Annette Dasch kommt knapp und wie ein Wirbelwind zur Probe der «Juliette» ins Opernhaus Zürich. Sie wirkt etwas angespannt, irgendetwas scheint nicht so, wie es sein sollte. Den Interviewtermin will sie lieber auf nach der Probe verschieben. Es ist kein Diven-Gehabe, das hinter der Planänderung steckt: Sie habe erst im Tram gemerkt, dass sie ihre Noten nicht dabei habe. Ihre 3-jährige Tochter müsse etwas mit der Sache zu tun haben. Sie selbst nehme die Noten zu Hause nie aus der Arbeitstasche.
Zwischen Noten und Windeln
Man kann es sich vorstellen: Ihr Alltag mit den beiden kleinen Kindern ist komplex zu organisieren. Im letzten Mai hat sie ihr zweites Kind geboren. Ihr Mann, Daniel Schmutzhard, ist ebenfalls Opernsänger. Zusammen entwickeln die beiden Tag für Tag ihr Familienmodell weiter. Ein Patentrezept, wie Familie und Beruf zusammengehen, haben sie nicht, aber es klappe eigentlich meistens ganz gut, sagt Annette Dasch. Zurzeit lebt die ganze Familie in Zürich.
Als ihr Mann mit den Noten kommt, ist sie beruhigt und die Probe kann beginnen. Ihre Figur Juliette ist eine Traumgestalt in Martinus gleichnamiger Oper. «Wir nehmen sie aber durchaus ernst: Sie existiert zwar bloss in der Phantasie der männlichen Hauptfigur Michel, aber dort ist sie real», sagt Annette Dasch. Wenn sie nach Erklärungen sucht, dann schaut sie mit ihren blauen Augen zur Decke. Die Starsopranistin selbst träumt davon, wie sie beim Singen die ganze Welt umarmt.
«Juliette» – die Traumgestalt
Doch die Opernbühne ist für die Sänger und Sängerinnen kein Ort zum Träumen. Das Setting von «Juliette» ist anspruchsvoll, denn das Bühnenbild dreht sich immer wieder. Annette Dasch muss aufpassen, dass sie nicht unter die Bühne gerät. Es gibt Türen und schmale Treppen auf die die Sängerin – neben Text und Musik – achten muss. Es brauche immer einen Rest Kontrolle, weil sehr viele Leute involviert seien in eine solche Produktion. Von der Angst, einen Einsatz zu verpassen, ganz zu schweigen. «Eine Opernaufführung ist vor allem für das Publikum schön: Es kann sich ganz in dieser Traumwelt vergessen – eine Traumwelt, die existiert, weil sie im Theater stattfindet.»
Eine Anti-Diva, locker und ohne Allüren
Annette Dasch ist trotz ihres grossen Erfolgs eine Art Anti-Diva. Eine Frau, die Musik und Singen leidenschaftlich liebt. Dass sie keine Berührungsängste hat, beweist sie regelmässig in ihrer musikalischen Talkshow auf 3Sat / ZDF Kultur: Seit 2008 lädt sie in ihrer Sendung «Annette’s Daschsalon» Freunde und Bekannte zum Gespräch, zum gemeinsamen Musizieren und Singen. Sie nennt es Hausmusizierabende.
Das Ambiente ist familiär: Ein weisser Regenschirm, als Accessoire für die Ankunft der Gastgeberin, ein paar Sessel im Raum und am Klavier ihr Schwager und ihre Schwester. Auch vor der Kamera bewegt sich Annette Dasch locker und ohne Allüren. Dafür wird sie von ihren Fans geliebt – in der Oper und im Fernsehen.