Wenn Jochen Malmsheimer vor einem Bücherregal steht, könnte man aus dem rustikalen Kleidungstil den Schluss ziehen: Das ist der Mann, der die Bücherregale zusammengeschraubt hat. Jochen Malmsheimer ist aber der, der all die Bücher gelesen hat.
Jochen Malmsheimer ist beeindruckend belesen. Und mit seiner feinen Beobachtungsgabe und einer unbändigen Fabulierlust formt der gelernte Buchhändler Begebenheiten des ganz normalen Alltagswahnsinns zu fulminanten wie fein ziselierten Sprachfeuerwerken. Seine pure Freude am Spiel mit der Sprache überträgt sich schnell auf das Publikum. Kein Auge bleibt trocken.
Ein Mann, ein Wort – ein Malmsheimer, eine Wortkaskade
Jochen Malmsheimer liebt, was er tut – und er beherrscht sein Handwerk. Dieser Meinung sind auch sämtliche Jurys der wichtigen Kabarettpreise des deutschsprachigen Raumes.
Ganz besonders auch der Meister des deutschen Politkabaretts: Georg Schramm. Dieser hielt auf seinen Freund und Kollegen Malmsheimer anlässlich der Verleihung des Bayrischen Kabarettpreises 2012 die Laudatio . Er pries unter anderem das sprachliche Vermögen des Bochumers: «Das, was uns Probleme macht, eine komplexe Grammatik, die viele von uns für ein unüberwindliches Hindernis halten, die benutzt er als Klettergerüst auf dem Weg zu den hellen Gipfeln seiner Satzgebirge und findet dabei auch noch Zeit und Raum, den Schachtelsatz wie Phönix aus der Asche unserer Alltagssprache aufsteigen zu lassen.»
Handwerker, kein Künstler
Aller kollegialen Wertschätzung zu Trotz: Jochen Malmsheimer sieht sich selber keineswegs als Künstler, sondern als Handwerker, wie er bei einer Art Werkstattgespräch vor einem Auftritt erzählt. Bestens aufgelegt, räsoniert er bei einem Kaffee über seine Arbeitsweise und sein umfangreiches Lesepensum, das die Basis für seine Wortmacht bildet.
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Dass er sich zwischen Gespräch und Auftritt nicht in eine andere Kluft wirft, ist Programm. Jochen Malmsheimer braucht kein Kostüm. Die einzige unverzichtbare Begleitung auf der Bühne ist seine Kladde – oder Notizbuch, wie es im Hochdeutschen heisst. Aus dieser liest er seine Texte grösstenteils vor – oder vielmehr: Er rezitiert aus ihr. Dabei sitzt er nicht regungslos an einem Tischchen, sondern steht oder ist in Bewegung – und hält stets den Kontakt mit dem Publikum. Allzeit bereit, die Kladde zuzuklappen und einen improvisierten Exkurs zu wagen.
Im Rampenlicht cool, vor dem Auftritt ein Nervenbündel
Auch wenn er bei seinen Auftritten wie ein Fels wirkt, innerlich sieht es, zumindest vor dem Auftritt, etwas anders aus. Er macht keinen Hehl daraus, dass ihn schlimmstes Lampenfieber quält.
Besonders schlimm für den Routinier sind Auftritte bei Kleinkunstmessen. 2014 ist er trotzdem bei der Künstlerbörse in Thun aufgetreten. Das Durchstehen der Anspannung hat sich gelohnt: Er hat das Publikum im Sturm erobert.
Obwohl er so schnell und viel redet, mag das Schweizer Publikum Malmsheimer ganz offensichtlich – und Malmsheimer mag die Schweiz(er). Das könnte auch in den Genen liegen, hat er doch Schweizer Vorfahren. Dass er jetzt mit dem Cornichon auch noch einen Schweizer Kabarettpreis bekommt, bereitet ihm denn auch eine besondere Freude.