Yan Duyvendak kommt ursprünglich aus Holland, lebt aber schon seit mehr als 20 Jahren in Genf. Mit ihm wurde nicht nur ein Künstler ausgezeichnet, der im In- und Ausland erfolgreich ist, sondern auch einer, der sich gerne an den Spartengrenzen aufhält.
2010 erhielt er den Prix Meret Oppenheim, den Hauptpreis der bildenden Kunst des BAK. Und nun: den Schweizer Grand Prix Theater/Hans-Reinhart Ring 2019.
Das zeugt von einem erfreulich breiten Theaterbegriff der Preis-Jury, war doch das Performative eine der wichtigsten Entwicklungen im zeitgenössischen Theater der letzten Jahre.
Auch wenn Yan Duyvendak in den letzten Jahren regelmässig in Theaterräumen gearbeitet hat, bezeichnet er sich selbst nicht als Theaterkünstler: «‹Live Art› oder ‹art vivant› passt besser zu dem, was ich mache. Meine Arbeiten haben viel mit der Fluxusbewegung der 1960er- und 1970er-Jahre zu tun.»
Kunst als sozialer Raum
Dass der ausgebildete Video- und Performancekünstler angefangen hat, in Theaterräumen zu arbeiten, hat mit den Möglichkeiten zu tun, wie er mit dem Publikum in Kontakt treten kann.
«In der bildenden Kunst bin ich mir oft wie ein Pausenclown vorgekommen, der an einer Vernissage eine Performance macht», sagt Duyvendak. «Im Theater dagegen ist klar, dass das Publikum während der Vorstellung zuhört, dass man zusammen denkt und zusammen etwas gestaltet. Das finde ich super.»
Partizipation und Interaktion sind wichtige Qualitäten seines Schaffens. Das Publikum ist ihm dabei ein Partner auf Augenhöhe: einer, auf den er sich ernsthaft einlässt und einer, der den Gang der Vorstellung entscheidend mitprägen kann.
Das Publikum spielt mit
Da ist «Still in Paradise»: Eine Performance, die Duyvendak ausgehend von mehreren längeren Aufenthalten in Ägypten mit den Schauspieler Omar Ghayatt entwickelt hat.
Das Publikum wählt aus vielen Fragmenten aus und stellt sich zusammen mit den Performern den eigenen Emotionen und stereotypen Vorstellungen über den Islam. Eine Arbeit, die die beiden seit elfJahren ständig weiterentwickeln und gerade erfolgreich in Paris und Chicago gezeigt haben.
Oder «Please Continue (Hamlet)» , in der es um die Frage nach Recht und Gerechtigkeit geht. Auf der Bühne sind nur drei professionelle Schauspieler, die Hamlet, Ophelia und Gertrude spielen. Daneben spielen echte Richter, die zusammen mit dem Publikum jeden Abend neu entscheiden, ob Hamlet schuldig ist oder nicht.
Einer, der die Auseinandersetzung sucht
Dass es Duyvendak in seinem experimentellen Kunstschaffen immer auch um soziale und gesellschaftliche Fragen geht, zeichnet den Performer ebenso aus, wie dass er sich nicht in die Regie oder die Konzeptarbeit zurückzieht: Er steht bei den meisten Arbeiten auch live auf der Bühne und setzt sich aus. «Ich liebe diesen Moment, wenn eine Auseinandersetzung stattfindet. Da will ich dabei sein!»
Mit Yan Duyvendak wird ein Künstler ausgezeichnet, der spielend Sprach- und Spartengrenzen überquert und die Performance ins Zentrum des Theaters bringt.