«Un ballo in maschera» spielt in Boston, USA, und erzählt die Geschichte rund um den Mord an Gouverneur Riccardo. Riccardo – grenzenlos verliebt in Amelia, die Frau seines besten Freundes Renato – ist politisch naiv, ja blind. Das kostet ihn am Schluss das Leben.
Vor dem Sitz des Gouverneurs beginnt denn auch die Basler Inszenierung. Es ist ein Haus im typisch amerikanischen «federal style». Ein paar lustige Herren im Cowboy-Look treten auf. Ernst nimmt man diese Verschwörer vorläufig nicht. Fröhlichkeit ist angesagt. Man fragt sich, wohin dieses Opernidyll noch führen soll.
Scharfe Kontraste hell - dunkel
Ein krasser Wechsel folgt mit dem zweiten Bild. Es führt im wahrsten Sinn des Wortes auf die Hinterbühne – zu dem, was bislang verdrängt wurde: zur Wahrsagerin Ulrica. Zu Dingen, die man nicht gerne hört. Ein karges, dunkles Bild – und eine Musik, die Klartext redet: das Unheil naht!
Keine andere Oper von Giuseppe Verdi bietet so krasse Wechsel vom Frohsinn ins Abgründige, von der Freundschaft zur Feindschaft, vom Operettenstil zum Operndrama. Sowohl musikalisch wie von der Regie her gelingt dieser erste Schnitt vom Hellen ins Dunkel überzeugend. Überrascht und erregt wartet man auf den Gesang der Wahrsagerin (Sanja Anastasia), die einen mit ihrem vollen, dunklen Mezzosopran auch sogleich in Bann zieht
Ein politischer Stoff - oder doch nicht?
Das wars dann aber auch schon fast. Viel mehr Aussagen bekommen wir von der berühmten bulgarisch-deutschen Regisseurin Vera Nemirova nicht. Ist es nun ein politischer Stoff, oder gehts um die grossen menschlichen Gefühle generell? Was bedeutet die Verstrickung von Politik und Privatem heute? Was hat der Mord am Gouverneur mit uns zu tun? Antworten bleibt die Inszenierung schuldig.
Ein bisschen wird die Hippiezeit der 60er und 70er Jahre angedeutet, der Kennedy-Mord, der Vietnamkrieg. Der Tod taucht immer wieder auf – immerhin ein starkes Bild: der Page Oskar, erst als Cheerleader, später mit schwarzen Todesflügeln.
Aber im Ganzen ist keine klare Linie erkennbar, weder ein wirkliches Statement, noch die Handschrift der Regisseurin. Das interessante Umschlagen von Hell zu Dunkel zu Beginn der Oper liesse sich z.B. psychoanalytisch deuten: vom Bewussten zum Unbewussten. Doch auch dieser Gedanke verläuft im Sand.
Amelia singt um ihr Leben - eine bravouröse Sunyoung Seo
Dafür aber ist die Handschrift einzelner Sängerinnen und Sänger unverkennbar: die junge koreanische Sopranistin Sunyoung Seo als Amelia singt um ihr Leben: Sie hat unglaublich viel Power – immer, wenn man glaubt, dass sie den Höhepunkt erreicht hat, gibt sie noch eins drauf. Das kann auch mal schief gehen, vor allem bei Schlusstönen. Bei so viel Verausgabung bangt man schon um die Zukunft dieser tollen Stimme. Aber ihre Rolle meistert sie sehr eindrücklich.
Link zur Aufführung
Daneben wirkt der Tenor Ricardo Massi als Gouverneur Riccardo fast blass. Der in Basel inzwischen sehr beliebte Eung Kwang Lee wartet seinerseits als Renato mit schönem, warmem Bariton auf.
Und das Sinfonieorchester Basel unter Dirigent Giuliano Betta leistet tolle Arbeit: Ein frischer Klang, engagiert, etwas zaghaft, wenn‘s um Abgründiges geht, aber zunehmend flexibler im Lauf des Abends.
Fazit: Ein Basler Verdi-Abend, der nicht weh tut – der sich aber durchaus lohnt.