privater Nutzung von Handy/Bildschirm noch schwieriger wird, auch für uns als Eltern (keine Kontrolle). Besten Dank und freundliche Grüsse

Franz Eidenbenz: Guten Abend Das Risiko der Abhängigkeit von der virtuellen Bestätigung ist dann besonders gross, wenn die in der Realität nicht zu finden ist. Deshalb ist es wichtig, positives Verhalten in der Realität zu loben. Gleichzeitig sind klare Grenzen zu Hause z. B. während dem Essen, abends usw. wichtig. Sprechen Sie mit Ihren Kids darüber, wie eine gute, gesunde Nutzung aussehen könnte. Das schliesst auch reale Kontakte und offline Freizeitkontakte mit ein. Sie als Eltern sollen helfen Grenzen zu setzen und gemeinsam und fair sollen sie umgesetzt werden. Ihnen wünsche ich viel Ausdauer und Erfolg.

Guten Abend, ich bin Primarlehrerin. Finden Sie ein Handyverbot/die Handyabgabe in Schulen sinnvoll oder wird das Smartphone dadurch noch reizvoller, weil es von Autoritäten verboten wird?

Martin Meyer: Wir wissen, dass ein aktives Handy respektive aktive Social Media Apps störend sind für vielerlei kognitive Funktionen. Klare Regeln empfehle ich im Rahmen eines Gesamtkonzeptes in einer Schule zu formulieren und gemeinsam umzusetzen. Auch sollten die Regeln altersentsprechend sein. Ich empfehle Ihnen, dieses Thema mit ihrer Schulleitung zu diskutieren. Medienpädagogik- und Medienkompetenzprogramme können helfen, mit Medien und insbesondere mit Social Media im Schulalltag umzugehen. Ein einzelnes Verbot, ohne Medienpädagogik und Medienkompetenz, sehe ich als nicht ausreichend an. Hierzu gibt es hier weitere Infos und Anlaufstellen: https://www.jugendundmedien.ch/medienkompetenz-foerdern/lehrpersonen-schule

Guten Abend, wegen dem Handykonsum habe ich Nackens chmerzen, evtl. Wirbelverformungen. Was kann ich dagegen tun, ohne dass ich meinen Handykonsum wesentlich einschränken muss?

Julia Frey: Sie können auf eine gute Körperhaltung und allgemein regelmässige Bewegung achten sowie Entspannungs-oder Dehnübungen machen. Je nach Ausmass wäre eine ärztliche Abklärung und ggf. Physiotherapie zu empfehlen.

Ich möchte kritisch nachfragen: Ist es wirklich eine Sucht, bzw. sollte man Screentime so diabolisieren? Es ist schliesslich unsere neue Realität. Statt telefonieren chatten wir, statt eine Karte zu benutzen nutzen wir Google Maps, statt Zeitung zu lesen konsumieren wir News-Apps. Ist es also wirklich so schlimm?

Franz Eidenbenz: Guten Abend Die meisten Menschen nutzen digitale Medien vorwiegend konstruktiv. Richtig, das ist ein wichtiger Bestandteil unserer neuen Realität. Umso mehr ist es wichtig, dass wir lernen möglichst gut damit umzugehen und dass gleichzeitig vor digitalen Risiken gewarnt wird. Das Ziel: Positives zu nutzen und Risiken zu minimieren.

Ist es möglich, dass man von der Duolingo APP süchtig sein kann? Man glaubt zwar, eine Sprache zu lernen, doch ich denke, es geht mehr darum, gegen andere zu bestehen oder besser zu sein.

