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Theaterszene: Ein Schauspieler sitzt an einem Holztisch und erzählt.
Legende: Das Setting: Ein Schauspieler sitzt an einem Holztisch und erzählt eines von Shakespeares Theaterstücken. Force Entertainment/Hugo Glenndinning

Bühne Shakespeare als Theatermarathon: Hamlet ist eine Essigflasche

Die Performancegruppe Forced Entertainment sorgt seit über 30 Jahren dafür, dass aus England neben klassischem dramatischem Theater auch aufregende zeitgenössische Spielformen kommen. Jetzt spielen die Briten ausgerechnet Shakespeares «Complete Works». Am Küchentisch.

Der deutsche Theaterwissenschaftler Hans-Thies Lehmann habe ihre Arbeit in einem Artikel einmal mit Shakespeare verglichen, erzählt die Performerin Cathy Naden.

Vielleicht sei das einer der Ursprünge ihrer neuen Arbeit gewesen, in der die britische Theatergruppe das gesamte dramatische Werk des englischen Nationalhelden auf die Bühne bringt.

Forced Entertainment

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1984 gründen sechs Absolventen des Drama-Studiengangs an der University of Essex in Sheffield « Forced Entertainment ». Sie treten mit dem hoch gesteckten Ziel an, das zeitgenössische Theater neu zu definieren. Mittlerweile zählt das Ensemble um Regisseur und Autor Tim Etchells zu den Top-Gruppen der europäischen Theaterlandschaft.

36 Dramen in neun Tagen. Vorgetragen als Solos von sechs Performern. Das Setting ist dabei einfach: Ein Holztisch vor einem roten Vorhang, an dem abwechselnd einer sitzt und eines der Theaterstücke von Shakespeare erzählt.

Die Protagonisten der Stücke sind: Küchenutensilien, Kosmetikprodukte und andere Alltagsgegenstände.

Begnadete Storyteller

«Ich war selbst verantwortlich für das Casting der sechs Stücke, die ich spiele. Das war viel Shopping! Je nach Plot mussten wir ja ziemlich viele Gegenstände finden, die das Personal in Shakespeares Stücken präsentieren können», erzählt Cathy Naden in Basel. Dort zeigen sie im Rahmen des Theaterfestival Basel zur Zeit «Complete Works: Table Top Shakespeare».

Wie gute Puppenspieler beseelen die Performer diese Gegenstände, lassen sie gegeneinander antreten, zeigen mal Anteilnahme, nehmen dann wieder Distanz. Wenn etwa in «Julius Caesar» die Truppen gegeneinander antreten, sind die Soldaten einfache Pappbecher. Der ermordete Julius Caesar liegt als Olivenölflasche auf dem Boden, seine Frau Calpurnia weint als Handcremetube um ihn.

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Soghafte Wirkung

Es ist erstaunlich, wie diese einfache Erzählform das Publikum gefangen hält. Nicht wenige geben sich nicht nur mit einem Stück zufrieden, sondern werden zu Wiederholungstätern. Jedes Stück dauert etwa 50 Minuten, immer zur vollen Stunde fängt ein neues an.

Links und rechts des Tisches stehen zwei grosse Regale mit den Requisiten für alle Stücke. Da stehen dann Gewürzgläser neben Batterien, da liegt eine Aubergine neben einer Teetasse. Unbespielt wirken die Gegenstände wie ein Haufen Gerümpel im Lager eines Brockenhauses.

Theaterszene: Ein Mann sitzt an einem Holztisch und greift nach einer Ketchup-Flasche.
Legende: Die Protagonisten: Küchenutensilien, Kosmetika, Alltagsgegenstände. Forced Entertainment/Hugo Glendinning

Hat man sie aber einmal von einem der begnadeten Geschichtenerzähler von Forced Entertainment zum Leben erweckt gesehen, kann man bei ihrem Anblick fast nicht mehr anders als an Hamlet, Ophelia oder einen historischen Kriegshelden aus der Shakespearewelt denken.

Die Gruppe Forced Entertainment existiert seit mehr als 30 Jahren und hat es immer wieder geschafft, sich selbst herauszufordern und das Theater dabei neu zu erfinden. Das gelingt ihnen auch mit «Complete Works: Table Top Shakespeare.»

Theater oder Livestream: Das ist die Frage

Aufführungshinweis

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«Complete Works: Table Top Shakespeare» ist noch bis zum 9. September am Theaterfestival Basel zu sehen: jeweils um 18, 19, 20 und 21 Uhr.

Auch wer es nicht ins Theater schafft, muss auf die brillant erzählte Shakespeare-Serie nicht verzichten. Denn jedes einzelne Stück kann auch im Livestream verfolgt werden.

«Der Kontakt zum Publikum war immer ein Aspekt, der uns sehr interessiert hat. Mit der Möglichkeit, die einzelnen Stücke im Livestream über den intimen Theaterraum hinaus zu verbreiten, ergeben sich für uns auch neue Möglichkeiten der Beteiligung des Publikums», sagt Cathy Naden im Gespräch.

Denn wenn im Theater das Reden miteinander verpönt ist, kann das Publikum draussen per Twitter die Show kommentieren und sich zeitgleich austauschen.

Es lohnt sich, diese Arbeit sowohl im Theater wie im Internet zu erleben. «Table Top Shakespeare» ist eines der wenigen Theaterprojekte der letzten Jahre, die ich kenne, die tatsächlich in beiden Medien funktionieren. Ja, mehr als das: Die Suchtgefahr ist vor dem Bildschirm wie im Theater beträchtlich.

Sendung: Radio SRF 2 Kultur, Kultur kompakt, 6.9.2016, 17:08 Uhr.

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