Nach einer einjähriger Bühnenabstinenz meldet sich Ferruccio Cainero mit einem Programm zurück, das die ganze Welt umfasst – oder, man könnte auch sagen, die ganze Welt umarmt.
Von seinem Körper zu einer Pause gezwungen, hatte Cainero in den letzten Monaten viel Zeit zum lesen. Dabei hat er sich in wissenschaftliche Literatur zum Universum gestürzt. Die Inhalte haben ihn nachhaltig beeindruckt. Die Art und Weise wie das Wissen vermittelt wird, dagegen irritiert: Zu unzugänglich, zu sperrig erscheint ihm die wissenschaftliche Sprache.
Präzise Vergleiche
Wissenschaftler wären eigentlich Poeten findet Ferruccio Cainero. Aber leider seien sie nicht im Stand, wie Poeten zu schreiben. Also beschliesst er, sein Wissen über das Universum in Geschichten aus seiner Jugend zu verpacken.
In Ferruccio Caineros Erzählung wird der ganze Kosmos gespiegelt in einer Autowerkstatt im italienischen Udine der 1970er-Jahre. Sinnigerweise heisst die Garage «Cosmos». Sie gehört Ferruccios Freund Toni, einem Automechaniker mit Hang zur Philosophie. Eine Idee, die wunderbar funktioniert. Nicht zuletzt, weil sie Ferruccio Cainero ganz nebenbei erlaubt, ebenso präzise wie amüsante Vergleiche zwischen der Schweiz und seiner norditalienischen Heimat anzustellen.
Ausschnitte aus Caineros Programm «Cosmos»
Immer wieder wird es ernst
Den Rahmen des Abends bilden also Caineros Jugend-Erinnerungen. Der Grundton ist ebenso fantasievoll wie lustig. So erklärt er das physikalische Gesetz der Gravitation anhand von sich auf und ab bewegenden Busen junger Mädchen. Der junge Ferruccio und seine Freunde beobachten diese heimlich, als sie auf einem Bett hüpfen. Oder er blickt in der Evolutionsgeschichte einige Millionen Jahre zurück und weist darauf hin, dass die Bakterien einmal das Nonplusultra waren.
Wer ernsthaft über die Welt sinniert, wie das Cainero in seinem Bühnensolo eben auch tut, kommt um Nachdenkliches und weniger Heiteres nicht herum. Immer wieder wird es ernst. So treffen sich in der phantastischen, von Toni geführten «Cosmos»-Garage auch Menschen, mit denen es das Leben nicht so gut gemeint hat. Menschen, die gelernt haben, sich zu arrangieren – und stets wachsam zu sein. Einer von ihnen ist der alte Vater von Toni.
Feines Gewebe aus Erzählung und Reflexion
«Cosmos» ist ein faszinierender Erzählabend. Vermeintlich stellt sich da einfach einer auf die leere Bühne und kündigt an, ein bisschen aus seinem Leben zu erzählen. Bewehrt ist er allein mit seinen Worten und ab und zu mal mit einer Gitarre.
Tatsächlich folgt ihm das Publikum noch so gerne durch dieses feine Gewebe, das das Fabulieren auf lustvolle Weise mit feinsinnigen Reflexionen zu unserem Sein in dieser Welt – und zu unserer Verantwortlichkeit dieser Welt gegenüber – in Verbindung bringt.