Wachtmeister Studer (Michael Neuenschwander) schleicht von der Seite her auf die Bühne. Bis auf eine Ansammlung von silbergrauen Landi-Stühlen ist diese leer. Gelbes Licht durchflutet den Zuschauersaal und lässt Publikum und Protagonisten wie Leichen aussehen. Die richtige Leiche ist Klinikdirektor Borstli, der nach einer Anstaltsparty vermisst und später leblos im Heizungskeller gefunden wird.
Was da in der Heil- und Nervenanstalt Randlingen genau passiert ist, soll nun Wachtmeister Studer herausfinden. Er tut es mit einer wirkungsvollen Mischung aus autistischem Grübeln und präzisen, verbalen Attacken. Derweil lernt er alle Patienten und Pflegerinnen sowie das stellvertretend direktoriale Ehepaar (Klaus Brömmelmeier, Susanne-Marie Wrage) kennen. Ein frostiges Duo, welches das psychiatrische Vokabular so gut beherrscht wie Studer die Zutaten einer «Berner Platte» kennt.
Die Normalität hinter Anstaltsmauern
Friedrich Glauser kannte das Leben hinter Anstaltsmauern hinlänglich. Der Autor war lange Jahre interniert, experimentierte mit Morphium und galt als schwieriger, wenn auch gutmütiger Insasse. Seine diesbezüglichen Erfahrungen flossen in den Roman, der sowohl Krimi ist, als auch die kaleidoskopische Aufnahme einer in sich zerworfenen Gesellschaft.
Die Ärzte üben mit dubiosen Therapien Macht über die Patienten aus. Die Politik hat ihre Finger im Spiel, wenn Gelder in die falschen Hände fliessen und am Ende sind in Randlingen vier Tote zu beklagen. Die Anstalt auf der Bühne mag klinisch sauber sein, in den Krankengeschichten ihrer Insassen öffnen sich tiefe Abgründe. Während Wachtmeister Studer sich Zeit lässt, jeden einzelnen Patienten und Pfleger seiner Betrachtung zu unterziehen, wird er tief hineingezogen in ein undurchsichtiges Spiel aus Täuschungen und Manipulationen.
Tolle Figuren, wenig zu spielen
Den Romanstoff auf die Bühne zu holen, ist ein nachvollziehbares Unterfangen, wimmelt es doch in Glausers Geschichte von vierschrötigen Figuren: ein bleicher Kindsmörder, ein narzisstischer Bundesratsattentäter oder eine intrigantische Krankenschwester. Beim Transfer der Geschichte ins Theater wird der Bogen der Erzählung bewusst aussen vor gelassen, was sich als Problem des langen Abends entpuppt.
Die Spannung mag riesig sein, die sich unter Studers Schädeldecke in ermittlerischer Trance anstaut. Doch bleibt sie dort seltsam gefangen. «Matto», dieser unheimliche Geist, der gelegentlich in jedem Kopf herumspukt und sich nicht mit dem Bösen oder Kranken schlechthin definieren lässt, er weht in dieser Inszenierung selten durch die Ränge.