Domenic Schnoz: Grundsätzlich hat jede App, welche mit gezielten und häufigen Belohnungsmechanismen arbeitet, ein gewisses Potenzial, dass man die Kontrolle darüber verliert. Wenn Sie merken, dass Sie die App deutlich häufiger nützen, als Sie eigentlich wollen, wenn es Ihnen schwerfällt, die Nutzung zu verringern, obwohl Sie sich das wünschen, wenn Sie das Gefühl haben, dass es Ihnen schadet, weil Sie dadurch andere Dinge in Ihrem Leben vernachlässigen, die Ihnen wichtig sind (z. B. Beziehungen, Arbeit, Schule, Real Life Hobbys, genügend Schlaf etc.), dann können dies Warnzeichen sein. In solchen Fällen kann es helfen, sich an eine Fachperson zu wenden (z. B. hier: safezone.ch)

Guten Tag. Bei uns an der Schule beginnt der Unterricht um 7:20 Uhr. Die Lernenden dürfen das Natel bis zum Läuten um 7:20 Uhr nutzen. Hat das einen Einfluss auf die Lernenden? Um 11:40 Uhr endet der Unterricht und sie dürfen wieder das Natel nehmen. Welchen Einfluss hat das auf das Verarbeiten des gelernten Stoffes? Wie sollten Schulen mit dem Thema Natel umgehen, damit das Lernen der Jugendlichen am besten gefördert wird? (In unserem Kanton, hat jede/r Lernende ein teilgesteuertes Ipad für das Arbeiten)

Julia Frey: Grundsätzlich ist es wichtig, dass das Handy während den Unterrichtszeiten nicht genutzt werden darf. Studien haben gezeigt, dass die Konzentration vor allem dann gestört ist, wenn das Handy auf dem Tisch liegt (auch wenn es ausgeschaltet ist). Die kognitive Leistung war hingegen deutlich besser, wenn das Smartphone ausserhalb des Raumes deponiert wurde. Was nicht konzentriert aufgenommen wird, kann nachher auch nicht gut abgerufen werden. Wenn man also während des Lernens fokussiert ist, klappt auch das Behalten besser. Generell ist es so, dass die Konzentrationsfähigkeit durch häufige Nutzung des Smartphones abnimmt. Das Hirn ist darauf konditioniert, rasch nach Ablenkung zu suchen, zudem führt das viele Multitasking zu schlechteren Leistungen und wir brauchen dadurch länger, um Aufgaben abzuschliessen. In Schulen können digitale Tools auch sinnvoll einsetzt werden, sodass das Lernen unterstützt wird. Sie scheinen vor allem dann effektiv zu sein, wenn sie dosiert und als Ergänzung zum «normalen» Unterricht angewendet werden. Ausschliesslicher Online-Unterricht ist nicht empfehlenswert, da das Gemeinschaftsgefühl beim Lernen auch eine Rolle spielt.

Ist 2h gamen am tag zu viel? Und vlt. Noch fast 6h youtube schauen?

Martin Meyer: Gelingen Ihnen alle anderen Dinge in Ihrem Leben, welche Sie gerne machen, sind Ihre Beziehungen erfüllend, haben Sie alternative Tätigkeiten, die Sie als sinnvoll erachten? Gelingt Ihnen Ihr Alltag und Arbeit. Geht es Ihnen psychisch gut? Fühlen Sie sich mit ihrer Umwelt verbunden und leben in einem sozialen Gefüge? Falls Sie diese Fragen bejahen, dann empfehle ich Ihnen lediglich nicht zu lange in die Nacht hinein zu gamen oder Youtube zu schauen. Ein Hinweis noch zu den Zeiten. Die Zeit alleine sagt noch nicht viel darüber aus, ob ein Problem besteht oder nicht. Es geht vielmehr, welche Inhalte sie konsumieren, und wie Sie davon beeinflusst werden.

Mir helfen diese «Apps» oder integrierten FUnktionen von Handys nicht, mit denen man Screentime begrenzen kann, weil man sie nach Ablauf mit einem Klick wieder abstellen kann. Bin ich schon süchtig? Gibt es andere Tipps?

