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Cannes 2014 Sex und Skandal in Cannes – abseits des Festivals

Einer der mächtigsten Produzenten Frankreichs provoziert mit «Welcome to New York» die Grande Nation und das Filmfestival. Die Sexaffären des ehemaligen IWF-Direktors Strauss-Kahn als Filmstoff – da ist der Skandal sicher. Und dann die Weltpremiere des Films im Internet und nicht im Kinosaal.

Am 14. Mai 2011 wird Dominique Strauss-Kahn wegen versuchter Vergewaltigung eines Zimmermädchens in New York von der Polizei verhaftet. Die Karriere des damaligen geschäftsführenden Direktors des Internationalen Währungsfonds (IWF) ist damit beendet. Dabei galt DSK, wie Strauss-Kahn in Frankreich oft genannt wird, als politischer Hoffnungsträger der Sozialistischen Partei der Grande Nation. Doch der Sex-Skandal weitete sich aus: Nach der Zimmermädchen-Affäre wird DSK erneut wegen versuchter Vergewaltigung und schliesslich wegen Zuhälterei angezeigt.

Weltpremiere im Netz

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Der Film kann in der Schweiz ab Mitternacht vom 18.5. gegen Bezahlung über iTunes auf Deutsch und Französisch heruntergeladen werden.

Hochkarätige Crew

Sex und Skandal – in Kombination äusserst beliebt als Filmstoff und daher bestens geeignet für das internationale Filmfestival von Cannes. Vor allem, wenn die Macher eines solchen Werkes so hochkarätig sind wie Schauspieler Gérard Depardieu und Regisseur Abel Ferrara.

Tatsächlich gelang es der französischen Produktionsfirma Wild Bunch den Film mit dem ironisch lautenden Titel «Welcome to New York» trotz aller Schwierigkeiten rechtzeitig zu den Internationalen Filmfestspielen von Cannes fertig zu stellen. Zuvor sah es weniger danach aus: In Frankreich war kaum Geld dafür aufzutreiben. Es hiess, DSKs mächtige Ex-Frau Ann Sinclair übe Druck aus und lasse ihre Beziehungen spielen. Die einflussreiche ehemalige Journalistin habe damit gedroht, den Film mit allen ihr zur Verfügung stehenden Mitteln zu verhindern.

Das Festival kneift

Wild-Bunch-Chef Vincent Maraval liess verlauten, ihn beeindrucke das wenig, Ebensowenig die Drohung, die er an einem Abendessen von einem Bekannten von DSK und Anne Sinclair erhalten habe, dass Sinclair ihr gesamtes eigenes Vermögen dafür aufwenden würde, Maravals Leben zu zerstören.

Festivalleiter Thierry Frémaux hat für sein Cannes-Programm lieber auf das Starduo Ferrara-Depardieu verzichtet. Unter diesen Bedingungen den DSK-Skandal auf der Leinwand international feiern? Besser nicht.

Maraval, der dafür bekannt ist, kein Blatt vor den Mund zu nehmen, sieht sich bestätigt. Er glaube eigentlich nicht an Verschwörungstheorien, sagt er dem Journal du Dimanche am 11. Mai, aber seiner Meinung nach illustriere die Situation einmal mehr die inzestuösen Beziehungen zwischen der Elite, der Politik und den Medien.

Weltpremiere am Netz

Maraval, einer der mächtigsten Produzenten der Grande Nation, sah sich in der Situation, für einmal Finanzierungsschwierigkeiten bei der Realisation eines Filmes zu haben. Depardieu liess sich nur eine kleine Gage ausbezahlen – insgesamt kostete «Welcome to New York» drei Millionen Euro. Maraval schaffte es trotzdem und spielt nun einmal mehr das Enfant terrible. Denn, obwohl der Film weder im Programm des Festivals noch auf dem Markt zu sehen sein wird, ist er Thema Nummer eins an der Croisette in Cannes. Maraval lässt den Film in einem Kino in Cannes vorführen. Drei Stunden später feiert «Welcome to New York» seine Weltpremiere im Internet. Ein Kinostart ist nicht geplant.

Zum Film selbst beteuert Maraval in Interviews, dass es dem Regisseur Abel Ferrara einzig darum gegangen sei, die Geschichte eines Paares zu zeigen, das von einem Erdbeben erschüttert wurde. Er wolle die Schwächen eines Menschen thematisieren und ihm so zur Menschlichkeit zurück verhelfen. Schliesslich sei Ferrara Amerikaner – er habe nie in seinem Leben mit Frau Sinclair geredet. Die reale Geschichte diene lediglich als Ausgangspunkt, der Rest sei Fiktion. Daher handle es sich im Film auch nicht um Strauss-Kahn, sondern um einen erfundenen Monsieur Devereaux.

Wieviel Realität und wieviel Fiktion ist, wird wohl auch nach Sichtung des Films unklar bleiben. DSK hat sich mit dem Zimmermädchen inzwischen aussergerichtlich geeinigt. Freude am Film wird er trotzdem nicht haben. Und auch Sinclair, die ihre zerrüttete Ehe offensichtlich nicht verfilmt haben wollte, hat verloren. Bevor sie vor Gericht eine einstweilige Verfügung gegen die Veröffentlichung erwirken könnte, ist der Film bereits Stunden auf dem Netz. Denn auch in Frankreich gehen Richter ins Wochenende.

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