Das antike Drama, das Mozart 1781 zur Oper umschrieb, dreht sich um das Verhältnis zwischen Menschen und Göttern. Regisseur David Bösch setzt dieses Verhältnis bereits in der Ouvertüre symbolisch um. Auf der grossen Leinwand, die die Bühne verdeckt, ist ein Film zu sehen, der ein Marionetten-Theater zeigt. Über die Leinwand flackern Grossaufnahmen von Stoffpuppen mit aufgemalten Gesichtern, die Schwerter in die Höhe halten. Ein Mini-Holzpferd, gesteuert von einer Menschen-Hand, zerstört eine kleine Sandburg. Eine weitere Puppe schwimmt in einem Meer aus Plastikfolien um ihr Leben. Bösch zeigt seine Protagonisten als Spielpuppen der Götter.
Starke Bildsprache und viele Überraschungen
Mit dem letzten Ton der Ouvertüre verschwindet die Leinwand und gibt den Blick frei auf die Bühne. Dort liegt Ilia, die als Kriegsgefangene nach Kreta kam. Sie singt von ihrer inneren Zerrissenheit. Sie verabscheut die neue Heimat, ist jedoch in den Prinz von Kreta verliebt. Neben Ilia verteilt liegen jene Requisiten, die zuvor auch im Video vorkamen: Holzpferd, Schwert, Sandburg. Solche Doppelungen zwischen Film und Bühne streut Regisseur David Bösch wiederholt ein. Denn immer wieder findet sich auf der Bühne eine neue Projektionsfläche für Videoinstallationen. Da ist zum Beispiel das Segel des Boots, oder der Vorhang in Idomeneos Stube. Bösch bedient sich einer starken Bildsprache, indem er zum Beispiel auf einer solchen Leinwand weisse Tauben davon fliegen lässt, während der Chor mit weissen Servietten ebensolche formt.
Nicht nur die visuellen Effekte sind stark. Auch der Gesang und die Musik des Barockorchesters La Cetra, das für die Oper extra aufgestockt wurde, überzeugen. Die Sängerin Solenn‘ Lavanant-Linke, in der Hosenrolle des Idamante, setzt die Höhen und Tiefen ihrer Gefühle gekonnt um. Und auch Laurence Guillod als Ilia beeindruckt mit ihrem facettenreichen Gesang.
Das Theater Basel zeigt mit «Idomeneo» einen dichten multimedialen Theaterabend voller Anspielungen, bildstarken Momenten und Überraschungen. Schauspiel, Gesang, Orchester und Videoinstallationen verdrängen einander nicht, sondern ergänzen sich in einem tollen Zusammenspiel.