Über Arnold Hottinger, den legendären Nahostkorrespondenten der NZZ, der auch regelmässig im damaligen Radio DRS zu hören war, kursiert in Journalistenkreisen folgende Anekdote: In den Sechzigerjahren habe Hottinger in Ägypten über Unruhen berichtet und den Artikel via Briefpost nach Zürich geschickt. Der Text sei dann erst etliche Wochen später veröffentlicht worden, analytisch aber so brillant gewesen, dass der zeitliche Abstand zwischen Ereignis und Publikation nicht ins Gewicht fiel. Man behafte mich nicht auf die Details.
Wäre das heute auch denkbar? Schliesslich hat das Internetzeitalter unseren Medienkonsum stark verändert. Fast schon in Echtzeit können wir Ereignisse via Newsticker oder Twitter mitverfolgen. Auch Analysen und Hintergrundartikel werden rund um die Uhr auf den Webseiten von Zeitungen und Newsportalen aufgeschaltet.
Dieses hohe Tempo ist allerdings nicht neu. Das Radio ist seit Jahrzehnten ein ultraschnelles Medium. Beim «Echo der Zeit» können wir flexibel und rasch aktuelle Wendungen und Ereignisse aufgreifen, bei laufender Sendung. Oder wir machen eine aktualisierte Ausgabe um 19 Uhr – so geschehen vergangenen Samstag, als die Wagner-Truppen gegen Moskau marschierten
(hier nachzuhören)
.
Und: Ähnlich wie damals bei Hottingers Artikel senden auch wir bestimmte Beiträge erst ein, zwei Wochen nach deren Fertigstellung. Das sind vertiefte Analysen, Reportagen und Hintergründe, die keinen fixen Publikationstermin haben. Diese Beiträge geben uns den gewünschten Gestaltungsspielraum, um für unsere Sendungen die beste Mischung aus Aktualität und Analyse zu finden.
Weitere Hörtipps:
Wie fest sitzt Präsident Putin im Sattel?
Das alles dominierende Thema in der ersten Wochenhälfte war der versuchte Aufstand der Wagner-Truppen in Russland. Für Russland-Korrespondent Calum MacKenzie war es deshalb eine besonders intensive Woche – er stand seit Samstag quasi im Dauereinsatz, verfolgte die Nachrichtenlage, bot Einschätzungen im Gespräch und machte fürs «Echo der Zeit» einen Beitrag über das «System Putin», das er als «bröckelig» bezeichnet. Hat der russische Präsident seinen Staatsapparat noch ganz im Griff? Diese Frage dürfte uns noch länger beschäftigen. Affaire à suivre.
Zu Besuch im Lager der Darfur-Flüchtlinge
Afrika-Korrespondent Samuel Burri ist vergangene Woche nach Tschad gereist und hat uns diese Reportage aus einem Lager für Darfur-Flüchtlinge mitgebracht. Bereits in den Nullerjahren wurden die Menschen in der westlichen sudanesischen Provinz verfolgt und vertrieben. Die neuerliche Gewalt im Sudan zwingt jetzt wieder Zehntausende zur Flucht. Burri besuchte vor zwei Jahren Darfur und ahnte damals schon, wie fragil die Situation dort ist – deshalb ist es ihm ein besonderes Anliegen, bei der Berichterstattung über den Konflikt im Sudan besonders auf Darfur zu schauen. Der Darfur-Konflikt wird auch als erster Genozid des 21. Jahrhunderts bezeichnet.
Weshalb der Fels ins Rutschen kommt
Wochenlang war er erwartet worden, der Felsrutsch von Brienz im Kanton Graubünden. Mitte Juni war es dann soweit, mitten in der Nacht rutschte der Fels. Zwei Wochen später konnte Graubünden-Korrespondentin Stephanie Hablützel das Dorf besuchen, zusammen mit weiteren Journalistinnen und Journalisten.
Wie es überhaupt zum Felssturz kommen konnte, erklärt Permafrost-Expertin Marcia Phillips anschliessend im Gespräch. So aussergewöhnlich dieser Felssturz auch war: Es ist davon auszugehen, dass wir aufgrund der Klimaerhitzung mit weiteren Ereignissen dieser Art rechnen müssen. Unsere Berge verändern sich. Brienz immerhin hatte grosses Glück: Die 1,2 Millionen Kubikmeter Fels haben am Dorfrand halt gemacht. Die Dorfbewohnerinnen und -bewohner dürfen darauf hoffen, bald in ihre Häuser zurückkehren zu können.