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Bühne Bandwurm, Katze, Tod – Hazel Brugger geht aufs Ganze

Bei Poetry Slams sorgte sie schon als Teenager über die Schweizer Grenzen hinaus für Furore. Jetzt fühlt sich die 22-Jährige bereit für ein erstes abendfüllendes Programm: «Hazel Brugger passiert.» Ein starkes Debüt.

Das Publikum fünf Minuten in Bann zu ziehen ist das Eine. Es für einen ganzen Abend bei der Stange zu halten, ist eine ganz andere Sache. Hazel Brugger findet, nun sei es Zeit den Schritt zu wagen. Schon allein, weil sie mehr zu sagen hat als in fünf Minuten passt. Sie hätte bei den Slams gespürt, dass sie die Bühne immer dann habe verlassen müssen, als sie gerade so richtig angekommen sei.

Was braucht mehr Nerven: Ein kurzer Auftritt mit den Konkurrenten vom Slam oder ein Solo-Auftritt, Hazel Brugger?

Momentan ist der Solo-Auftritt krass für die Nerven – im positiven wie im negativen Sinne. Ich bin halt verantwortlich für alle. Wenn der Abend nicht gut ist, bin zu 100 Prozent ich schuld. Aber wenn er gut ist, darf ich mich auf den Lorbeeren ausruhen.

Müssen wir mit einem Abschied vom Slam rechnen?

So ganz verabschieden kann man sich nicht vom Slam. Der steckt so tief in einem drin wie ein Bandwurm, der sich immer wieder meldet. Vorerst werde ich mich auf die Solo-Auftritte konzentrieren.

Was hat Sie eigentlich daran gereizt, den Wechsel auf die Solo-Bühne zu wagen?

Die Länge. Die Distanz, die man rennen muss – im sportlichen Sinne. Man kann beim Slam nicht länger als drei mal fünf Minuten auftreten. Ich habe gemerkt, dass ich mich erst nach zehn Minuten richtig wohlfühle.

Solo mit Publikum

Da steht sie also jetzt, in Jeans, dunklem T-Shirt und Schnürschuhen, bewehrt einzig mit einem Heft, das sie zwar ab und zu in die Hand nimmt, aber das ist es auch schon.

Hazel Brugger ist es auch insofern ernst mit dem Soloabend, als sie ihn eben nicht als Vorleseabend anlegt, sondern als eine Art Spiel mit dem Publikum. Dieses wird dabei weder auf die Bühne geholt noch muss es sich sonst irgendwie betätigen. Aber seine Reaktionen werden von der Protagonistin mindestens so genau beobachtet wie umgekehrt.

Ein erstauntes «Oi» aus der ersten Reihe greift sie den ganzen Abend über spielerisch immer wieder auf. Damit signalisiert Brugger den Herrschaften im Publikum, die fast ausnahmslos im Alter ihrer Eltern sind, dass sie sich tatsächlich für sie interessiert.

Grosse Kleinkunst

Die Geschichten, die Hazel Brugger zum Besten gibt, haben ihren Ursprung zum grössten Teil in Alltagsbeobachtungen, denen sie dann jedoch ihren ganz eigenen Dreh gibt.

Ein veritables Kabinettstück gelingt ihr mit der Beschreibung des Todes der Familienkatze und dem Umgang von Vater, Mutter und den Kindern damit. Indem sie einen emotionalen Moment komplett nüchtern erzählt, kommen Zwischentöne zum klingen, die viel über die Beziehung der Eltern aussagen, ohne dass Hazel Brugger auch nur ansatzweise psychologisieren würde.

Überhaupt ist es der nonchalante, schräge Sprachwitz, die mühelos wirkende Sprachmacht zusammen mit dem unverkrampften, ja lustvollen Kontakt zum Publikum, die Hazel Brugger von andern aufsteigenden Sternen der Kleinkunst unterscheidet. Das Debut hält schon viel – und verspricht noch viel mehr!

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