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Digitaler James Dean «Digitale Schauspieler sind die Zukunft»

James Dean starb 1955 mit nur 24 Jahren bei einem Verkehrsunfall. Doch der Schauspieler soll demnächst eine Hauptrolle in einem Film über den Vietnamkrieg spielen. Dank neuester Technik soll der Schauspieler digital wieder auferstehen.

Tote Schauspieler auf der Leinwand wieder zum Leben erwecken? Das haben Filmemacher schon vor 30 Jahren versucht. Damals hat die Qualität allerdings nicht überzeugt.

«Die Schwierigkeiten waren hauptsächlich die Augen», erinnert sich Filmwissenschaftler Rolf Giesen. Die Augen hätten nie lebendig gewirkt. Und auch die Software für die Haare war noch nicht so weit entwickelt: «Es waren Betonfrisuren.»

Viel Handarbeit

Mittlerweile meistern Filmemacher auch diese Herausforderungen immer besser. Um einen Menschen für einen Film wiederzubeleben, wird aufgrund von Bild- und Filmmaterial ein digitaler «Klon» hergestellt.

Eine Frau in einem dunklen Raum. Sie trägt einen schwarzen Anzug mit weissen Punkten drauf.
Legende: Mit Hilfe von «Motion Capturing» werden Bewegungen von Menschen filmisch aufgezeichnet und daraus digitale Charaktermodelle erstellt. Die weissen Punkte dienen dem Computer als Orientierungshilfe. Reuters

Ein Schauspieler verkörpert die digitale Figur. Seine Bewegungen, seine Mimik und Gestik sind die Grundlage für das spätere digitale Wesen. Dazu trägt der Schauspieler einen Anzug mit Markern, über die seine Bewegungen bis ins kleinste Detail aufgezeichnet werden. Am Computer wird dieses Bewegungsbild dann auf die digitale Figur übertragen.

Immer mehr Filme nutzen die Technik

Trotz moderner Technik ist es aber noch immer sehr aufwändig, eine überzeugende menschliche Figur zu gestalten. «Nach dem digitalen Animieren muss man das noch von Hand justieren, nachanimieren und viele Fehler ausmerzen», sagt Barbara Flückiger. Sie ist Professorin für Filmwissenschaft an der Universität Zürich und hat ein Buch über Visual Effects geschrieben.

Und doch wird es in immer mehr Kinofilmen gemacht. Ein aktuelles Beispiel ist der Film «Gemini Man». Darin kämpft Will Smith gegen eine komplett digital erzeugte, jüngere Version seiner selbst. In Martin Scorseses neuestem Film «The Irishman» sind Robert De Niro und die anderen Darsteller über weite Strecken digital verjüngt worden.

Digitale Stars als Zukunft

Für Filmwissenschaftler Rolf Giesen ist deshalb klar: «Digitale Schauspieler sind die Zukunft.» Die Technik werde dann nicht nur genutzt, um tote Schauspieler wiederzubeleben.

Vielmehr sei auch denkbar, dass grosse Filmstudios sich ihren eigenen, digitalen Star erschaffen. Solche hätten ganz praktische Vorteile: Die Studios könnten über ihre geschaffenen Stars verfügen – sie würden alles tun, was man ihnen sagt, nicht zur Konkurrenz wechseln und keine höheren Gagen fordern.

«Natürlich könnten diese Wesen dann nicht auf Festivals auftreten oder angefasst werden», räumt Giesen ein.

Das Publikum will «echte» Stars

Barbara Flückiger glaubt nicht, dass digitale Wesen eine ernste Konkurrenz für echte Schauspieler sein werden. Sie ist überzeugt: Die Zuschauer wollen im Kino weiterhin Menschen aus Fleisch und Blut sehen. «Das Publikum nimmt den Kontakt mit der Figur nicht nur auf der Leinwand auf, sondern auch ausserhalb des Films.»

Neben der Figur auf der Leinwand, baue ein Kinobesucher auch zu den Schauspielern eine Beziehung auf. Paradoxerweise machen digital wiederauferstandene Kinolegenden wie James Dean genau das möglich.

Anders als bei einem komplett digitalen Star kann man sich als Zuschauer mit der Rolle identifizieren und gleichzeitig mit dem tragisch verunglückten jungen Schauspieler.

Einen Schritt weiter

Für Filmwissenschaftler Rolf Giesen steht fest, dass die Technik noch weit grösseres Potenzial bietet. Es gehe längst nicht nur darum, Ikonen der Filmgeschichte digital wieder zum Leben zu erwecken.

«Wenn es bei einem Mythos klappt, dann klappt es auch bei normalen Menschen.» So werde es mit alten Fotos oder Filmaufnahmen möglich sein, auch zum Beispiel verstorbene Verwandte wieder in die Wohnstube zu holen.

Digital erzeugte Menschen könnten also nicht nur das Kino verändern, sondern auch unseren Alltag. Ob es wirklich dazu kommt – wer weiss. Eines aber steht fest: Technisch ist all das schon jetzt möglich.

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