Weniger Restaurants, weniger Theaterbauten, mehr freie Fläche. Einiges sieht man auf den ersten Blick: Die Landiwiese ist leerer als in den Jahren vor Corona.
Direkt am See steht neu die «Bühne am Ufer»: ein kleines Openair-Amphitheater für die beliebte Strassenkunst, die zum Theater Spektakel seit jeher gehört. So sind wechselnde Auftritte mit Publikum möglich, ohne dass es zu Menschenansammlungen kommt.
Teststation auf der Wiese
Für die meisten Theater- und Tanzproduktionen braucht es ein Covid-Zertifikat. Wer weder geimpft noch genesen ist, kann sich direkt auf der Landiwiese testen lassen.
Die Freude darüber, dass das Theater Spektakel trotz Corona-Einschränkungen auch dieses Jahr sein spezifisches Flair entfalten kann, war am Eröffnungsabend mit Händen zu greifen.
Die Mischung zwischen populärem Volksfest und internationaler Kunst zeichnet das Theater Spektakel schon seit seinen Anfängen in den 1980er-Jahren aus.
Politische Statements
Schon letztes Jahr hat das Team um den künstlerischen Leiter Matthias von Hartz auf künstlerische Installationen gesetzt. Diese Strategie wird dieses Jahr weitergeführt.
Da steht etwa auf einer der grossen weissen Plakatwände: «My goverment did this» («Meine Regierung tat dies»). Auf der anderen Seite: «They stole our money and hid it in Swiss banks» («Sie haben unser Geld gestohlen und in Schweizer Banken versteckt»).
Es ist eine Arbeit der Künstlerin Tanja El Khoury aus Beirut, die damit auf die korrupte politische Elite im Libanon hinweist und gleichzeitig klar macht, dass diese Realität durchaus auch unsere ist.
El Khourys Arbeit ist Teil von «Not Standing in Place», für das die bildende Künstlerin Vlatka Horvat und der Theatermann Tim Etchells 15 internationale Künstler und Künstlerinnen eingeladen haben, heutige Monumente zu imaginieren: Was sind die (verborgenen) Themen unserer Zeit?
Darin spiegelt sich der gesellschaftliche Transformationsprozess ebenso wie das Nachdenken darüber, wie internationaler Kulturaustausch in Zukunft aussehen kann. Wie ist eine globale Zusammenarbeit möglich, ohne dass Künstlerinnen reisen? Sei es wegen der Corona-Einschränkungen oder aus ökologischen Gründen.
Das Zentrum ist wieder die Live-Kunst
Und doch: Das Live-Theater ist zurück. Martin Zimmermann präsentiert zum Auftakt mit «Danse macabre» eine neue Arbeit, die wiederum Zirkus, Tanz und Theater auf eine originäre Art zusammenbringt.
Zudem feiern die Stars des Schweizer Kindertheaters, die Gruppe Kolypan, ihr 20-jähriges Jubiläum mit einer Show über ihre eigene Geschichte im eigenen Openair-Theater.
Auch das internationale Theater ist zurück am Festival auf der Landiwiese. Ebenfalls am Eröffnungswochenende zeigt die ruandisch-britische Sängerin und Choreographin Dorothée Munyaneza «Mailles». Das Stück hatte letzten Herbst Premiere, während einem der wenigen Zeitfenster, in dem Live-Auftritte überhaupt stattfinden konnten. Jetzt endlich ist es auf Tour.
Für «Mailles» hat Munyaneza fünf schwarze Künstlerkolleginnen zu sich auf die Bühne geladen: Vielsprachig verbinden sie ihre unterschiedlichen künstlerischen Ansätze zu einem langen bewegten und musikalischen Gedicht, das mal ganz formal und dann wieder soghaft poetisch daherkommt.
Gerade in Zeiten der Beschränkungen und des gesellschaftlichen Wandels zeigt das Theater Spektakel wie wichtig solche internationalen Produktionen sind.