Claraplatz, Kleinbasel. Seit einigen Tagen steht hier eine Glasbox, in der es jeden Tag eine neue Szene zu sehen gibt: Da hämmert ein Mann in historischer Militäruniform so lange auf seine Trommel ein, bis sie nur noch aus Splittern besteht. Da sitzt ein Junge auf einem Berg mit gebrauchten Patronenhülsen und poliert eine echte Waffe. Da verbiegt sich ein schwarzer Mann zu artistischen Kunststücken.
Ceci n’est pas...
Der holländische Künstler Dries Verhoeven hat für diese Arbeit den Titel von René Magrittes berühmtem Bild «Ceci n’est pas une pipe» ausgeliehen. «Ceci n’est pas de l’art/Das ist keine Kunst», steht als Titel beim Tambouren, «Ceci n’est pas le futur/Das ist nicht die Zukunft» beim Jungen mit den Waffen, «Ceci n’est pas de l’histoire/ Das ist nicht Geschichte» beim schwarzen Artisten. Damit setzt Verhoeven die Bilder in einen gesellschaftlichen Kontext.
Der Dramaturg Tobi Brenk von der Kaserne Basel erklärt, dass es Dries Verhoeven mit seiner Arbeit nicht ums Provozieren geht: «Es sind starke Bilder, aber der Künstler will damit nicht in erster Linie provozieren. Er will das Publikum und die Passanten dazu einladen, über ihre Eindrücke zu diskutieren und so Debatten über gesellschaftliche Themen aktiv mitzugestalten.»
Performative Stadtforschung
Das Projekt von Dries Verhoeven ist Teil von «performaCity», einem Performancefestival und einer interdisziplinären Konferenz. Im Rahmen von «performaCity» sollen unterschiedliche Formate und Formen einer performativen Stadt-Erforschung gezeigt und diskutiert werden.
Die Stadt und die Gesellschaft seien in den letzten Jahren für viele Künstler zu einem wichtigen Thema geworden, sagt Carena Schlewitt von der Kaserne Basel. Sie veranstaltet seit Jahren regelmässig Projekte im Aussenraum: «Wenn ein Künstler sich mit der Stadt oder ihrer Wahrnehmung auseinandersetzt, ist es naheliegend, dass er dies nicht im geschlossenen Theaterraum tut, sondern direkt im Stadtraum. Ausserdem ermöglichen solche Projekte einen neuen Kontakt zum Publikum.»
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In welcher Stadt wollen wir gelebt haben?
Voltaplatz, Basel West. Die Zuschauerin bekommt im Café Florida einen Kopfhörer samt Ghettoblaster übereicht und einen Platz am Fenster zugewiesen. Ein Buch mit historischen Bildern liegt auf dem Tisch. Das Projekt des englischen Künstlers Ant Hampton führt das Publikum in die Vergangenheit und verbindet diese geschickt mit einer möglichen Zukunft des Platzes. Und damit auch mit der eigenen Gegenwart.
Der Kulturwissenschaftler und Kurator Imanuel Schipper beschäftigt sich seit Jahren mit der Frage, wie künstlerische Projekte im Stadtraum die Wahrnehmung einer Stadt beeinflussen. Im Rahmen von «performaCity» wird er eine interdisziplinäre Konferenz ausrichten, in der Soziologen und Philosophinnen wie Harald Welzer, Saskia Sassen und Aleida Assmann über die kulturelle Zukunft der urbanen Gesellschaft nachdenken werden.
Gebaute und gelebte Stadt
Gerade performative Künstler hätten in den letzten Jahren Methoden und Formate entwickelt, die die Stadt nicht nur als Kulisse nehmen, sondern mit ihren Projekten eigentlich Stadtforschung betreiben. Imanuel Schipper erklärt: «Eine Stadt besteht nicht nur aus Häusern und Plätzen. Auch das Gelebte, die Kultur, ist entscheidend. In diesem Bereich können Künstlerinnen und Künstler einen wichtigen Beitrag leisten.»
Wie gestalten wir unser Zusammenleben? Wenn Performance und Stadt zu Komplizen werden, so wie es in «performaCity» der Fall ist, kann man sich definitiv auf die Zukunft freuen.