Sie hätten kein Interesse am Kapital, sagen die jungen Frauen und Männer, die sich in Hoodys und Turnschuhen aus der Publikumsmenge herauslösen. Sie beginnen wie verrückt, in der leeren Halle umher zu rennen. Es gibt keine Stühle, keine Bühne, nur grelles Licht.
Eine Herde mehrheitlich junger Zuschauerinnen und Zuschauer steht orientierungslos herum, bohrt in der Nase und versucht, dem wie ferngesteuert umherrasenden Pulk aus dem Weg zu gehen. Dieser holt sich erst einmal Strom an den Ladekabeln, die von aufgehängten Lautsprecherboxen herabbaumeln. Handydisplays leuchten auf, Nachrichten klingeltönen vor sich hin.
Schau mich an, so bin ich
Die Darstellerinnen und Darsteller des Jungen Theater Basel wirken wie sämtlichen gesellschaftlichen Zwängen entflohen. Gemeinsam ziehen sie zwei riesige Leinwände in die Höhe und bewaffnen sich mit Kameras. Von jetzt an sieht das Publikum alles doppelt und dreifach – zum Greifen nahe im Raum, sowie digital in Übergrösse projiziert. Münder und Barthaare, Pickel und Tattoos.
Erzählt wird von gewalttätigen Eltern, vom Stress mit der Schule, von Diagnosen, Fehlleistungen und Verlusten. Wer spricht, spricht zu seinem eigenen Kamerabild, als wäre es ein Spiegel. Das wirkt zunächst intim, entwickelt auf die Dauer jedoch grosse Distanz und irritierende Kälte.
Wer’s nicht hören will, kann gehen
Sie haben es satt, diese acht Jugendlichen, in Normen und Kategorien gedrückt zu werden. Sie wollen keine idealen Arbeitnehmer werden, keine Models mit photogeshoppten Brüsten, keine Männer mit Sixpacks. Ein Sixpack trinken, das geht in Ordnung. Laut und deutlich, furzend, flüsternd und freiherzig bringen sie zum Ausdruck, was sie stört und nervt, anturnt und ekelt.
Adressat dieser stromgeladenen, digitalen Hippies ist das Internet, die Welt oder wer auch immer gerade zuhören mag. Als Zuschauer kann man auch weghören oder rausgehen, alles voll easy. Das ist die Botschaft dieser Radikalperformance, die in einem zehnminütigen Aufschrei aus verschwitzten Körpern endet. Die Welt ist kompliziert genug! Lassen wir das Hinschauen wenigstens pures Vergnügen sein.
Sendung: Radio SRF 2 Kultur, Kultur kompakt, 19.11.2015, 7:20 Uhr.