Freillichttheater gehören zur Schweiz wie Käse, Schokolade und Uhren. Landauf, landab investieren Amateurschauspieler von Jung bis Alt Monate für Proben und die Organisation der Freilichtinszenierungen. Für viele ist es mehr als nur eine Freizeitbeschäftigung.
Dieses Jahr aber ist wegen Corona alles anders. Ein Grossteil der Proben konnte nicht stattfinden. Deshalb werden die geplanten Stücke diesen Sommer nicht aufgeführt. Rund 40 Darstellerinnen und Darsteller gemeinsam auf der Bühne – das ist aktuell undenkbar.
Ein Liebhaber am Boden
Die Enttäuschung war gross, auch bei Ueli Blum, dem Regisseur beim Landschaftstheater Ballenberg. Aber weil die Schauspieler sich die Zeit schon reserviert hatten, sei rasch die Frage aufgekommen: «Können wir nicht etwas machen, das Corona-konform ist?»
Gesagt, getan. In nur einem Monat hat man im Freilichtmuseum Ballenberg einen theatralen Rundgang von Bauernhaus zu Bauernhaus entwickelt und mit einem kleinen Ensemble geprobt.
Die Geschichten hat Regisseur Ueli Blum den Fähigkeiten der Amateurspieler und der Corona-Situation angepasst. «Der Liebhaber ist dann halt vor seiner Angebeteten gestolpert und liegt vor ihr am Boden, anstatt sie zu umarmen», lacht Blum.
Sex mit Sicherheitsabstand
Solche Herausforderungen kennt auch Simon Burkhalter. Auf der Moosegg hat der Regisseur Woody Allens «Mitternachtssex-Komödie» inszeniert.
Burkhalter sagt: «Mir war damals noch gar nicht bewusst, dass man auch auf der Bühne den Sicherheitsabstand wahren muss.» Der Regisseur fragte sich: «Wie zeigt man ein Stück über Trieb und Sexualität aus zehn Metern Distanz?»
Die Lösung war ein Setzkasten als Bühnenbild, in dem jeder Schauspieler und jede Schauspielerin allein in einem Abteil spielt. Vorgaben und Verbote, so Burkhalter, hätten die Kreativität angeregt und zum Experiment ermutigt. «Unter dem Deckmantel Corona kann man die Tradition auch ein wenig brechen.»
Löcher in der Kasse
Woody Allen also. 120 Gartenstühle statt einer Tribüne mit 300 Plätzen. Denn coronasicher soll das Stück auch für das Publikum sein.
Das hat allerdings finanzielle Folgen: Fehlende Eintrittsgelder führen zu Defiziten in den Kassen der Freilichttheater. Zudem: Die meisten Freilichttheater sind von Firmen gesponsert.
Diese aber müssen aktuell selber schauen, dass sie über die Runden kommen. Wegen solcher Unsicherheiten haben die Freilichtspiele Luzern ihre Produktion bereits um zwei Jahre verschoben.
Unter den Absagen und Verschiebungen leiden nicht nur die Freilichttheater, weiss Ueli Blum. Auch die Restaurants machen weniger Umsatz. In den Hotels bleiben viele Betten leer.
700 Besucher aus der ganzen Schweiz, die pro Abend den Ballenberg bevölkern – normalerweise. Im Corona-Sommer gilt es umzudenken und nach Alternativen zu suchen – nicht nur im Theater.