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Hans-Reinhart-Ring 2022 Verbindlichkeit First: Hohe Theaterauszeichnung für Barbara Frey

Barbara Freys Werke leben von ihrem präzisen Blick und einer Zusammenarbeit auf Augenhöhe. Nun erhält die Regisseurin und Intendantin den renommierten Grand Prix Darstellende Künste. Verbeugung vor einer Feinsinnigen.

Auf der Favoritenliste stand Barbara Frey schon lange. Und als sie 2016 einen der Schweizer Theaterpreise erhielt, fragte man sich: Warum nicht gleich den Grand Prix? Nun ist es endlich so weit.

Hans-Reinhart-Ring

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Der Schweizer Grand Prix Darstellende Künste / Hans-Reinhart-Ring ist die höchste Theater-Auszeichnung der Schweiz. 1957 rief ihn die Schweizerische Gesellschaft für Theaterkultur ins Leben, schon damals für Künstlerinnen und Künstler aus allen Bereichen der Bühnenkünste.

Seit 2014 ist er dem mit 100 000 Franken dotierten Schweizer Grand Prix des Bundesamts für Kultur angegliedert. Den jeweils eigens angefertigten Goldring mit dem Bild einer Theatermaske konnten bisher u. a. Ursina Lardi, Christoph Marthaler oder Gardi Hutter entgegennehmen.

Sie fühle sich geehrt, sagt Barbara Frey, und denke an «all die Menschen, denen ich diesen Preis verdanke, die mit mir am Theater gearbeitet haben, zuallererst die Schauspielerinnen und Schauspieler.»

Gegenwärtig leitet Frey die Ruhrtriennale. Wie in ihrer Zeit am Schauspielhaus Zürich (2009 bis 2019) führt sie als Intendantin auch Regie.

Gesellschaft der Vereinzelten

In Bochum hat sie soeben «Das weite Land» von Arthur Schnitzler inszeniert: das beklemmende Porträt einer Gesellschaft der Vereinzelten, in die sich monströs die Triebe hineinfräsen.

Zwei Frauen stehen mit dem Rücken zueinander
Legende: In «Das weite Land», das Barbara Frey am Wiener Burgtheater inszenierte, bleibt vieles zwischen den Figuren bewusst unausgesprochen. Andreas Pohlmann

Es ist ein typischer Frey-Abend. Er vereinigt vieles in sich, was ihre Handschrift ausmacht. Sie lässt ein Beziehungsnetz sich entspinnen. Sie webt es musikalisch fort.

Es geht hin und her zwischen den Figuren, bleibt im luftleeren Raum des Unausgesprochenen hängen, findet sich wieder zu schwebenden Koalitionen, wird viskos, verdämmert gar. In Freys neueren Arbeiten siedelt vorzugsweise ein melancholisches Chiaroscuro.

Harmonien einer vorbewussten Welt

Das gilt auch für ihren Abschied von Zürich, den Joyce-Abend «Die Toten». Ein dunkel schimmerndes Highlight und die Sprachmusik von James Joyce, Gesang des Ensembles, gedämpfte Harmonien vom Hackbrett, die hereinwehten wie aus einer vorbewussten Welt.

Zu Barbara Freys Handschrift als erste und bisher einzige Intendantin am Zürcher Schauspielhaus gehörte aber auch, dass sie zahlreiche starke Regiehandschriften neben der ihren präsentierte.

Die der Altmeister Werner Düggelin und Frank Castorf. Solche, die Zürich noch nicht kannte: Karin Henkel, Christopher Rüping – den ihre Nachfolger jetzt als Hausregisseur engagiert haben. Aber auch aufkommende.

Basel und Bärfuss als Konstanten

Barbara Frey wurde 1963 geboren. Sie wuchs in Basel auf, studierte in Zürich Germanistik und Philosophie, dann wirkte sie als Schlagzeugerin. Erste Theatererfahrungen sammelte sie in der freien Szene.

Ab 1988 arbeitete sie am Theater Basel. Dann rief Berlin: An der Schaubühne und am Deutschen Theater wurde Frey Hausregisseurin. Immer wieder kehrte sie nach Basel zurück, etwa mit der Uraufführung «Die sexuellen Neurosen unserer Eltern» von Lukas Bärfuss.

Ein Mann und eine Frau auf einer Bühne, er sitzt an einem Tisch, sie lehnt gegen ein Möbel
Legende: EIne Bühne für den Hausautor: Diese Aufnahme entstand während der Proben zu «Malaga». Das Stück von Lukas Bärfuss feierte im Mai 2010 am Zürcher Schauspielhaus seine Uraufführung. Keystone/Walter Bieri

Es folgten Bärfuss-Uraufführungen während ihrer Schauspielhaus-Ära. Lukas Bärfuss war ihr als Autor und Dramaturg in Zürich verbunden, er blieb es für die Ruhrtriennale.

Er spricht von der ungewöhnlich inspirierenden Atmosphäre, der gegenseitigen Be-Geisterung, wenn er mit Frey ein Projekt plane.

Ohne Vertrauen keine Kunst

Mit manchen Künstlerinnen und Künstlern pflegt sie langjährige wegbegleitende Beziehungen. «Das ist für mich elementar», erklärt sie. «Vertrauen ist unser wichtigstes Gut. Wir haben die Liebe und wir haben das Vertrauen, ohne das gibt es keine Kunst.»

Verbindlichkeit. Das ist vielleicht das Schlüsselwort. Die Präzision der Einlässlichkeit, des Aushorchens. Das kann sperrig anmuten, und es ist nicht das direkte Werben um die Publikumsgunst.

Aber es hallt nach. Aus den Zwischenreichen von Welt und Traum herüber, aus den Zwischenböden unter den Oberflächen herauf.

Schweizer Preise Darstellende Künste 2022
Preise Darstellende Künste Frida León Beraud
Marco Berrettini
Sophie Gardaz
Geschwister Pfister
Paola Gianoli
Yann Marussich
Mike Müller
Susanne Schneider/BewegGrund
Ticino is Burning
Schweizer Theaterproduktion 2021 «Manuel d’exil», Maya Bösch
Schweizer Tanzproduktion 2021 «La Peau de l’Espace», Yasmine Hugonnet
June Johnson Newcomer Prize 2021 Kollektiv InQdrt

Radio SRF 2 Kultur, Kultur-Aktualität, 08.09.2022, 17:10

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