In der Werbeindustrie geht es um Ansehen und viel Geld. Für grosse Kampagnen lassen Unternehmen via Agenturen Schauspielerinnen und Schauspieler casten, die zum Gesicht eines Produkts werden.
Was das an Aufwand und Anforderungen mit sich bringt, zeigt ein Blick hinter die Werbespots.
Ein Werbedreh in luftiger Höhe mit 40-köpfigem Team
Seine Ernsthaftigkeit, gepaart mit der Fähigkeit, widrigsten Umständen zu trotzen, haben ihn bekannt gemacht: den Outdoor-Spezialisten, der den Spass ernst nimmt. Verkörpert wird die Galionsfigur der SportXX-Kampagne von Kaspar Weiss.
Für diese Rolle hat er 56 Mitbewerber ausgestochen. «Ich habe mich auf den Riesendreh in den Bergen gefreut», sagt der 49-jährige Schauspieler, der sich mit dem Produkt identifizieren konnte. «Regenjacken und Skischuhe, da spricht nichts dagegen!»
Ein Team von über 40 Leuten war am dreitägigen Dreh am Gornergrat beteiligt. Was Werbung heisst, hat Kaspar Weiss oben am Berg begriffen. Einmal musste ein Helikopter von Air Zermatt notfallmässig einen Laubbläser einfliegen, um ihm etwas Wind ins Gesicht zu blasen.
Das ist nur eines der spektakulären Beispiele, von denen der Schauspieler begeistert und auch etwas belustigt berichtet.
Mit Werbespots Theater quer finanzieren
Für Werbezwecke ist Anna-Katharina Müller ein gefragter Typ. Sie ist schlank, gross und hat langes blondes Haar. Werbeaufträge sind für sie, die einen kleinen Sohn hat, auch eine gute Möglichkeit, eigene Theaterprojekte quer zu finanzieren.
Besonders Sprechaufträge werfen in kurzer Zeit gutes Geld ab. Trotzdem bleibt Werbung eine Herausforderung, bei der man auf Kommando zeigen muss, was man drauf hat. «Es ist wie bei einem Witz. Es geht schnell und muss sitzen.»
Anna-Katharina Müller prüft Einladungen zu Castings auch unter dem Aspekt Gender. Geschlechtsspezifische Klischees seien in der Werbung omnipräsent. «Mit einer lustigen Frauenfigur kann man mich am ehesten packen», sagt die Schauspielerin.
Als rüstige Renterin unterwegs für die SBB
Eine lustige Figur ist derzeit Yvette Michel aus der Werbung für die SBB-Mobile-App. Die ältere Dame mit vorwitzigem Mundwerk zeigt auf Plakatwänden und in digitalen Medien, wie der Kauf eines Zugtickets online geht.
Yvette Michel heisst eigentlich Maja Stolle, ist 73 Jahre alt und eine «Grande Dame» des Bühnenfachs. Eine Theateridentität zu haben, ist ihr wichtig. «Früher war es unter Schauspielern verpönt, Werbung zu machen», erzählt sie mit ihrer unverwechselbaren Stimme.
Dass die Werbekampagne der SBB-App sie in den öffentlichen Raum katapultieren würde, war Maja Stolle bewusst. Nicht aber, wie sie darauf reagieren würde. Manchmal wird sie auf der Strasse erkannt und angesprochen. Zum Glück seien die Schweizer aber diskrete Menschen.
Sich als Theaterschauspieler für Werbekampagnen zur Verfügung zu stellen, ist eine individuelle Entscheidung. Bekannt wird man mit dem eigenen Gesicht. Berühmt wird man durch Werbung wohl kaum. Es ist vor allem schnell verdientes Geld.
Für das Selbstverständnis des Schauspielers oder der Schauspielerin ist das kaum entscheidend. Applaus gibt es keinen. Anders als im Theater ist der Job längst erledigt, wenn die Werbung an die Öffentlichkeit geht.