Tulpen kommen nicht aus Amsterdam. Sie wachsen in der «bollenstreek», der Region zwischen Haarlem und Leiden, westlich der niederländischen Hauptstadt. Dort, wo man im Frühling vom Zug aus die riesigen Felder bewundern kann. In diesem Gebiet wird deshalb auch das Stück «Tulpmania» gespielt, in einer riesigen Scheune des weltweit drittgrössten Tulpenzwiebelproduzenten.
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Das Spektakel deckt einen Gutteil der Tulpengeschichte ab. Es beginnt mit dem «Urknall» der Blume, wenn der Stängel aus der Zwiebel wächst, um sich gen Himmel zu strecken. Anschliessend geht es um den Tulpenwahnsinn im 17. Jahrhundert, als die gut Betuchten horrende Preise dafür bezahlten: Eine einzige Zwiebel war damals genauso teuer wie ein Amsterdamer Grachtenhaus.
Theater an einem «lebendigen Ort»
Im Verlauf des Stücks wird das Veredeln thematisiert. Es gibt heute mehr als 20'000 verschiedene Sorten. Schliesslich endet «Tulpmania» mit der Semper Augustus – jener Spezies, die als Urmutter der niederländischen Tulpenzucht gilt, und die heute nur noch in einer kleiner Auflage angepflanzt wird.
Das sehr eigenwillig inszenierte Werk stammt von der Gruppe Veenfabriek, die für diese Aufführung vom Ensemble Asko|Schönberg und den Trommlern von Slagwerk Den Haag unterstützt wird. Die Veenfabriek ist bekannt für ihre Produktionen abseits der üblichen Schauspielhäuser. «Wir machen gerne Theater an lebendigen Orten, wo es Tageslicht gibt und wir die weltlichen Geräusche hören können», erklärt Dramaturg Paul Slangen.
Musikalische Ode an die Tulpe
Tatsächlich ist die Scheune den ganzen Abend grell beleuchtet. So hat das Publikum, das an langen Tischen auf beiden Seiten der Bühne sitzt und während der Vorstellung ein Drei-Gänge-Menü verzehrt, einen optimalen Überblick über den Raum. Zum Glück. Denn die Darstellerinnen und Darsteller bespielen jeden Winkel der Halle, die die Ausmasse eines Fussballfeldes hat.
Die Darstellerinnen und Darsteller spazierenden an den Tischen entlang, steigen auf Harassen oder lassen sich, wie jene Sängerin, die eine musikalische Ode an die Tulpenzwiebel bringt, mit einem Gabelstapler durch den ganzen Raum fahren. Sie verkleiden sich immer wieder und setzen sich zum Schluss sogar grellrote Perücken auf, sodass sie wie Tulpen aussehen.
Tulpennamen haben Musiker inspiriert
Die Geräusche sind samt und sonders einkalkuliert. In der Halle kommen die zeitgenössischen Klänge des niederländisch-zypriotischen Komponisten Yannis Kyriakides jedoch voll zur Geltung. Der preisgekrönte Musiker hat sich bei seiner Arbeit von den Texten der Dichterin und Tochter eines Tulpenzüchters, Saskia de Jong, sowie von den unzähligen Tulpennamen inspirieren lassen.
«Tulpmania» ist zweifellos eine originelle Inszenierung. Aber die Musik ist schwer verdaulich. Und wer keine Vorkenntnisse der ruhmreichen niederländischen Tulpengeschichte hat, begreift den Grossteil der gespielten Szenen eher nicht.