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Film & Serien Die lange, sehr lange Nacht der Oscars

Die lange Nacht der Oscars war wieder einmal besonders lang. Nicht nur darum, weil die Zieldauer von drei Stunden um mehr als eine halbe Stunde überzogen wurde. Sondern – und vor allem – weil die Überraschungen ausblieben.

Dass der Österreicher Christoph Waltz für seinen Dr. King Schultz in Quentin Tarantinos «Django unchained» den Nebenrollen-Oscar abholen durfte, war ein wenig unerwartet. Aber ausschliessen hätte es niemand wollen, Waltz ist noch immer der Mann der Stunde. Ebenso wie der andere Österreicher: Michael Haneke hat zwar weder den Drehbuch-, noch den Regie-Oscar gewonnen. Aber das war eigentlich schon klar, als er den für den besten «Foreign Language Film» abholen durfte.

Der Spruch des Abends kam von einem mit wenig Humor

Und so staubtrocken und zivilisiert freundlich, wie Haneke das Goldmännchen entgegennahm, taten dies die meisten Gewinner. Keine Tränen, keine Hysterie, kaum freche Sprüche. Und die Idee, bei jenen, welche ihre Dankesrede in die Länge zogen, die Titelmelodie vom weissen Hai einzuspielen war zwar genial, kam aber nur einmal wirklich zum Zug. Der Einzige, der etwas Schwung in die Szenerie brachte, war ausgerechnet Daniel Day-Lewis, der Mann, der Oscargeschichte schrieb, indem er als erster Schauspieler zum dritten Mal mit der Statuette ausgezeichnet wurde.

Der Methoden-Schauspieler, von dem man sagt, er bleibe in der Haut seiner Figuren, bis der Film abgedreht sei, und er habe dabei herzlich wenig Humor. Eben dieser Daniel Day-Lewis bekam seinen Oscar von Kollegin Meryl Streep überreicht (ohnehin sein weibliches Gegenstück in Sachen Gross-Schauspiel) und erzählte, er sei eigentlich wild entschlossen gewesen, Margaret Thatcher zu spielen, als das Angebot für «Lincoln» kam. Und Meryl Streep hätte ihrerseits eigentlich die Titelrolle als Präsident übernehmen sollen.

Peinlich: Der neue Moderator scheiterte

Aber das nützte auch nichts mehr. Im Prinzip war diese 85. Oscar-Show schon verloren, als der neue Moderator Seth MacFarlane zu ersten Mal auftrat. Der junge Komödiant, der das jüngere Publikum hätte vor die Fernseher holen sollen («Seth MacFarlane? Ask your Kids. Academy Awards? Ask your parents.») wurde vom Drehbuch mehr oder weniger verheizt.

Zum Showbeginn gab MacFarlane den klassischen Gastgeber mit Manieren, betont brav und langweilig, bis sich auf einem riesigen Bildschirm über der Bühne der Schauspielveteran William Shatner, alias Captain Kirk von der Enterprise meldete – aus der Zukunft. Und dem Moderator erklärte, er werde die Show in den nächsten Stunden in den Sand setzen mit seinen peinlichen Auftritten. Zum Beweis spielte er einen Song aus der Zukunft ein, in dem MacFarlane die Brüste aller möglichen Schauspielerinnen besang – inklusive Zwischenschnitte auf die empörten Gesichter der Damen.

«Oscars» bei SRF

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Alle Infos und Videos zu den 85. Academy Awards finden Sie hier .

Diesen Kniff, etwas von der Respektlosigkeit eines Ricky Gervais in die Show einzubringen, und das Ganze gleichzeitig wieder zu entschärfen, musste MacFarlane noch einige Male durchziehen. Dabei war es schon beim ersten Mal eher peinlich.

Highlight: «Skyfall» Performance von Adele

Es wurde viel gesungen an diesen Oscars, einmal sogar richtig gut. Das war Adele, die mit ihrem Bond-Song «Skyfall» für ein paar Minuten Zunder auf die Bühne brachte und dann gleich noch einmal, als sie schliesslich wie erwartet auch die Goldstatuette abholen durfte. Die britische Sängerin rang sich kein künstliches Erstaunen ab, auch keine falsche Bescheidenheit. Sie trug ganz einfach den Stolz und die Freude auf die Bühne und liess die Funken überspringen.

Michelle Obama übergab den Preis für den besten Film

Umso toter wirkte dann der Rest der Show. Selbst der finale Höhepunkt, als Jack Nicholson die Zuschaltung von First Lady Michelle Obama aus dem Weissen Haus für den letzten Preis, jenen für den besten Film, ankündigte, endete auf einer höflich steifen Note.

Alles in allem aber war das vielleicht zu erwarten gewesen. Denn man kann mit Fug und Recht sagen, dass es lange her ist, seit sich Hollywood an den Oscars wieder einmal zu Recht selbst gefeiert hat. Die nominierten Filme, von «Lincoln» über «Zero Dark Thirty» und «Argo» bis «Django unchained» setzen sich alle sehr direkt und sehr wirkungsvoll mit dem us-amerikanischen Gegenwartstrauma auseinander, jeweils in Form einer mehr oder weniger getarnten Geschichtslektion.

Geschichtslektion statt Glamour-Feuerwerk

Vielleicht lag es an der Ernsthaftigkeit dieser filmischen Bemühungen, dass die Leichtigkeit und Frivolität des Glamourösen nicht Fuss fassen konnte bei diesen 85. Academy Awards. Dafür würde auch der Award für «Argo» als besten Film sprechen. Schliesslich erzählt diese gut gemachte Agenten-Geschichte von einem der wenigen verbrieften Erfolge der CIA. In der Form eines über Hollywood eingefädelten Husarenstücks.

Und Ben Affleck, der Regisseur und Hauptdarsteller von «Argo» betonte in seiner Dankesrede, es mache gar nichts, wenn man hin und wieder zu Boden gehe. Wichtig sei, immer wieder aufzustehen.

Die Oscar-Gewinner 2013 im Überblick

Bester Film«Argo»
Bester HauptdarstellerDaniel Day-Lewis, «Lincoln»
Beste HauptdarstellerinJennifer Lawrence, «Silver Linings Playbook»
Beste männliche NebenrolleChristoph Waltz, «Django Unchained»
Beste weibliche NebenrolleAnne Hathaway, «Les Misérables»
Beste RegieAng Lee, «Life of Pi»
Bestes adaptiertes Drehbuch«Argo», Chris Terrio
Bestes Originaldrehbuch«Django Unchained», Quentin Tarantino
Bester fremdsprachiger Film«Amour»
Bester Song«Skyfall», Adele Adkins und Paul Epworth

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