Der schlechteste Film: «The Emoji Movie»
Ziemlich sicher war schon die Grundidee von Sony-Animation einfach nicht gut: Warum sollten sich die gezielt unterkomplexen Emoticons von Smiley bis Poop (Kacke!) einer Dramatisierung fügen? Schliesslich sind die Dinger erfunden worden, um mehrdeutige Formulierungen eindeutig zu machen. Aber selbst wenn die Idee einer «Textopolis» genannten, von Emojis bevölkerten Stadt in einem Mobiltelefon nicht völlig bescheuert gewesen wäre, hätte es für ein mehr als totgeborenes Kinoerlebnis mehr gebraucht als eine einfallslose Geschichte, witzlose Dialoge und viel liebloses Product Placement.
(Michael Sennhauser)
Der Kunst-Flop: 57. Kunst-Biennale Venedig
Die Kunstwelt hat im Superkunstjahr drei Megaevents bewältigt: die Skulptur Projekte Münster, die doppelte documenta in Athen und Kassel und die Kunstbiennale in Venedig. Den Vogel abgeschossen hat die Biennale. Die Kuratorin Christine Macel zeigte eine kunterbunte Mischung von erschreckender Belanglosigkeit. Die dieses Jahr besonders miese Hauptausstellung weist allerdings bloss besonders deutlich darauf hin, wie veraltet der Anspruch der Biennale unterdessen ist: Alle zwei Jahre einen Überblick über das stetig wachsende Gebiet der Gegenwartskunst zu bieten, ist schlicht unmöglich. Und unmöglich ist es auch, diesen Überblick in ein Narrativ zu fassen, das mehr bietet als systembestätigende Rhetorik. Da war Macels viel- und nichtssagender Titel «Arte Viva Arte» ein eigentlicher Geniestreich.
(Ellinor Landmann)
Der Buch-Flop: «Der Weg des Bogens» von Paulo Coelho
«Der Weg des Bogens» von Paulo Coelho ist der Buch-Flop 2017. Ein schmales Büchlein, in dem der Brasilianer sich in der Kunst des Bogenschiessens übt. Und Übung hat er dringend nötig. Denn Zen-Meister in dieser Kunst ist Coelho nicht. Aber ein Meister in seichten Lebensweisheiten. Wie beispielsweise in dieser: Man soll das tun, was einen wirklich begeistert. Und dann liest sich «Der Weg des Bogens» wie ein gefühlter Mix aus «I Ging» und «Zen in der Kunst des Bogenschiessens» von Eugen Herrigel. Beides herausragende Werke im Original. Darum: Bitte die Originale lesen und Coelhos Buch beiseitelegen.
(Annette König)
Der Philosophie-Flop: Vom Streit unter Feministinnen zum Gender-Bashing
Wie gewinnbringend der Streit unter Fachleuten sein kann, weiss keine Disziplin so gut wie die Philosophie. Ohne Streit gibt es keinen Fortschritt im Denken. Voraussetzung dafür ist, dass die Streitenden am Verstehen interessiert sind und einander wirklich zuhören.
Der Streit, der 2017 unter den Feministinnen losgebrochen ist, war vielleicht überfällig. Vordenkerinnen wie Alice Schwarzer und Judith Butler lieferten sich mit ihrer jeweiligen Gefolgschaft harte Gefechte über die Deutungshoheit über die wahren Probleme von Gleichstellung und Feminismus. Doch der Streit verkam in den Feuilletons bald zum undifferenzierten Gender-Bashing, das auf die «Gender-Butler-Ideologie» eindrosch und den Gender Studies Zensur, Totalitarismus und Elitismus vorwarf. Das dient der Sache nicht, sondern spielt jenen in die Hände, die einen Streit unter Feministinnen sowieso am liebsten als Zickenkrieg abtun.
(Barbara Bleisch)
Theater-Flop: Andauernde Berliner Debatten
Wer gehofft hatte, dass sich die seit zwei Jahren erbittert geführte Debatte um die Berliner Volksbühne nach den letzten Inszenierungen der Ära Frank Castorf beziehungsweise den ersten Produktionen unter dem neuen Leitungsteam um Chris Dercon (wieder) der Kunst zuwenden würde, hatte sich getäuscht. Und zwar gewaltig.
Kaum eine Theaterkritik, die nicht neben Lob oder Verriss ideologisch argumentierte, keine Befriedung der Situation von Seiten der Politik und kein schlüssiges künstlerisches Konzept für die Zukunft der Volksbühne. Falls jemand daran geglaubt hatte, dass es dem Theater nütze, wenn es im Gespräch ist: Rund um die Berliner Volksbühne wurde auch diesem Glauben der Boden abgegraben. Die nutzlose, oft ungerichtete Erhitzung – nicht nur in den Medien – hat längst allen geschadet: dem Publikum, den KünstlerInnen und dem Theater.
(Dagmar Walser)
Der Religions-Flop: Bistum Chur – Fronten bleiben verhärtet
Die Kritiker von Bischof Vitus Huonder hatten gehofft, das Jahr 2017 werde einen Neuanfang bringen. Doch daraus wurde nichts. Huonder bleibt bis Ostern 2019 im Amt. Solange nutzt der Churer Bischof scheinbar jede Gelegenheit, um weiter zu polarisieren. Das Wort zum Bischof zum Tag der Menschenrechte liess er von der Gender-Kritikerin Birgit Kelle schreiben. Auch forderte Huonder die Zürcher Katholiken auf, 1,2 Millionen Franken zu zahlen – wohlwissend, dass er «keinen rechtlichen Anspruch» auf das Geld habe. Die Fronten bleiben verhärtet, Fans und Kritiker des umstrittenen Bischofs gehen keinen Schritt aufeinander zu. Huonder hingegen hat zum Jahresende gut lachen: Er bekommt von der Stadt Chur wohl doch noch 600'000 Franken für sein Domschatzmuseum.
(Raphael Rauch)
Der Musik-Flop: Trashige Gruselmusik
Die Anrufung des Heiligen Geistes in bizarrem Kleid. «Veni sancte spiritus» heisst ein Stück für Orgel, Orchester und Sologesang der tschechischen Organistin und Komponistin Katta, alias Katerina Chrobokova. Es wurde diesen September in Biel gespielt. Katta versucht darin die gregorianische Pfingstsequenz mit poppigen und rockigen Stilmitteln aufzupeppen. Leider ist ihr Werk aber allzu einfach gestrickt: Mit schnell repetierten Orgelakkorden baut sie Spannung auf, mit Glissandi über die ganze Tastatur sorgt sie für Schreckmomente. Und wenn Katta dann noch mit verstellter Stimme und in bester Gruselmanier ins Mikrofon zu hauchen beginnt, dann ist das trashige Potpourri komplett.
(Moritz Weber)