Die Biografie und Geografie Thomas C. Breuers könnte man so zusammenfassen: Geboren wurde er in Thüringen, zu leben pflegt er in Baden-Württemberg und zu denken gibt ihm die Schweiz. Wie kommt das?
Durch zahlreiche Auftritte wurde der «junge Wilde», wie ihn der Satiriker und Schriftsteller Bernhard Lasshahn einmal nannte, schon früh mit den Tunnels und Schienenwegen der SBB vertraut und schloss hier Freundschaften. Zum Beispiel mit dem Aargauer Schauspieler Werner Bodinek, mit dem er in den 80ern durchs Land zog, mit Roger Graf und SRF 3, für das er satirische Kolumnen schrieb, oder mit dem Theater im Teufelhof in Basel. Hanns Dieter Hüsch lud ihn seinerzeit in seine legendäre Sendung «Treffpunkt Studio Bern» ein. All das wurde für Breuer zum Grundstock einer wachsenden Landeskenntnis.
Alles dreht sich um die Sprache
Bis heute sind drei abendfüllende Schweiz-Programme entstanden, im Oltner Knapp-Verlag ist ein Buch mit dem Titel «Gubrist, mon amour» erschienen. Überhaupt schreibt dieser Mann, wie Literaturkritikerin Elke Heidenreich feststellte, ganz nebenbei «hinreissende Bücher».
Immer steht die Sprache im Vordergrund, all die dialektalen Eigenheiten. Thomas C. Breuer findet sie und klappt sie genüsslich aus - wie ein Schweizer Sackmesser aus Worten. Im Satiremagazin «PET» oder der «Zytlupe» auf Radio SRF 1 ist jeden Monat zu erleben, dass keine Tages-Aktualität vor diesem breuerschen Sezierwerkzeug sicher ist.
Von Breuer wollen die Schweizer etwas über sich selbst erfahren
Nicht zum ersten Mal übrigens vergibt die Jury den bedeutendsten Radio-Kabarettpreis an einen Künstler aus dem Ausland. Zweimal schon ging der Schweizer Stier an gebürtige Italiener: 1996 an Massimo Rocchi und 2003 an Ferruccio Cainero. 1997 bekam ihn ein Österreicher, der Schauspieler Wolfram Berger. Alle diese Künstler hatten sich um die Schweizer Kleinkunstszene verdient gemacht, und dies bestimmt nicht nur, indem sie anfingen, in der Eidgenossenschaft zu wohnen oder Zug zu fahren.
Thomas C. Breuer durchreist die Orte, mit deren Namen er in seinen Programmen spielt und aus denen er noch den letzten Tropfen Sinn herauspresst. Dabei ruht aber nur eines seiner Augen auf dem Ortsnamen, das Zweite liest aufmerksam unsere Zeitungen. So wird Breuer zum Experten, den die Schweizer seit 30 Jahren immer wieder einladen, um etwas über sich selbst zu erfahren.
Einstimmig zum Sieger gewählt
Trotzdem, im Falle des Deutschen Thomas C. Breuer, kann das grenzüberschreitende, satirische Terrain zuweilen auch einer Hassliebe gleichen. So verstehen einige Schweizer die Ironie nicht, wenn Breuer ihnen eine neue Flagge vors Gesicht hält. Im Schwarzrotgold prangt dort, im roten Streifen, ein Schweizer Kreuz. Keine feindliche Übernahme, sondern die Frage, welches Land hier eigentlich besser dran wäre, zwischen Schwarzgeld, Goldbarren und anderen blutroten Vergangenheiten. Breuer eröffnet damit auch die Frage: Wie viel Demokratie verträgt Deutschland, wie viele Deutsche die Schweiz?
Das Verhältnis der Schweiz zu Deutschland ist bei Breuer aber gut aufgehoben. Verschmitzt beruhigt er sein Publikum jeweils mit dem Hinweis, dass er nach der Vorstellung wieder nach Rottweil zurückreist.
Sesshaft wird der sogar in Neufundland auftretende Thomas C. Breuer nie werden, doch ist er vom «jungen Wilden» zum reifen Winzer herangewachsen. Sein aktuelles Programm heisst «Kabarett Sauvignon», und es beweist: dieser Breuer wird, wie ein Wein, immer noch besser. So wurde der Wahlschweizer ohne Stimmrecht von der Jury des Salzburger Stiers denn auch einstimmig zum Preisträger 2014 gewählt.