Es war das erste Gipfeltreffen der Schweizer Theaterszene. Zehn Tage lang trafen sich Zuschauer, Kulturschaffende, Journalisten und Experten. Es gab Vorträge, Podien, Workshops, es wurden Preise vergeben und sieben herausragende Produktionen aus fast allen Landesteilen präsentiert.
Mehr als 2000 Zuschauer fanden den Weg ins Theater Winterthur, knapp 60 Prozent Auslastung: Das ist noch nicht der Renner. In den herausgeforderten Theaterfestivals von Berlin und Avignon sind die Tickets kurz nach Vorverkaufsstart weg und könnten mehrmals verkauft werden. Das erste Schweizerische Theatertreffen hat vor allem ein Publikum aus Winterthur gefunden – noch nicht die erhoffte Gesamtschweizer Ausstrahlung.
Für welches Publikum?
Die Verantwortlichen sind dennoch zufrieden: «Ich gestehe ehrlich, wir haben zum Teil weniger Zuschauer erwartet, weil es das erste Treffen war», sagt Adrian Marthaler, Regisseur und Präsident des Vereins Schweizer Theatertreffen. Trotz «extrem kurzer Vorbereitungszeit» habe alles sehr gut geklappt. Trotzdem zeichnet sich bereits ab, was man 2015 anders machen will. «Bei der Kommunikation waren wir sehr eingeschränkt, sowohl personell wie finanziell», sagt Marthaler.
Auch grundsätzliche Fragen würden diskutiert: «Für wen veranstalten wir das: für professionelle Theaterschaffende oder primär fürs Publikum?», fragt Marthaler. Denn davon hängt letztlich die Programmgestaltung ab. «Wir müssen einen Mittelweg finden, der die Bedürfnisse der Professionellen und des Publikums befriedigt.»
Tatsächlich kann man sich fragen, ob es eine gute Idee war, pro Tag jeweils nur eine einzige Vorstellung zu spielen? Dem Festival-Charakter, den ein Theatertreffen im guten Fall hat, ist sie wohl nicht zuträglich.
Sprachen und Theatersprachen
Das Theatertreffen will eine gesamtschweizerische Werkschau des Theaterschaffens geben, so die Utopie. Man bekommt Produktionen aus dem Tessin und der Romandie zu sehen, die einem Deutschschweizer ansonsten verborgen bleiben. «Diese Sprachvielfalt ist sehr zu begrüssen, das ist auf internationalen Festivals üblich und macht den Reiz des Treffens aus», sagt Beate Hochholdinger-Reiterer, Professorin für Theaterwissenschaft in Bern. Sie hat als Beobachterin das Theatertreffen intensiv begleitet. «Es geht nicht nur um andere Sprachen, sondern auch um andere Theatersprachen.»
Konnten Berührungsängste zwischen den Theaterkulturen überwunden werden? Nach der Vorstellung von Omar Porras‘ «Dame de la mer» zum Beispiel schienen sie eher befestigt – sein ironiefreies Pathos hat viele deutschsprachige Zuschauer eher konsterniert als für eine andere Theaterszene gewonnen. Kommt hinzu, dass es nicht die beste Produktion der Truppe ist – was übers Ganze gesehen leider für fast alle eingeladenen Produktionen zu sagen ist.
Berlin und Avignon sind Marken
Winterthur ist in den letzten Tagen also nicht zur Theatermetropole geworden – soll es ja auch nicht. Das Theatertreffen wird in Zukunft immer an anderen Standorten über die Bühne gehen. Das ist föderalistisch gedacht – aber ist es auch hilfreich? Berlin und Avignon sind Marken, da fährt man hin, egal was kommt. Das wandernde Schweizer Theatertreffen muss sich sein Publikum jedes Mal neu schaffen.
Die Bilanzen fallen nun aus, als wären es Vorschauen: eine Chance, die Herausforderung, die Utopie wäre … Und nicht: «Es hat sich eingelöst.» Nun gut, es war die erste Ausgabe – in einem Jahr haben wir noch mal die Chance.