Jeder will mit, nur zehn dürfen: Das Berliner Theatertreffen wählt seit mehr als 50 Jahren zehn bemerkenswerte Theaterinszenierungen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz. Diese werden beim jährlichen Theatertreffen in Berlin gezeigt.
Dafür hat die siebenköpfige Jury 285 Inszenierungen in 60 Städten analog oder digital besucht. Diesen Dienstag gaben Jury und Festivalleiterin Yvonne Büdenhölzer die zehn ausgewählten Stücke bekannt.
Schweizer Inszenierungen
Mit von der Partie sind drei Inszenierungen aus der Schweiz: «Einfach das Ende der Welt» von Regisseur Christopher Rüping am Schauspielhaus Zürich, Max Frischs «Graf Öderland», inszeniert von Stefan Bachmann, und «Medea» von Regisseurin Leonie Böhm am Schauspielhaus Zürich. Mit Barbara Freys Inszenierung des «Automatenbüfetts» ist eine Schweizer Regisseurin in der Auswahl, die das Stück auf die Bühne des Wiener Burgtheaters brachte.
Andreas Klaeui, Theaterkritiker und Jurymitglied des Theatertreffens, fasst die wichtigsten Punkte der diesjährigen Auswahl zusammen:
Die Rolle von Corona: Bei der Auswahl sind Stücke dabei, die mit den Corona-Einschränkungen spielen. So treten in «Maria Stuart» am Deutschen Theater Berlin alle Schauspieler und Schauspielerinnen im eigenen Abteil auf der Bühne auf, was auch viel über ihre Einsamkeit erzählt.
Mit dabei sind auch Inszenierungen, die als Stream entstanden sind, zum Beispiel Sebastian Hartmanns Inszenierung des Zauberbergs».
Wie Corona die Frauenquote beeinflusste: Das Festival setzt stark auf eine ausgeglichene Geschlechteraufteilung. Auch dieses Jahr strebte die Jury eine 50 Prozent Frauenquote bei den ausgewählten Inszenierungen an – und hat diese eingehalten.
Es gab zwar insgesamt weniger Premieren, aber besonders von Regisseurinnen nochmals weniger. Das Theatertreffen kündigt deshalb an, noch mindestens weitere zwei Jahre an der Frauenquote festzuhalten.
Wie die Pandemie das Theater kreativer gemacht hat: Dieses aussergewöhnliche Theaterjahr hat die Kreativität nicht gehemmt, sondern neue Formen aufgezeigt: einerseits formal – mit Produktionen, die auf Pandemiebestimmungen reagieren mussten.
Andererseits zeichneten sich die neue Situation auch inhaltlich ab: Wie kann man mit einer Theatersituation umgehen, wenn man nur noch virtuell da ist? Wie bringt man Emotionen auf den Bildschirm? Was ist Theater, was Film? Mit diesen Fragen beschäftigten sich sowohl Theaterschaffende als auch die Jury.
Mehr Reichweite dank Digitalisierung: Die Verschiebung in den digitalen Raum brachte einen grossen Vorteil: Die Jury konnte geografisch eine grössere Breite abdecken und Inszenierungen aus mehr Städten als zuvor berücksichtigen.
Auch für das Theatertreffen, das auf Mai angesetzt ist, wollen sich die Organisatoren die digitale Verschiebung zunutze machen: Selbst wenn der Spielbetrieb dann wieder möglich wäre, strebt man eine Mischform zwischen Bühne und Internet an.
Durch das Streaming ist die Reichweite grösser und der Zugang nicht durch Anzahl Sitze begrenzt. Ausserdem werden über digitale Chats und Diskussionsforen eine breitere Diskussionskultur gefördert.