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Mummenschanz: Mit ohrenbetäubender Lautlosigkeit
Aus Kultur Webvideos vom 06.10.2019.
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Mummenschanz, mon amour «Madonna mia, schon wieder Schweizer!»

Floriana Frassetto hat das legendäre Mummenschanz-Trio 1972 mitbegründet. Am Anfang war die Tochter italienischer Einwanderer aber skeptisch.

Das Maskentheater Mummenschanz funktioniert heute wie 1972 nach dem gleichen Konzept: aufwendige Kostüme aus Alltagsmaterialien, Witz, subtiler Sarkasmus und keine Worte.

Das ist einer der Pfeiler, der über die Jahre gleichgeblieben ist. Der andere ist Floriana Frassetto. «Mein Weg bleibt der gleiche», sagt die einzige Frau des Gründertrios von Mummenschanz.

Eine schicksalhafte Begegnung

Frassetto ist 17 als sie sich entscheidet, Schauspielerin zu werden. Sie macht zuerst eine zweijährige Ausbildung an der Theater-Akademie von Alessandro Fersen in Rom. Dann beschliesst sie, ihre Künste an der Bewegungsschule Teatro Studio des Schweizers Roy Bosier zu vervollkommnen.

Bosier ist es, der sie an einem Abend im Jahr 1970 zu einer Theatervorstellung zweier Schweizer mitnimmt. «Ich dachte nur: Madonna mia, schon wieder Schweizer!», erinnert sich Frassetto, die Tochter italienischer Einwanderer in die USA.

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Mummenschanz
aus 100 Sekunden Wissen vom 04.10.2011.
abspielen. Laufzeit 1 Minute 51 Sekunden.

Diese Vorstellung sollte aber schliesslich ihr Leben verändern: Sie trifft zum ersten Mal Bernie Schürch und Andres Bossard, mit denen sie 1972 Mummenschanz gründet.

Mummenschanz hebt ab

Das Trio erlebt einen Aufstieg wie aus dem Bilderbuch. Sie werden zu den wichtigsten Festivals eingeladen, ein Film entsteht und schliesslich landen sie von 1977 bis 1980 am Broadway in New York.

«Wir waren ein starkes Team. Es kam alles zusammen: Kreativität, Poesie, Lebenshoffnung. Es war eine wunderbare Zeit», sagt Frassetto nostalgisch.

S/W-Bild: Zwei Männer und eine Frau sitzen vor einer Art gebasteltem Baum. Es sind die drei Mitglieder des Trios Mummenschanz mit einem selbstgebastelten Requisit.
Legende: 1979: Andres Bossard, Floriana Frassetto und Bernie Schuerch (v.l.) posieren als Trio Mummenschanz für ihr Fernsehprogramm "Der Apfel". Keystone

In dieser Zeit wird auch Frassettos Tochter Melanya, das Kind eines Flamencosängers aus Spanien, geboren: «Das war sicher der schönste Moment in meinem Leben», sagt Frassetto.

Gleichzeitig sei es nicht immer einfach gewesen, Arbeit und Muttersein miteinander zu vereinbaren: «Wir waren so verliebt in unsere Arbeit. Wir mussten und wollten weitermachen, aber manchmal war es ein Kampf.»

Aus dem Trio wird ein Duo

Auf dem Gipfel des Erfolges erkrankt Bossard schwer. 1992 stirbt er an den Folgen von AIDS. «Bernie und ich waren einen Moment lang in einem dunklen Tunnel gefangen und fragten uns, ob wir weitermachen sollten», so Frassetto. «Im Namen von Andres wollten wir es aber dann probieren».

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Aus dem Archiv: Zu Gast im «Mummenschanz»-Archiv in Altstätten.
Aus Kulturplatz vom 21.09.2011.
abspielen. Laufzeit 27 Minuten 45 Sekunden.

20 Jahre lang steht das zum Duo geschrumpfte Trio weiter zusammen auf der Bühne. Es sei nicht immer einfach gewesen. «Unsere Dreiecksbeziehung war so speziell. Aber Bernie und ich haben das Beste daraus gemacht», resümiert Frassetto. 2012 zieht sich Schürch schliesslich altersbedingt aus dem Rampenlicht zurück.

Mummenschanz mit neuen Mummen

Frassetto ist nun die letzte Mumme des Gründungstrios. Anstatt aufzuhören, hat sie vier junge Bewegungskünstlerinnen rekrutiert, mit denen sie Mummenschanz neu belebt hat.

Sechs personen stehen vor einer weinroten Wand. Alle machen eine eigene Bewegung, gehen in die Knie oder strecken die Arme aus. Es ist das neue Mummenschanzensemble, drei Frauen und zwei Männer und ein Lichttechniker.
Legende: Die alte Mumme mit den neuen: Kevin Blaser, Sara Francesca Hermann, Floriana Frassetto, Christa Barrett und Oliver Pflug sowie Lichttechniker Eric Sauge (v.l.) Keystone/Gaetan Bally

«You and me» heisst die Show, mit der die Truppe seit 2016 auf Tour ist: Alte und neue Mummen spielen zusammen bekannte Nummern, aber auch neue Ideen. «Ich möchte einfach weitermachen», meint Frassetto. Bei der Forschheit, mit der sie das sagt, glaubt man ihr das sofort.

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