Domenic Schnoz: Ob Sie süchtig sind, nur weil Ihnen die Funktionen der Zeitbegrenzung nicht nützen, lässt sich nicht beantworten. Wenn Sie sich Sorgen über Ihren Handykonsum machen, gibt es online verschiedene Selbsttest, die Ihnen helfen können, das eigene Verhalten zu reflektieren (z. B. hier: https://suchtpraevention-zh.ch/selbsttests-freundetests/selbsttests/ ). Alternativ können Sie auch mit einer Fachperson darüber sprechen. (z. B. hier: safezone.ch ). Möglichkeiten, den eigenen Handykonsum zu verringern, gibt es viele und es ist sehr individuell, welche für wen funktionieren und für wen nicht. Sie können z. B. versuchen, das Handy in bestimmen Situationen wegzulegen (z. B. beim Mittagessen oder wenn Sie sich mit jemandem treffen). Manchen Leuten hilft es, wenn Sie am Abend den Flugmodus einschalten oder das Handy eine halbe Stunde vor dem Schlafengehen ausschalten. Andere machen gute Erfahrungen damit, das Handy in eine bestimmte Box zu legen, wenn sie nach Hause kommen, damit sie es nicht gleich immer griffbereit haben. Vielen hilft es z. B., bei bestimmten Apps (z. B. Insta) die Pushfunktion abzuschalten. Probieren Sie verschiedene Strategien aus. Seinen Sie kreativ. Bestimmt gibt es Methoden, die auch Ihnen helfen, die Nutzung zu verringern. Falls Sie dennoch merken sollten, dass es Ihnen alleine sehr schwerfällt, lassen Sie sich von einer Fachperson beraten.

Mich interessiert (leider Video noch nicht gesehen, falls das da beantwortet wird, tut mir leid): Wird das als Sucht so anerkannt wie Alkohol-, Heroin- etc. -Sucht? Ist es eine offizielle Diagnose, wird das von Krankenkassen anerkannt? Falls ja, wie wird es festgestellt? Sind es Entzugserscheinungen wie bei den genannten Drogen?

Martin Meyer: Social Media Sucht wird noch nicht als offizielle Diagnose anerkannt. Es gibt aber aus der Forschung und auch aus der klinischen Erfahrung deutliche Hinweise dafür, dass ein übermässiger Social Media Konsum sich zu einem suchtähnlichen Konsummuster entwickeln kann. Begibt man sich in die Therapie wegen übermässigem Social Media Konsum bei einem anerkannten Psychotherapeuten und dieser stellt die Notwendigkeit einer Therapie fest, wird die Therapie von der Krankenkasse übernommen. Häufig werden Folgeerscheinungen oder Begleitsymptome wie Depression oder Ängste behandelt. Kriterien für einen übermässigen Social Media Konsum können beispielsweise ein Kontrollverlust über die Nutzungsdauer sein. Die zunehmende Priorisierung für Social Media auf Kosten anderer Tätigkeiten oder Aktivitäten kann ein weiterer Hinweis sein. Und wenn es zusätzlich auch Probleme in der Schule, am Arbeitsplatz oder Beziehungsschwierigkeiten gibt aufgrund des exzessiven Konsums über einen längeren Zeitraum von mehreren Monaten, kann man von einem problematischen Konsum sprechen. Entzugserscheinungen im Sinne eines körperlichen Entzugssyndroms beobachten wir nicht. Aber Reizbarkeit, Ängstlichkeit, Nervosität, Unruhe, Schlaflosigkeit und Probleme Umgang mit Langeweile sind Symptome, welche wir in der Klinik oft sehen.

Mir erscheint als ob es einen JoJo-Effekt bei Handy-"Diäten» gäbe. Ich habe via die Limitierung der Bildschirm-Zeit (auf 30min) eine massive Reduktion meiner Nutzungsdauer erreicht. Aber nach ein paar Wochen habe ich die Funktion wieder deaktiviert und bin nun wieder im alten Muster gelandet. Was gibt es für langfristige Strategien die helfen könnten? PS: eine weitere technische Möglichkeit wäre das schwarz-weiss Schalten des Handys. Ohne die knalligen Farben erscheint das Handy deutlich weniger attraktiv.

