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59. Solothurner Filmtage Wochenbett-Depression: «Les paradis de Diane» ist schwere Kost

In dem Film kämpft Antiheldin Diane mit einer postpartalen Depression und lässt ihr Baby alleine zurück. Ein Drama, das triggert.

Sie hat keine finanziellen Sorgen. Ihr Partner ist kein Schläger. Und trotzdem nimmt Diane Reissaus aus der Entbindungsstation in Zürich, lässt ihr Neugeborenes hinter sich und flieht ins südliche Ausland.

Es ist, als hätte sie das Geschrei des Säuglings abrupt an die anstehenden Verpflichtungen gemahnt und sie in Panik versetzt. 

Eine Frau mit kurzen, braunen Haaren steht in einer Strasse einer grossen Stadt, die Lichter der Nacht um sie herum
Legende: Hauptfigur Diane (Dorothée de Koon) taucht in einer unbekannten, fremden Stadt unter. Outside the Box

Das ist ungewöhnlich, selbst für ein psychologisches Filmdrama: Dass die Hauptfigur Hals über Kopf vor ihrer wichtigsten Verantwortung davonrennt. Man denkt sich erst einmal: Wie kann sie nur? Wie soll ich dieser Figur nun folgen, wenn sie gleich zu Beginn etwas tut, dass ich nicht gutheissen kann? 

Klingende Namen

«Les paradis de Diane» ist ein Film von Carmen Jaquier und Jan Gassmann. Beides junge, aber etablierte Namen in der Schweizer Filmbranche – mit viel internationaler Festivalpräsenz und diversen Auszeichnungen. « Foudre », Jaquiers erster langer Spielfilm, wurde letztes Jahr in Solothurn ausgezeichnet und von der Schweiz für die Oscars eingereicht.  

«Foudre» erzählt von einer jungen Frau, die ihre erwachende sexuelle Lust nicht in Einklang mit ihrer streng religiösen Erziehung bringen kann – eindeutig ein Opfer ihrer Umstände. In «Les paradis de Diane» ist das anders: Dieser Film handelt von einer schwer greifbaren Antiheldin, die vor sich selbst flüchtet. 

Weg vom Kind – und nun?

«Les paradis de Diane» verstört, weil er nicht die Stärken, sondern die Schwächen der Hauptfigur herausstreicht. Wird Diane, allein in der Fremde, von Gewissensbissen geplagt? Zuerst wirkt es nicht so. Zu schaffen machen ihr eher die überschüssige Muttermilch und die Angst, ihre Vergangenheit könnte sie einholen. Diane macht Zufallsbekanntschaften und lässt sich auf sexuelle Abenteuer ein.  

Ausblick von einem Balkon auf das Meer und Gebäude. Dazwischen hängen Kleidungsstücke auf einer Wäscheleine.
Legende: Der Name «Les paradis de Diane» führt auf eine falsche Fährte: Diese Geschichte ist überhaupt nicht paradiesisch. Outside the Box

Postpartale Depression hin oder her: Es fällt schwer, Sympathie für diese Figur zu entwickeln. Aber genau das scheint das Programm des Films zu sein: Er fordert vom Publikum möglichst viel Einfühlungsvermögen für eine Frau, die sich planlos in ein völlig neues, nur vermeintlich paradiesisches Leben stürzt. Und dieses dann eher schlecht als recht meistert.   

«Les paradis de Diane» ist ein fordernder Arthouse-Film: Er stellt wichtige Fragen zu einem cineastisch selten behandelten Thema und gibt unbequeme Antworten darauf – oder gar keine. Eingebettet ist die Geschichte in eine impressionistische Ästhetik, die weniger auf Realismus abzielt als auf die Sichtbarmachung von Innenwelten.  

Ein idealer Festivalfilm

Ein Massenpublikum wird der Film kaum anlocken, wenn er im März in den Schweizer Kinos läuft. Das ist auch nicht seine Absicht. Er will vor allem an diejenigen Orte hin, wo sich ein Publikum mit erhöhter Irritationsbereitschaft trifft: an Filmfestivals.  

59. Solothurner Filmtage

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«Les paradis de Diane» war der Eröffnungsfilm der 59. Solothurner Filmtage . Sie finden vom 17. bis 24. Januar 2024 statt.

Gezeigt werden jeweils rund 150 Kurz- und Langfilme in den Kategorien Dokumentation, Spielfilm, Animation oder auch Musikvideos.

Als Eröffnungsfilm der Solothurner Filmtage steht er dafür, dass in der Schweiz zwischen hochwertigen Dokus und publikumsnahen Spielfilmen auch Platz sein muss für anspruchsvolle Fiktionen und das Wagnis zum Experiment.

In der nun anstehenden Panorama-Sektion der Berlinale – wo Irritation zum Programm gehört – wird er die Schweiz im Februar würdig vertreten. 

Kinostart: 21. März 2024

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Radio SRF 2 Kultur, 18.01.2024, 7:53 Uhr

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