Zum Inhalt springen
Legende: «Day of the Dead» in der Originalversion auf Arte: ein Schuss in den berühmten Ofen.

Der lange Arm der Zensur Böses Erwachen: Verbotener Zombie-Klassiker muss vom Netz

Kuriose Geschichte: Der TV-Sender Arte muss den Zombie-Film «Day of the Dead» vom Netz nehmen. Einmal Index, immer Index? Antworten auf die wichtigsten Fragen.

Was ist passiert? Der deutsch-französische TV-Sender Arte strahlte Ende Januar George Romeros Zombie-Klassiker «Day of the Dead» aus und schaltete den Film anschliessend in seiner Mediathek auf. Zu sehen war der Film aus dem Jahr 1985 in einer ungeschnittenen Version – allerdings nur für ganz kurze Zeit.

Warum musste Arte den Film vom Netz nehmen? «Day of the Dead» ist in Deutschland seit 1988 indiziert. Der Film, der von einer postapokalyptischen Welt handelt, in der die Menschen als lebende Tote vor sich hin vegetieren, erfüllt sogar einen Straftatbestand. «Day of the Dead» gilt in Deutschland seit 1990 und einem Gerichtsurteil offiziell als «gewaltverherrlichend». In Frankreich hingegen war der Film nie verboten.

Warum hatte Arte das Verbot nicht auf dem Schirm? Der Sender wiegte sich gemäss Recherchen der Berliner Tageszeitung «TAZ» offenbar in falscher Sicherheit. Man meinte, «Day of the Dead» habe mittlerweile ein «Ab-18-Label» erhalten. Tatsächlich gibt es eine leicht gekürzte Fassung desselben Films, die ab 16 Jahren gezeigt werden kann und von Arte, einem gerade bei Horrorfans beliebten TV-Sender, auch schon ausgestrahlt wurde.

Kennt man solche «Zensurgeschichten» auch in der Schweiz? Die gibt es. Programmkinos haben immer wieder Probleme mit Pier-Paolo Pasolinis «Saló», sagt SRF-Filmredaktor Michael Sennhauser. In dem so radikalen wie trostlosen Film inszeniert eine Gruppe sadistischer Grossbürger Grausamkeitsrituale. Der Film steht bis heute in mehreren europäischen Ländern auf einer «Don’t»-Liste.

Nach dem Tod des Regisseurs Herbert Achternbusch machte hierzulande ein ältere Geschichte wieder die Runde: Achternbuschs Skandalfilm «Gespenst» wurde Mitte der 1980er-Jahre mit einem Kinoverbot belegt. Die Begründung: Der Film, in dem Jesus vom Kreuz steigt und mit einer Klosterfrau eine Kneipe eröffnet, verletze «religiöse Gefühle».   

Wie lange bleiben solche Gerichtsurteile eigentlich wirksam? Erstaunlich lange. Ist ein Film bei der Polizei einmal aktenkundig geworden, kann das noch bis zu 40 Jahre später zu strafrechtlicher Verfolgung führen, sagt SRF-Filmexperte Michael Sennhauser. Sogar, wenn der fragliche Film längst zum Kanon gehöre.

Gibt es heute überhaupt noch Filmzensur? Nicht im engeren Sinne des Wortes, sagt Michael Sennhauser. Grosse Ausnahme: Die explizite Darstellung von Sex und Gewalt mit Kindern und Tieren ist in Filmen verboten.

In der Schweiz gelte, genau wie in Deutschland, das System einer freiwilligen Selbstkontrolle. Das heisst: Wer einen Film ins Kino bringt, versieht ihn mit einem Alterslabel. Die Polizei, sagt Sennhauser, müsse also nur noch handeln, wenn wer gute Gründe gegen eine Altersfreigabe vorbringe. Handelt es sich jedoch um alte Urteile – wie aktuell im Falle Arte und George Romero – könnte sie theoretisch auch in der Schweiz immer noch ausrücken.

SRF 1, Kulturplatz, 2.2.2022, 22:20 Uhr

Meistgelesene Artikel