Julia Frey: Super, dass Sie die Nutzungsdauer damit reduzieren konnten. Es wäre interessant zu wissen, warum Sie die Funktion wieder deaktiviert haben, obwohl es gut funktioniert hat. Genau neben dem Schwarz-Weiss-Modus gibt es weitere Möglichkeiten, wie beispielsweise die Apps, die unnötig viel Zeit kosten, zu verstecken oder das Smartphone öfter ausser Reichweite zu deponieren. Zudem kann man sich auf darauf achten, wie viel man selber sendet, denn wer weniger sendet, empfängt in der Regel auch weniger. Wenn Sie zu einem bestimmten Zeitpunkt, z.B. abends das Smartphone nicht mehr nutzen möchten, können Sie auch versuchen, dann eine andere Gewohnheiten zu etablieren. Zum Beispiel ein Buch statt das Smartphone in die Hände zu nehmen. Nicht alles funktioniert für alle Menschen gleich gut, jede:r muss für sich herausfinden, was am besten wirkt. Es ist normal, dass sich alte Verhaltensweisen wieder einschleichen können. Da gilt es achtsam zu sein, damit man dann wieder Gegensteuer geben kann.

Ich arbeite als Social Media Manager, das heisst, mein Berufsleben und Privatleben vermischt sich dadurch automatisch. Ich kann in der Freizeit kaum mehr abschalten, auch wenn ich nur mal kurz privat die Updates meiner Freund:innen checken will, denke ich sofort an die Arbeit. Arbeiten Sie viel mit Menschen, die Social Media auch beruflich einsetzen müssen? Was raten Sie für eine Work-Life-Balance die in diesem Leben gesund ist? Danke

Franz Eidenbenz: Guten Abend. Work-Life-Balance ist bei einem Media-Manager gleich Digital-Life-Balance. Die scheint bei Ihnen gefährdet, das Vernachlässigen der Freundin aufgrund der Arbeit und digitaler Medien ein Alarmzeichen. Ich würde Ihnen raten, sich abzugrenzen und möglichst die realen Kontakte zur Freundin zu pflegen. Wenn Ihnen das nicht gelingt, wäre ein Coaching oder therapeutischer Support sinnvoll. So oder so ein gutes Ziel, die Balance wiederzufinden; viel Erfolg dabei.

Guten abend Möchte gerne wissen, wenn jugendliche (13 jährig)agressiv werden nach fortnite spielen und was machen kann wenn sie zu den eltern schlämperlig sind. Müssen wir das mitmachen oder gar nicht so ernst nehmen.

Franz Eidenbenz: Guten Abend. Bei einem intensiven Spiel lassen sich Jugendliche nicht gerne stören. Unterbrechungen können aggressive Reaktionen auslösen, wenn Jugendliche im virtuellen Kampfmodus sind. Allerdings ist respektloses Verhalten von Jugendlichen nicht ok. und soll nicht toleriert werden. Wenn Jugendliche in der Wut Äusserungen unter der Gürtellinie machen, sollen sie lernen sich später zu entschuldigen. Gegenseitiger Respekt und das Lernen Konflikte fair auszutragen ist auch im Zusammenhang mit Computerspielen ein wichtiges Ziel. Viel Erfolg.

Keine Frage, Meinung: Es kommt drauf an, wie oder wozu man das Smartphone nutzt. Ich führe ein Journal zur Kontrolle von Blutdruck, Gewicht, Bewegung (Schritte), Schlafdauer, -Hygiene oder -Qualität, Fasten- und Esszeiten, Kalorienzufuhr, Stuhlgang, Wasserzufuhr, Alkohlkonsum, Medikamenten. Ich verwende keine Games, bin fast nirgends auf Social Media, versuche, die Reaktionen meines Körpers verstehen zu lernen, und Cookies lasse ich fast keine zu. Meine Spam-Mails lösche ich jeden Tag. Ich bin 68, hatte jahrelang Schlafapöen, zu hohen Blutdruck, Hörprobleme, spreche aber mehrere Sprachen. Ich habe mir wegen der Übergriffe von Hightech ein Linux-Handy angeschafft, bin noch am Testen, viele der gewohnten Apps und Banking Software gibt es leider noch nicht für Linux.

