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SRF-Filmredaktor Michael Sennhauser über die Oscars 2023
Aus Kultur-Aktualität vom 13.03.2023. Bild: Keystone/EPA/Caroline Brehman
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Bester Nebendarsteller 2023 40 Jahre warten auf den Oscar-Erfolg: Die Story von Ke Huy Quan

Der diesjährige Oscar-Gewinner Ke Huy Quan war als Kind schon einmal ein Star. Dann verschwand er für Jahrzehnte in der Versenkung.

Es ist eine Geschichte, wie sie nicht nur Hollywood liebt, sondern ganz Amerika: Ein vietnamesischer Bootsflüchtling kommt als Achtjähriger in die USA und wird mit zwölf zum Kino-Kinderstar.

Danach gerät er in Vergessenheit. Doch 40 Jahre nach seinem Debüt steht er erneut ganz oben. Unter Gejubel darf er einen Oscar entgegennehmen, weil er nie aufgegeben hat.

Zweifelhafter Mythos

«This is the American Dream», rief Ke Huy Quan unter Tränen in den Saal, als er den Oscar für den besten Nebendarsteller in «Everything Everywhere All at Once» verliehen bekam.

Mann in Smoking hält jubelnd einen Oscar
Legende: Amerikanischer Traum mit Schattenseiten: Ke Huy Quan posiert im Presseraum der Academy Awards mit seinem Oscar. Keystone/EPA/CAROLINE BREHMAN

Amerika, das Land der unbegrenzten Möglichkeiten und zweiten Chancen. Der Mythos, der an der Oscar-Verleihung gefeiert wurde, blendet die unschöne Seite der Geschichte aus. So erhielten asiatischstämmige Darsteller lange kaum Rollen jenseits von stereotypen Figuren.

Ein Spitzbub mit Charme

Ke Huy Quans Filmdebüt in «Indiana Jones and the Temple of Doom» ist wahrscheinlich vielen noch in Erinnerung. Er spielte den kleinen Jungen, der vor dem Nachtclub in Shanghai vorfährt, um Indiana Jones und Willie Scott zu retten.

Indiana Jones sitzt auf einem Elefantenrücken, rechts von ihm ein kleiner Junge mit Baseballkappe
Legende: Der Lausbub und der Archäologe: Als «Short Round» hatte Ke Huy Quan an der Seite von Harrison Ford 1984 seinen grossen Auftritt. Paramount Pictures

«Short Round, step on it», ruft ihm Indy zu und man sieht, dass der Bub Holzklötze an den Füssen braucht, damit er das Gaspedal durchdrücken kann. Als Sidekick von Indy war er für die komischen Momente besorgt, die von seinem spitzbübischen Charme lebten.

Es war ein steiler Einstieg für Quan, an der Seite von Harrison Ford und unter der Regie von Steven Spielberg zu spielen. Allerdings folgte nur eine weitere Rolle als Kinderstar in einer grossen US-Produktion: 1985 spielte Quan den Technikfreak Richard «Data» Wang in der Abenteuerkomödie «The Goonies».

Junge mit Patronen und Militärjacke lehnt gegen eine rostige Wand
Legende: Sein zweiter und letzter Auftritt als Kinderstar: Ke Huy Quan als Richard «Data» Wang in «The Goonies». Danach tauchte er kaum noch in Hollywood-Filmen auf. Warner Bros.

Danach war der Darsteller nur noch in wenig bekannten Filmen und Serien zu sehen, einige davon asiatische Produktionen. «Es war nicht einfach für mich, als asiatischer Schauspieler Arbeit zu bekommen», erzählte er kürzlich in Interviews. Und wenn, waren das nicht selten Rollen in Martial-Arts-Produktionen.

Im Schatten statt im Scheinwerferlicht

Anfang der 2000er-Jahre gab er seine Schauspielerkarriere auf. Quan ging an die University of Southern California und schloss dort ein Filmstudium ab. Die nächsten 20 Jahre arbeitete er hinter der Kamera. Unter anderem choreografierte er die Kampfszenen im ersten «X-Men»-Film, war Stuntkoordinator und Regieassistent.

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«Everything Everywhere All at Once» – eine Erfolgsgeschichte
Aus 10 vor 10 vom 16.06.2022.
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Zwar wollte Quan wieder im Scheinwerferlicht arbeiten. Allerdings plagten ihn Zweifel. «Ich dachte lange, ich würde nie mehr so erfolgreich sein wie damals als Kind», erklärte Quan, als ihm vor zwei Monaten der Golden Globe für seine Rolle in «Everything Everywhere All at Once» verliehen wurde.

Längst überfällige Anerkennung

In diesem Film erhielt Ke Huy Quan jetzt nicht nur die Möglichkeit, seinen beinahe verlorenen Traum wieder zu leben. Er bekam dafür auch mehr Auszeichnungen als für all seine Arbeiten zuvor.

Elegante Schauspielerinnen und Schauspieler posieren jubelnd mit ihren Oscars
Legende: Ein überfälliger Entscheid: Die Oscar-Gewinnerin Michelle Yeoh freut sich mit den anderen Beteiligten von «Everything Everywhere All at Once» über die vielen Auszeichnungen für den Film. Keystone/Jordan Strauss/Invision/AP

Ist Michelle Yeoh die erste Asiatin mit einem Oscar als beste Darstellerin, so ist Quan erst der zweite asiatischstämmige Gewinner des Oscars für den besten Nebendarsteller. Vor ihm wurde nur Haing S. Ngor in «The Killing Fields» ausgezeichnet. Das war 1984, im selben Jahr, in dem Quan zum ersten Mal auf der Leinwand zu sehen war.

Dass Yeoh und Quan nun ausgezeichnet wurden, ist kein Zufall, sondern eine längst überfällige Anerkennung für die Leistungen der Künstlerinnen und Künstler mit asiatischem Hintergrund. Sie mussten lange genug darauf warten. Im Fall von Ke Huy Quan fast 40 Jahre.

Radio SRF 2 Kultur, Kultur-Aktualität 13.3., 07:06 Uhr

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