Zum Inhalt springen

Header

Inhalt

Spionin und Femme fatale Mata Hari tanzte aus der Reihe

Mit ihrem lasziven Schleiertanz verdrehte Mata Hari den Männern den Kopf. Ihr unrühmliches Ende – sie wurde vor 100 Jahren standrechtlich erschossen – machte die Niederländerin unsterblich.

Bis zum heutigen Tag ist ungewiss, ob Mata Hari tatsächlich eine Doppelspionin war und zu Recht zum Tod verurteilt wurde. Genauso gut könnte es sein, dass Frankreich einen Sündenbock brauchte.

1917 ist ein schreckliches Kriegsjahr für die Grande Nation, die Soldaten sterben tagtäglich zu Hunderten, manchmal zu Tausenden. Gut möglich, dass eine so berühmte Frau wie Mata Hari eine willkommene Gelegenheit bietet, von den Kriegsgräueln abzulenken.

«Der Mythos und das Mädchen»

Box aufklappen Box zuklappen
Legende: Fries Museum / Foto Ruben van Vliet

Das Fries Museum in Leeuwarden zeigt in einer grossen Ausstellung «zum ersten Mal die vollständige Lebensgeschichte der verrufenen Tänzerin und Spionin».

Exekution mit 41

Seit 2017 sind die französischen Archive zugänglich. Doch auch diese verschaffen keine Klarheit. In den Verhörprotokollen ist zu lesen, dass Mata Hari immer und immer wieder betont, sie habe als Agentin H21 für Frankreich, jedoch nie für Deutschland spioniert.

Aber die Richter glauben ihr nicht. Sie erklären sie für schuldig. Am 15. Oktober 1917 wird sie durch ein Exekutionskommando ausserhalb von Paris hingerichtet.

Sorgenfreie, glückliche Jugend

Margaretha Geertruida Zelle, wie Mata Hari ursprünglich hiess, kam 1876 in der nordniederländischen Stadt Leeuwarden zur Welt. Sie ist der Augapfel ihres Vaters, ein Hutmacher und erfolgreicher Börsenspekulant.

Für sein geliebtes kleines Mädchen lässt dieser gar eine von einem Ziegenbock gezogene Kinderkutsche für sie anfertigen. Ein Gefährt, das im Städtchen für Aufsehen sorgt.

Radikaler Bruch

Doch dann verändert sich Geertruidas Leben dramatisch. Der Vater verliert das Vermögen, die Eltern lassen sich scheiden, die Mutter stirbt und die 14-Jährige kommt zu Verwandten, die sie zu einer Ausbildung als Kindergärtnerin überreden.

Bald fliegt sie von der Schule, weil sie angeblich halbnackt auf dem Schoss des Direktors ertappt worden war. Ob diese Geschichte den Tatsachen entspricht kann nicht mehr eruiert werden; die Archive der betreffenden Schule sind verbrannt.

Von Holland nach Indonesien

Mit 17 reagiert sie auf eine Kontaktannonce eines Kolonialoffiziers. Innerhalb einer Woche verlobt sie sich mit dem 20 Jahre älteren John McLeod und noch vor ihrem 18. Geburtstag heiratet sie ihn.

Sie zieht mit ihm nach Nederlands-Indië, dem heutigen Indonesien, bekommt zwei Kinder. Doch die Ehe steht unter keinem guten Stern.

Porträt Mata Hari
Legende: Mata Hari heisst auf Javanisch «Auge des Tages» Imago/Imagebroker

Der Gatte ist eifersüchtig auf seine junge, hübsche Frau, die anderen Offizieren schöne Augen macht. Nachdem er pensioniert wird, kehren sie in die Niederlande zurück. Dort lassen sie sich scheiden.

Die Offiziere liegen ihr zu Füssen

Von nun an hat Margaretha McLeod grosse Geldsorgen. Ihr geschiedener Mann zahlt keinen Unterhalt. «Ich habe Bekannten mein Fahrrad verkaufen können, sodass ich wieder einen Monat über die Runden komme», schreibt sie in einem Brief.

1905 reist sie nach Paris und fängt an, orientalische Tänze aufzuführen, ungefähr so, wie sie es in Indonesien beobachtet hatte. Dabei hüllt sie sich in lange Tücher, die sie im Verlauf der Vorstellung allesamt fallenlässt.

Die Kritiker sind hellbegeistert und die Offiziere liegen ihr zu Füssen. Mata Hari, wie sie sich jetzt nennt, bekommt Engagements in halb Europa.

Ein tragisches Ende

Doch dann bricht der Erste Weltkrieg aus. Sie kann nicht mehr auftreten. Noch lässt sie sich von Offizieren aushalten.

Aber irgendwann wird sie wieder von Geldnöten geplagt. Diese sind höchstwahrscheinlich der Grund, dass sie – einigermassen naiv – die Spionagetätigkeit aufnimmt, die schlussendlich zu ihrem tragischen Ende führt.

Sendung: Radio SRF 2 Kultur, Kultur kompakt, 16.10.2017, 16.50 Uhr

Meistgelesene Artikel