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Frau steht auf einer Leiter mit einem Gerät in der Hand, daneben ein riesiges Gebilde aus unterschiedlichen Materialien.
Legende: Hundun, ein mythologisches Wesen ohne Körperöffnungen wird an der Münchener Biennale zum Klingen gebracht. Franz Kimmel

Bühne Haarige Angelegenheit: Künstlerinnen bauen ein klingendes Urviech

Das Etwas «Hundun» entspringt der chinesischen Mythologie. Die Künstlerinnen Neele Hülcker und Judith Egger haben es an der Münchener Biennale für neues Musiktheater zum Leben erweckt. «Hundun» ist halb Skulptur, halb Instrument – und vor allem verstörend.

Hundun heisst das Viech. Es ist struppig, borstig, schwabbelig – und es klingt!

Sechs Meter lang, 2,5 Meter breit und drei Meter hoch. So schwebt es über dem Boden, ohne Kopf und ohne Schwanz, ein amorphes Wesen, das Töne von sich gibt, eben: Hundun.

Eine Frau mit Helm vor einer verkablenten Fläche aus unterschiedlichen Materialen. Sie hält ein Gerät daran.
Legende: Die Komponistin Neele Hülcker entlockt Hundun Klänge. Franz Kimmel

Eine klingende Installation

Hundun lebt vorübergehend in der Muffathalle in München. Die Muffathalle ist ein ehemaliges Kraftwerk, heute Kulturzentrum mit Biergarten am Ufer der Isar.

Die bildende Künstlerin Judith Egger und die Komponistin Neele Hülcker haben das Ding hier zum Leben erweckt, als klingende Installation während der Münchener Biennale für neues Musiktheater (28.5. – 9.6.2016). Die Idee: Ein Kunstwerk zu schaffen, das sowohl visuell als auch musikalisch überzeugt.

Strohhalmen, Bürstenborsten, Styropor

Während der halbstündigen Performance ist es im Saal dunkel, nur Hundun ist beleuchtet. Neele Hülcker und Judith Egger umrunden ihre Kreation. Wie Höhlenforscherinnen sehen sie aus: Auf dem Kopf ein Helm, daran befestigt eine Stirnlampe, aber auch eine Videokamera und Mikrophone. Ihre Körper sind von oben bis unten verkabelt. Die Kamera nimmt von extrem nahe die Oberfläche von Hundun auf und überträgt die Bilder auf Videobildschirme, die im Raum verteilt sind.

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Wie unterm Mikroskop vergrössert sieht man Hunduns Haut: Sie besteht aus Strohhalmen, Bürstenborsten, Verpackungschips aus Styropor, Plastiklöffeln und vielem mehr – Verbrauchsgegenstände aus unserem Alltag, die mit Geigenbogen, Fingern, Holzstäben und anderen Utensilien zum Klingen gebracht werden. Diese Töne wiederum werden mit den Mikrofonen aufgenommen. Das Publikum spaziert um das Megaviech herum und hört die Hundun-Klänge über Kopfhörer – ganz nahe, im eigenen Kopf. Eine intime Begegnung mit Hundun.

Der chinesischen Mythologie entsprungen

Hundun war nicht von Anfang an Hundun. Seinen Namen bekam er erst im Verlauf des künstlerischen Prozesses. Zuerst war da einfach nur eine hängende Form. Je länger Judith Egger an ihr arbeitete, umso stärker kam Hundun hervor.

Hundun entstammt der chinesischen Mythologie. Er ist ein gütiger Herrscher und steht für die Materie vor dem Beginn der Welt, also für die weder durch Zeit noch durch Raum definierte Materie: eine amorphe Masse, ohne eine einzige Körperöffnung. Und Hundun ist der Sage nach ein ausgesprochen beliebter Gastgeber. Als Dank für seine Gastfreundschaft, bietet man ihm eines Tages an, ihm an sieben Tagen sieben Löcher in seinen Körper zu bohren. Hundun ist hocherfreut und nimmt das Geschenk an. Doch am siebten Tag beim siebten Loch stirbt er.

Frau steht neben einer schuppigen Fläche und untersucht diese mit einem Ultraschallgerät.
Legende: Das Urviech wird von der bildenden Künstlerin Judith Hülcker mit einem Ultraschallgerät unter die Lupe genommen. Franz Kimmel

Urviech

Eine verstörende Geschichte. Neele Hülcker und Judith Egger erzählen sie nicht nach, sie ist aber im Hintergrund immer präsent. Mit hochtechnologischen Mitteln schaffen die beiden Künstlerinnen Hundun eine musiktheatralische Szene. Lassen ihm dabei aber seine archaische Urkraft und geheimnisvolle Ausstrahlung, ein Spiel zwischen Hightech und Märchen. Die Begegnung mit Hundun führt unseren modernen Alltag mit unserer Fantasiewelt auf raffinierte Weise zusammen.

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