Der Beruf ist neu. So neu, dass noch keiner genau weiss, was er umfasst. «Genau das herauszufinden ist meine Aufgabe», lacht Yves Regenass.
Yves Regenass wird nächstes Jahr vierzig und ist damit gerade noch kein «digital native». Der ehemalige Primarlehrer ist Performer und Kulturwissenschaftler und entwickelt mit seinem deutsch-schweizerischen Theaterkollektiv machina eX seit vielen Jahren experimentelle Theater-Games, in denen das Publikum zu Mitspielenden wird.
Für Yves Regenass ist klar: Die Digitalisierung betrifft die ganze Gesellschaft, auch alle Bereiche des Theaters. Es geht um mehr als um digitale Theaterformate, wie sie seit eineinhalb Jahren pandemiebedingt Konjunktur haben.
Die Pandemie als Brandbeschleunigerin
Die Pandemie hat dem Digitalen einen Schub gegeben. Neue Förderinstrumente unterstützen die digitale Transformation.
Es gibt neue Plattformen für digitales Theater, neue Netzwerke und folgerichtig eben auch: Neue Berufsbilder.
Digitalität geht alle an
Vor kurzem trafen sich im Foyer des Theater Chur Mitarbeitende aus allen Abteilungen zu einem Workshop, zu dem Yves Regenass eingeladen hatte: Der Theaterdirektor war da, die Grafikerinnen waren gekommen, die Buchhalterin, die Praktikantin, das Bar-Personal und sogar die Stiftungspräsidentin.
Es ging darum, gemeinsam herauszufinden, was das Potential des digitalen Theaters für Chur sein könnte. Und es ging, zumindest auf den ersten Blick, alles andere als «digital» zu und her. Es wurden Spiellogiken entwickelt und Theaterkonventionen hinterfragt. Es ging um einen Teamprozess, den Yves Regenass spielerisch und motivierend anleitete.
«Ein offene Haltung gegenüber dem Digitalen kann man nicht einfach von oben nach unten verordnen, sie muss tief in der Institution verankert werden», sagt er.
Digitale Haltung
Es mache keinen Sinn, das Analoge gegen das Digitale auszuspielen, sagt Regenass. «Neue digitale Formate wie Streaming, Theater-Games oder Experimente mit VR-Brillen sind keine Konkurrenz zum analogen Live-Erlebnis.»
Das traditionelle Theater sei von diesen Formen nicht gefährdet. Im Gegenteil, es gehe um eine Erweiterung: «Das Theater hat immer schon neue Technologien aufgenommen und damit experimentiert.»
Eine Chance des Digitalen sieht Regenass auch darin, neue Publikumsschichten anzusprechen. «Wir vergessen oft, dass es viele Leute gibt, die bisher keinen Zugang zum Theater haben».
Digital liegt das Engadin ganz nah
Mit digitalen Formaten sei es möglich, auch Menschen anzusprechen, die nicht in Chur wohnen. «Wer im Engadin lebt, fährt nicht regelmässig für eine Vorstellung ins Theater Chur», sagt Yves Regenass.
Das Theater Chur aber wolle ein Theater für den ganzen Kanton sein, sagt Yves Regenass und freut sich über die neuen Möglichkeiten, die mit der Digitalisierung aufs Theater zukommen.