Über 100 Franken sind einige der bunten Kärtchen wert. Kein Wunder also, dass die Mitglieder der Pokémon-Liga Ostschweiz gut auf ihre Pokémon-Karten achten. Alle stecken in kleinen Plastikhüllen. Jeder Teilnehmer hat seine eigene Farbe: rote Mäppli, gelbe, schwarze.
«Ich möchte gar nicht wissen, wie viel Geld wir für die Karten schon ausgegeben haben», sagt Sandro Menzi. Der 40-Jährige hat erst vor fünf Jahren mit dem Pokémon-Kartenspiel begonnen.
«Ich finde die Taktik interessant», sagt er. Ihm geht es, wie den meisten hier, nicht in erster Linie um die herzigen Monster auf den Karten.
An diesem Abend haben sich in Gossau (SG) neun Menschen aus der Umgebung zu einem Turnier versammelt. Menzi ist der Älteste in der Runde. Der Jüngste ist sein 11-jähriger Sohn Nils. «Gegen ihn habe ich keine Chance», sagt der Vater.
Das Spiel braucht Übung und strategisches Geschick
Immer zwei Spieler sitzen sich gegenüber. Karten in der Hand und auf verschiedenen Stapeln vor sich. Rasend schnell verschieben sie Karten von einem Stapel auf den anderen. Legen Karten ab, drehen sie um. Für Laien ist das Spiel schwer verständlich.
«Die Grundzüge kann man ziemlich schnell lernen», sagt Sascha Haslauer (33). «Richtig gut wird man aber durch Übung.» Haslauer hat die Pokémon-Liga Ostschweiz vor fünf Jahren gegründet.
Als Kind war er ein Fan des Spiels. Beim letzten Umzug fielen ihm die Karten wieder in die Hände. «Ich wollte unbedingt wieder damit anfangen», sagt er. Anfangs musste er Verwandte zum Mitmachen überreden. Schnell fand er aber Gleichgesinnte auch ausserhalb der Familie.
Patrick Landis (27) beispielsweise. Er spielt seit seiner Kindheit. «Andere spielen Schach. Ich spiele Pokémon-Karten», sagt er. Um im Spiel gut zu sein, braucht man eine gute Strategie. «Deshalb ist es auch für Erwachsene geeignet», sagt Ligaleiter Sascha Haslauer.
Alle paar Monate kommen neue Karten auf den Markt. So bleibt das Spiel auch nach Jahren spannend.
Der beste Spieler der Schweiz
Auf der ganzen Welt gibt es Pokémon-Ligen wie die in der Ostschweiz. Bei Turnieren treten die Spieler gegeneinander an. Sechs Mitglieder der Pokémon-Liga Ostschweiz waren vor Kurzem in Berlin an der Europameisterschaft.
Der 11-jährige Nils kam dort unter die Top 15 in der Junior-Kategorie. In der Schweiz ist er der beste Nachwuchsspieler. «Anfangs spielte ich einfach zum Spass», sagt er. «Jetzt ist mein Ziel aber die Weltmeisterschaft in den USA.»
Seine Chancen stehen gut. Falls er bis August unter den Top 22 in Europa bleibt, wird ihm die Reise sogar bezahlt.
Preisgeld bis zu 25’000 Dollar
An internationalen Wettbewerben nehmen Hunderte von Menschen teil. Tendenziell mehr Männer als Frauen. Die Ältesten sind über 70 Jahre alt. Das Preisgeld an solchen Wettbewerben beträgt bis zu 25’000 Dollar.
Beim Treffen in Gossau geht es aber nicht um Geld. Sondern ums Üben und den Spass. «Durch Pokémon habe ich viele neue Leute kennengelernt und neue Freunde gefunden», sagt Sascha Haslauer.
Sandro Menzi ergänzt: «Einige finden es vielleicht komisch, dass Erwachsene mit Pokémon-Karten spielen. Aber wir haben Freude. Und das ist das Wichtigste.»