Der Salzburger Stier gilt als Ritterschlag für deutschsprachige Kleinkünstlerinnen und Kleinkünstler. Ein Genre, das der diesjährige Preisträger Markus Schönholzer erst spät für sich entdeckte. Lange Jahre wirkte er vor allem hinter der Bühne: Er schrieb Musicals wie «Die Schweizermacher» oder «Gotthelf», komponierte für Theaterproduktionen, Kinofilme oder andere Bühnenschaffende wie Ursus & Nadeschkin.
Neustart in der Lebensmitte
«Ich mochte diese Zeit. Aber manchmal lag ich nach einem vollen Tag im Bett und fragte mich: Was habe ich heute gemacht?» Dieses Gefühl gab ihm den Anstoss, sich mit rund 50 Jahren neu zu erfinden und als Solokünstler mit Mundartliedern aufzutreten.
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Bild 1 von 4. Mit zarten 20 Jahren und langen Haaren: Markus Schönholzer (ganz rechts) startete seine musikalische Reise mit der Band Kloendoer. Bildquelle: Privat / Markus Schönholzer.
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Bild 2 von 4. Erste Versuche als Geschichtenerzähler: 2003 vertonte Markus Schönholzer mit «The Circus McGurkus» englische Gedichte. Bildquelle: Privat / Markus Schönholzer.
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Bild 3 von 4. Zusammen mit Robi Rüdisüli folgte 2017 sein erstes Mundartalbum. Bildquelle: Privat / Adrian Elsener.
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Bild 4 von 4. Für das Musiktheater «Forever Young» steht Markus Schönholzer (in weissem Pullunder) auch selber auf der Bühne. Bildquelle: Privat / Christian Knecht.
Ein Wandel, wie es in Markus Schönholzers Leben einige gab: Nach seiner Kindheit in den USA musste er als Elfjähriger in der Schweiz zunächst Sprache und Kultur kennenlernen. Musikalisch startete er seine Karriere in nischigen Rockprojekten und fand später zum Musical – oder besser gesagt: Das Musical fand ihn.
Schriftsteller und Musicalautor Charles Lewinsky fragte ihn für eine erste Zusammenarbeit an. Ein Genrewechsel, der ihn zunächst Überwindung kostete. «Ich bin musikalisch ein Kind der 1980er-Jahre: Widerstand, Dagegen-Sein. Das Showbusiness verkörpert das Gegenteil. Das war ein krasser Prozess für mich.»
Heute schätze er die Musicalwelt, ganz angekommen sei er dort aber nie. «Es war eine schöne Erfahrung, Blockbuster zu machen, obwohl ich eigentlich eher der Typ Arthouse-Film bin.» Trotzdem war es die Arbeit an einem grossen Musical, die ihm den Weg zur Kleinkunstkarriere ebnete.
Für «Die Schweizermacher» schrieb er erstmals Songtexte auf Schweizerdeutsch statt auf Englisch – und fand Gefallen daran. «Mundart ist nahe an den Emotionen der Leute. Man kann mit wenigen Worten Dinge sagen, die man sonst auf Umwegen erklären müsste.»
Nie gegen andere, immer gegen die eigene Unbeholfenheit
Als Musikkabarettist holt Markus Schönholzer sein Publikum im Kleinen ab, im Alltag. Etwa, wenn er im Stück «Gaffer» beschreibt, wie ein Ehepaar schweigend die Beziehungsprobleme am Nebentisch belauscht und sich gleichzeitig um die eigene Aussenwirkung sorgt. Oder wenn er in seinem abendfüllenden Stück «Die Schönholzers» einen Teenager spielt, der einen Protestsong schreiben will – und dann eine Hymne gegen die Kompostkübel-Leerungs-Pflicht anstimmt.
Markus Schönholzers Humor richtet sich nicht gegen andere, sondern stets gegen die eigene Unbeholfenheit. «Ich will auf der Bühne niemanden fertigmachen. Wenn, dann bin ich es selber, der drankommt.» Wer mitlacht, wenn Schönholzers autofiktionale Figuren stolpern und scheitern, lacht aus eigener Erfahrung.
Sein Humor paart sich oft mit einer feinen Melancholie. Etwa wenn er über die grossen Themen des Lebens grübelt: die Suche nach Sinn, das unmögliche Ablösen von der eigenen Familie oder das Älterwerden.
Markus Schönholzer erhält den Salzburger Stier kurz vor dem Pensionsalter. Für ihn genau der richtige Moment. «Vor zehn Jahren hätte mich das vollkommen überfordert. Ich wäre auch noch nicht so weit gewesen. Jetzt aber freue ich mich sehr.» Sein Publikum kann hoffen, dass ihm der Kabarettpreis den nötigen Schwung verleiht, das Liederschreiben und Auftreten noch einige weitere Jahre zu verfolgen.