«O ja, ich will nicht umsonst gelebt haben wie die meisten Menschen. Ich will den Menschen, die um mich herum leben und mich doch nicht kennen, Freude und Nutzen bringen. Ich will fortleben, auch nach meinem Tod.»
Diese Worte schrieb Anne Frank am 5. April 1944 in ihr Tagebuch. Zwei Jahre lang, vom 12. Juni 1942 bis zum 1. August 1944, notierte sie täglich, was ihr widerfuhr. Ihr Tagebuch ist ein Zeitdokument der Judenverfolgung im Nationalsozialismus, ein Buch über das Leben im Hinterhaus, im Versteckten.
Nun hat erstmals ein deutscher Regisseur «Das Tagebuch der Anne Frank» verfilmt. Gleichzeitig kommt der Stoff auf die Bühne: als Einpersonen-Stück im Konzerttheater Bern. Film und Theater fokussieren beide nicht auf die historischen Umstände, sondern auf die Figur, auf das Mädchen Anne Frank.
Sehnsucht nach Freiheit
Vertreibung und Ausgrenzung prägten das Leben des jüdischen Mädchens. Sie sehnte sich nach Freiheit und der ersten Liebe. Ihre Texte zeugen vom gesellschaftlichen Niedergang und zugleich von ihrem Erwachsenwerden.
Das Leben in ständiger Nähe der Familie und die dröhnenden Kriegsflugzeuge am nächtlichen Amsterdamer Himmel erzeugten ein Vakuum, dem Anne Frank nur durch das Schreiben entkam. Das Tagebuch funktioniert zugleich als Chronik und Ventil.
Kino und Theater bringen eine Anne Frank nahe – als präzise Beobachterin, als begabte Schreiberin und als Teenager, der tieftraurig und im nächsten Moment beschwingt wirkt.
Die stark ästhetisierte Bildsprache des Films bildet manchmal einen gar starken Kontrast zum Innenleben von Anne Frank und zur düsteren Wirklichkeit des Nationalsozialismus.
Auch heute noch relevant
Die Theaterinszenierung hingegen kommt mit ein paar gestapelten Kartonschachteln als Bühnenbild aus. Sie setzt ganz auf die Tagebuch-Texte.
Durch diese Reduktion gewinnt die Figur Anne Frank an Kontur und es wird klar, warum ihre Geschichte auch 70 Jahre nach dem ersten Erscheinen des Tagebuchs noch erzählt werden kann, ja muss.
Die Zeilen dieses Mädchens haben nichts an Relevanz verloren. Vielmehr sind sie eine Warnung vor Fremdenfeindlichkeit und Ausgrenzung. Das Leben von Anne Frank, es ist ein Plädoyer für die Menschlichkeit.
Kinostart: 3.3.2016