Julia Frey: Da haben Sie absolut recht, es kommt sehr darauf an, welche Apps man nutzt. Sie nutzen gerade jene Anwendungen nicht, welche eher zu unkontrolliertem Konsum führen wie Games oder Social Media. Und es gibt auch viele Anwendungen, die hilfreich sind und sich sogar positiv auf die Gesundheit auswirken können.

Ist Bildschirmzeit = Bildschirmzeit? Wie beurteilen Sie den Unterschied zwischen Lesen, Videos/Filmen schauen oder Kurz-Inhalten von Social-Media? Ich habe mir extra ein ganz kleines Smartphone zugelegt. Das Unihertz Jelly Star – es ist wirklich ein Zwerg unter den Smartphones und bietet damit alle Komfort-Funktionen (wie EBanking, SBB-App oder Twint) verleitet aber deutlich weniger zum verharren in Videos oder Zombie-Scrollen (weil es einfach so klein ist, dass man nicht wirklich Lust hat, es zu benutzen. Wie beurteilen Sie diese Methode, die fast was von einer Zwangkontrolle hat?

Domenic Schnoz: Bildschirmedien wie das Smartphone stellen ein Portal zu unzähligen Apps, Dienstleistungen, Webseiten etc. dar. Daher spielt es eine grosse Rolle, wofür man diese Medien benützt. Es gibt Anwendungen, die durch Ihre Funktionsweise deutlich häufiger in eine schwer zu kontrollierende Nutzung münden. Dazu zählen zum Beispiel bestimmte Games, aber auch Social Media. Wird das Medium hingegen zum Beispiel zum Arbeiten (Mails, Arbeitschat, etc.) oder für das Abrufen von nützlichen Informationen (Fahrplan, Wetterbericht, Kochrezepte, etc.) benützt, ist ein Konsum, der ausser Kontrolle gerät deutlich unwahrscheinlicher. Daher ist Bildschirmzeit nicht gleich Bildschirmzeit. Die Methoden, die eigene Mediennutzung zu kontrollieren sind sehr unterschiedlich. Was für die eine funktioniert, kann bei jemand anderem überhaupt nicht klappen und umgekehrt. Sie haben offensichtlich für sich eine Methode gefunden, die für Sie zu funktionieren scheint und das ist toll. Ich würde Ihnen empfehlen, diese weiter so zu nutzen, wenn Ihnen das hilft.

Ich habe als Kind sehr viel gelesen, was in meiner Jugendzeit durch Social Media unterging. Nun wollte ich mit 21 wieder zurück zu den büchern, habe jedoch gemerkt, dass es mir sehr schwer fällt nun dran zu bleiben und dass es mir schnell lwangweilig wird. Hat das mit Social Media einen Zusammenhang und wenn ja welchen?

Domenic Schnoz: Social Media sind häufig sehr schnell in der Vermittlung von Inhalten. Man kann einfach weiterswipen, wenn etwas langweilt oder grad nicht interessiert. Dazu lernt der Algorithmus sehr schnell, was uns gefällt und was nicht. Lesen hingegen benötigt viel mehr Konzentration und Vorstellungsvermögen. Daher kann ich mir gut vorstellen, dass Sie Ihr Gehirn durch den Social Media Konsum daran gewöhnt haben, ohne Anstrengung schnelle und passiv zu konsumierende Inhalte zu schauen. Dagegen kann das Lesen anfängliche als etwas anstrengend und langweilig empfunden werden. Allerdings haben Sie in ihrer Kindheit das Lesen offenbar sehr genossen und verknüpfen sicher positive Erinnerungen damit. Versuchen Sie einmal jeden Tag eine bestimmte Zeit dem Lesen zu widmen. Ich bin mir ziemlich sicher, dass Sie es nach einer Weile wieder schätzen und geniessen lernen werden.

Einstein, 14.03.2024, 21:05 Uhr ; 

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